Wirtschaft

VW-Betriebsrat gibt Richtung vor Pick-up statt Piech

Bei der North American International Auto Show (NAIAS) im Cobo Center Detroit (Michigan) wird ein Golf geputzt.

Bei der North American International Auto Show (NAIAS) im Cobo Center Detroit (Michigan) wird ein Golf geputzt.

(Foto: picture alliance / dpa)

Volkswagen sollte sich nach Ansicht des Betriebsrats in den USA mit einem eigenen großen Pick-up auf die Jagd nach Marktanteilen machen. In dem starken Wachstumssegment ist VW gar nicht vertreten. Der Konzernumbau habe Vorrang vor Personaldebatten.

Der mächtige VW-Betriebsrat gibt dem angekündigten Konzernumbau Vorrang vor einer Entscheidung über die Nachfolge von Firmenpatriarch Ferdinand Piech. "Wir wollen jetzt erst mal über die Struktur beraten, dann können wir über den Aufsichtsratschef sprechen", sagte Betriebsratschef Bernd Osterloh der Nachrichtenagentur Reuters. Über die Neuausrichtung des Wolfsburger Auto-Imperiums solle der Aufsichtsrat bereits im September beraten. Mit Piechs Nachfolge könne man sich etwas mehr Zeit lassen. "Wir werden das sicherlich im Lauf des Jahres klären." VW wollte sich nicht zum Zeitplan für die Suche nach einem Piech-Nachfolger äußern.

Die Arbeitnehmer stellen die Hälfte der 20 Mitglieder des VW-Aufsichtsrats. Zusammen mit den beiden Vertretern des Landes Niedersachsen in dem Gremium können sie die Geschicke von Volkswagen bestimmen. Ministerpräsident Stephan Weil hat bereits erklärt, dass er sich bei der Suche nach einem Piech-Nachfolger nicht unter Zeitdruck sieht.

Mit dem früheren IG-Metall-Chef Berthold Huber führt derzeit erstmals ein Arbeitnehmervertreter über einen längeren Zeitraum den Kontrollrat von Europas größtem Autobauer. Er war vom Präsidium des Aufsichtsrats kommissarisch berufen worden, nachdem Piech den Machtkampf mit Konzernchef Martin Winterkorn verloren hatte und sich daraufhin zurückzog.

Verantwortung für die Regionen

Kurze Zeit später kündigte Winterkorn einen Umbau des Wolfsburger Autoimperiums an. Im Zuge dessen soll auch die Führungsstruktur verändert und womöglich gestrafft werden. Osterloh machte klar, dass er sich davon schnellere Entscheidungsprozesse verspricht. Bislang brauche VW zu lange, um auf neue Entwicklungen zu reagieren. Dies sei bei der wachsenden Konkurrenz durch IT-Giganten wie Apple und Google hinderlich.

Osterloh, der auch im einflussreichen Aufsichtsratspräsidium sitzt, verlangt mehr Verantwortung für die einzelnen Regionen des weltumspannenden Konzerns. Diese sollten künftig selbst entscheiden dürfen, welche Fahrzeugmodelle für ihre jeweiligen Märkte richtig seien. Die Qualitätsstandards von Volkswagen müssten nicht überall auf der Welt gleich sein, betonte Osterloh. "Wir müssen uns auch an den jeweiligen Standards in dem jeweiligen Land orientieren."

Der Betriebsrat kritisiert schon seit längerem, dass zu viel von Wolfsburg zentral entschieden wird und VW dadurch schwerfällig sei. Dies gilt als Mitgrund für eine verfehlte Modellpolitik in mehreren Ländern, darunter in den USA. Um dort Anschluss an die Konkurrenz zu bekommen, schlug Osterloh nun vor, einen großen Pick-up auf den Markt zu bringen.

"Wir wollen die Aufholjagd in den USA beschleunigen, dafür ist mittelfristig ein Pick-up nötig", verlangte Osterloh. "In dem Segment, das richtig wächst, sind wir gar nicht vorhanden." Kleinlaster mit offener Ladefläche sind in den USA sehr beliebt. Der Markt wird von den Platzhirschen General Motors, Ford und der Fiat -Tochter Chrysler beherrscht. Fords Pick-up F-150 ist das beliebteste Auto in den USA - alleine im Mai verkaufte Ford davon knapp 62.000 Stück. Die von Konzernchef Martin Winterkorn angekündigten beiden größeren SUV-Modelle kommen allerdings erst 2016/2017 auf den Markt und damit nach Einschätzung von Experten womöglich zu spät.

Da läuft was quer

Osterloh betonte, über den Einsatz des Baukastensystems, das Volkswagen derzeit bei seinen Marken einführt, müsse weiter zentral entschieden werden. Und nicht nur das: "Die Konzernzentrale muss auch die Aufsicht darüber haben, ob die technischen Vorgaben durch die Baukästen eingehalten werden. Es kann nicht jede Marke ihren eigenen Achsabstand und ihre eigene Spurbreite bestimmen. Da läuft manchmal noch zu viel quer." Damit erneuerte der Betriebsratschef seine Kritik, dass einige VW-Töchter bei der Gleichteilestrategie aus der Reihe tanzen.

Quelle: ntv.de, ppo/rts

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