Macrons Regierung unter Druck S&P stuft Kreditwürdigkeit Frankreichs erneut herab
18.10.2025, 07:20 Uhr Artikel anhören
Frankreichs Präsident Macron muss seit längerem ohne klare Mehrheit regieren.
(Foto: picture alliance / firo Sportphoto)
Frankreichs Schuldenkrise spitzt sich zu: Die Ratingagentur S&P stuft die Kreditwürdigkeit des Landes herab - bereits zum zweiten Mal in anderthalb Jahren. Für Frankreich bedeutet das nicht nur ein Imageproblem, sondern wohl auch steigende Zinsen auf neue Schulden.
Die Ratingagentur S&P hat die Kreditwürdigkeit Frankreichs angesichts der anhaltenden politischen Instabilität im Land erneut herabgestuft. Wie S&P am Freitagabend bekanntgab, wurde die Bewertung Frankreichs von AA-/A-1+ auf A+/A-1 gesenkt. Es handelt sich bereits um die zweite Herabstufung in anderthalb Jahren.
Die "Unsicherheit hinsichtlich der französischen Staatsfinanzen" bleibe trotz der in der vergangenen Woche erfolgten Vorstellung eines Haushaltsentwurfs für 2026 hoch, begründete S&P seine Entscheidung. Die Ratingagentur zählt neben Moody's und Fitch zu den drei einflussreichsten der Welt. Durch die Herabstufung von der zweithöchsten Klasse AA auf A+ werden französische Staatsanleihen nunmehr auf dem gleichen Niveau eingestuft wie jene aus Spanien, Japan, Portugal und China.
S&P erklärte zu seiner Entscheidung weiter, Frankreich erlebe "derzeit die schwerste politische Instabilität seit der Gründung der Fünften Republik im Jahr 1958". Präsident Emmanuel Macron müsse "ohne klare Mehrheit" im Parlament und mit einer "zunehmenden politischen Fragmentierung" zurechtkommen.
Zur Lage der Staatsfinanzen hieß es, zwar werde für 2025 das Ziel erreicht, die Neuverschuldung auf 5,4 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) zu halten. Mangels zusätzlicher Maßnahmen zur Senkung des Defizits werde die Sanierung des Staatshaushaltes aber "langsamer als erwartet" verlaufen. Bis Ende 2028 werde die Schuldenquote Frankreichs 121 Prozent des BIP erreichen. Angesichts der 2027 anstehenden Präsidentschaftswahl sei an der "tatsächlichen Fähigkeit" Frankreichs zu zweifeln, die jährliche Neuverschuldung bis 2029 auf drei Prozent des BIP zu senken.
Die vierte Regierung in weniger als anderthalb Jahren
Finanzminister Roland Lescure erklärte, er nehme die Herabstufung durch S&P "zur Kenntnis". Er bekräftigte die Absicht der Regierung, die Neuverschuldung bis 2029 stufenweise auf unter drei Prozent des BIP zu senken.
Ratingagenturen wie Fitch, Moody's und S&P stufen die Kreditwürdigkeit von Unternehmen und Staaten ein - also ihre Fähigkeit, ihre Schulden zurückzuzahlen. Die Bewertungsstufen reichen von AAA (beste Bewertung) bis D (Zahlungsausfall). Eine Herabstufung durch die Agenturen ist für die Staaten problematisch, weil sie in der Folge damit rechnen müssen, höhere Zinsen auf ihre Staatsanleihen zu zahlen.
In Frankreich hatte Präsident Macron am Freitag vergangener Woche Sébastien Lecornu zum zweiten Mal zum Premierminister ernannt und mit der Bildung einer Regierung beauftragt - nachdem Lecornu bereits im September nach 14 Stunden im Amt zurückgetreten war. Es ist die vierte Regierung in weniger als anderthalb Jahren und die sechste seit der Wiederwahl Macrons 2022.
Am Donnerstag musste Lecornu sich dann bereits zwei Misstrauensvoten in der Nationalversammlung stellen - überstand beide aber. Der Preis dafür war seine Ankündigung, die Nationalversammlung über die Aussetzung der umstrittenen Rentenreform abstimmen zu lassen, mit der das Rentenalter von 62 schrittweise auf 64 Jahre angehoben werden soll.
Quelle: ntv.de, hny/AFP