Irgendwo muss das Geld ja hin Sollte Snap Twitter kaufen?
07.03.2017, 20:08 Uhr
Snap hatte weniger und größerere Verluste zum Zeitpunkt des Börsengangs als Twitter.
(Foto: REUTERS)
Was wäre, wenn Snap sich mit dem Geld aus dem Börsengang Twitter schnappen und damit zum Angriff gegen den großen Konkurrenten Facebook blasen würde? Offizielle Gespräche gibt es nicht. Ein attraktives Gedankenspiel ist es trotzdem.
Die Internet- und Tech-Szene diskutiert laut dem US-Blog "Techcrunch" munter darüber, ob Snap mit dem Geld aus dem erfolgreichen Börsengang Twitter kaufen sollte. Es gebe zwar keine Hinweise für Übernahmegespräche, aber diese Spekulationen seien grundsätzlich nicht abwegig, schreibt "Techcrunch".
Die Kassen sind voll. Beim Börsengang war Snap insgesamt fast drei Mal so viel wert wie Twitter - und fast so viel wie Ebay. Mit einer Marktkapitalisierung von 34 Milliarden Dollar rangierte Snap auch in einer Region mit großen US-Telekomunternehmen wie Sprint. Mit dem Unterschied, dass Sprint Geld verdient. Wenn Snapchat es bisher nicht geschafft hat, Geld zu verdienen und im Börsenprospekt offen eingeräumt wird, dass die Konzernmutter möglicherweise niemals Geld verdienen wird. Wofür sollte das Unternehmen das Geld aus dem Börsengang ausgeben, wenn nicht für Expansion?
Snap hat seine Schwachstellen. Die Geschäftsperspektiven sind schwammig. Vor allem das nachlassende Nutzerwachstum von Snapchat sehen Experten kritisch. Denn davon hängen die wichtigen Werbeeinnahmen ab. Zudem muss Snap seine Kamera-App auf der einen Seite gegen den großen Rivalen Facebook - zu dem auch Instagram gehört - positionieren. Auf der anderen droht dem Unternehmen von erfolgshungrigen Newcomern Gefahr, die um die nächste Generation der Nutzer unter 30 Jahren buhlen - und die wichtigsten Snapchat-Funktionen kopieren.
Auch Twitter schwächelt wegen Konkurrenzangeboten wie Instagram. Die Nutzerbasis ist zwar solide, wächst aber nur noch im Schneckentempo. Und Investoren wollen lieber in Raketen investieren, nicht in Schnecken, wie "Techcrunch" schreibt. Um den Aktienkurs zu pushen, wachse das Kerngeschäft nicht schnell genug - auch wenn das Unternehmen finanziell leistungsfähig sei.
Gedankenspiele um einen Verkauf von Twitter sind nicht abwegig. Verkaufsgerüchte kursieren bereits seit vergangenem September. Als Käufer wurden alle Tech-Unternehmen von Rang und Namen gehandelt: Apple, Disney, Microsoft, Salesforce und Google. Auch wenn ein Kaufpreis von 18 Milliarden Dollar, die genannt wurden, ein dicker Brocken für Snap wäre, im Halse stecken bleiben würde er der "Kamera-Firma" nicht, schreibt "Techcrunch". Der Preis entspräche etwas mehr als der Hälfte des aktuellen Snap-Börsenwerts.
Serien, Sport und älteres Publikum
Nicht nur der Preis und die Strategie, gemeinsam Front gegen Facebook zu machen, würde stimmen. Eine Verbindung von Snap und Twitter macht auch unter anderen Gesichtspunkten Sinn. So hat Snap bereits wichtige Kooperationen mit großen Medienunternehmen abgeschlossen, dazu gehören Viacom (MTV, Nickelodeon und Viva Schweiz), Time-Warner-Tochter Turner Broadcasting Systems oder NBC Universal.
Die Comcast-Tochter NBCUniversal ist zum Beispiel ein großer strategischer Investor, der 500 Millionen Dollar beim Snap-Börsengang investiert hat. Angeblich gibt es große Pläne mit Snapchat und Buzzfeed für die Winterspiele 2018 in Südkorea. Schon heute produziert NBC eigene Serien für Snapchat. Auch Disney ist auf den Social-Media-Zug aufgesprungen und arbeitet künftig mit Snapchat zusammen. Die Investitionen der Medienkonzerne in das wachsende Digital-Geschäft sollte sich für beide Seiten auszahlen.
Twitter könnte Snap laut "Techcrunch" um etwas bereichern, das die Kamera-Firma bislang nicht hat: den Zugang zu Sport. Außerdem ergänzten sich die Nutzergruppen der beiden Dienste altersmäßig perfekt. Twitter-Nutzer sind in der Regel älter und hängen nicht wie bei Snapchap noch vom Einkommen der Eltern ab. Besonders für die Werbebranche wäre diese Kombination der Altersgruppen auf einer Plattform attraktiv.
SnapTwitter könnte es so theoretisch mit Facebook aufnehmen, heißt es. "Techcrunch" gibt jedoch andererseits auch zu bedenken, dass die Synergien der fusionierten Firmen beim Buhlen um Werbebudgets durchaus begrenzt sind. Damit SnapTwitter funktionieren könne, müsse auch der teure Überbau - Infrastruktur und Personal - schrumpfen.
So sinnvoll es unter machen Gesichtspunkten also erscheinen mag, ausgegoren ist das Übernahmeszenario damit noch lange nicht. Und egal, wer Twitter am Ende möglicherweise übernimmt, die Landschaft der Sozialen Medien wird schrumpfen und sich einem Duopol nähern. Ob das sinnvoll ist, steht noch mal auf einem anderen Blatt.
Quelle: ntv.de, ddi