Gefängnisstrafe gefordert Türkei stellt Wirtschaftsreporter vor Gericht
19.09.2019, 18:46 Uhr
Im Sommer 2018 ging es für die türkische Lira steil bergab.
(Foto: AP)
Wer in der Türkei kritisch über den Zustand der Wirtschaft schreibt, kann im Gefängnis landen. Zwei Journalisten der Nachrichtenagentur Bloomberg drohen bis zu fünf Jahre Haft.
In Istanbul müssen sich ab Freitag zwei Journalisten des Finanznachrichtendienstes Bloomberg wegen eines Berichts zur Währungskrise verantworten. Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft haben sie versucht, die wirtschaftliche Stabilität der Türkei zu untergraben. Die Ankläger fordern, die beiden Männer für eine Zeit zwischen zwei und fünf Jahren hinter Gitter zu stecken. Vorausgegangen war eine Beschwerde der türkischen Bankenaufsicht.
Stein des Anstoßes ist ein Artikel, den die Bloomberg-Journalisten Kerim Karakaya und Fercan Yalinkilic im August 2018 geschrieben hatten. Dabei ging es um den Umgang der türkischen Behörden und Banken mit der damals tobenden Finanz- und Währungskrise.
Die Journalisten hatten in dem Text unter anderem darüber berichtet, dass türkische Banken zunehmend Schwierigkeiten hätten, Kunden ausländische Währungen auszuzahlen. Dabei beriefen sie sich auf eigene Beobachtungen und Gespräche mit nicht namentlich genannten Bankangestellten.
Die Staatsanwaltschaft wirft Karakaya und Yalinkilic vor, sie hätten die Unwahrheit geschrieben und damit Turbulenzen an den Finanzmärkten ausgelöst. Mitangeklagt sind 36 weitere Türken, die sich in Kommentaren unter dem Artikel kritisch zur Wirtschaftslage des Landes geäußert hatten.
Journalisten in Haft
Präsident Recep Tayyip Erdogan hat westliche Medien wiederholt wegen ihrer Berichterstattung über die Situation der türkischen Wirtschaft kritisiert. Der Chefredakteur von Bloomberg, John Micklethwait, hatte die Anklage gegen die Journalisten kritisiert. Beide hätten "fair und akkurat über nachrichtenträchtige Ereignisse berichtet".
Es sei unter Erdogan schon immer schwierig gewesen, über finanzielle Dinge zu berichten, so die Organisation Reporter ohne Grenzen. Dieser Prozess sei eine neue Eskalationsstufe. "Viele Investigativ-Journalisten sind in der Vergangenheit wegen ihrer Berichte über Korruption verurteilt worden", so die Organisation. Doch mittlerweile werde auf grundlegende Wirtschaftsberichterstattung gezielt.
Nach Angaben von Reporter ohne Grenzen ist die Türkei das Land, in dem die meisten Journalisten im Gefängnis sitzen. In der von der Organisation erstellten Liste der Pressefreiheit findet sich die Türkei auf Platz 157 von 180 Ländern.
Quelle: ntv.de, jga/AFP