Verluste an der Wall Street US-Anleger schauen besorgt auf Europas Gaskrise
06.09.2022, 22:46 Uhr
So furchtlos wie das berühmte "fearless girl" von der Wall Street sind die US-Anleger schon lange nicht mehr.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Trotz eines positiven Konjunktursignals vom ISM-Index dominieren die Minuszeichen an den US-Börsen. Neben der Aussicht auf steigende Zinsen veranlasst die sich zuspitzende Energiekrise in Europa die Anleger zur Zurückhaltung.
Nach dem verlängerten Wochenende haben die US-Börsen mit Abschlägen geschlossen. Der Handel war angesichts der anhaltenden Unsicherheiten weiter von einem volatilen Umfeld geprägt. Am Montag fand wegen des "Labor Day" kein Aktien- und Anleihehandel statt. Die Anleger agierten vor dem Hintergrund der sich zuspitzenden Energiekrise in Europa, der weiter in raschem Tempo steigenden Zinsen in den USA und einer drohenden Rezession mit Zurückhaltung. Derzeit wird mehrheitlich mit einer weiteren Zinserhöhung der US-Notenbank um 75 Basispunkte auf der kommenden Sitzung gerechnet.
Der Dow-Jones-Index schloss 0,6 Prozent tiefer bei 31.145 Punkten, der S&P-500 notierte 0,4 Prozent leichter. Der Nasdaq-Composite gab um 0,7 Prozent nach.
Konjunkturseitig ist der ISM-Index für das nicht-verarbeitende Gewerbe im August entgegen den Erwartungen von Ökonomen gestiegen, was auf eine weiterhin gute Wirtschaftsentwicklung hindeutet. Bei den Anlegern hatte dies jedoch mit Blick auf die US-Notenbank verstärkte Zinssorgen ausgelöst. Der von S&P Global ermittelte Einkaufsmanagerindex für die US-Dienstleistungsbranche hat in zweiter Lesung für August ein nachlassendes Geschäft aufgezeigt.
Belastet wurde das Sentiment weiter davon, dass Russland die wichtigste Gaspipeline nach Europa auf unbestimmte Zeit stillgelegt hat, was die Wahrscheinlichkeit einer drastischen Konjunkturabkühlung auf dem Kontinent erhöht. "Die Nachricht, dass die Nord Stream-Pipeline nicht wie geplant wieder in Betrieb genommen werden kann, hat die Welt daran erinnert, dass Russlands Einfluss auf Europa beispiellos und unerbittlich bleibt und eine kompromisslose Bedrohung für die globale Ordnung nach dem Zweiten Weltkrieg darstellt", so Evercore ISI. Der Gaspreis hatte am Vortag mit den Nachrichten um Nord Stream 1 in der Spitze um mehr als 30 Prozent zugelegt und war letztlich 17 Prozent höher aus dem Handel gegangen. Am Dienstag gab der Gaspreis um 3 Prozent nach.
Brent gibt deutlich nach
Am Ölmarkt gab der Preis für die Sorte Brent 3,2 Prozent nach, WTI notierte 0,2 Prozent leichter. Die Sorgen vor einer globalen Rezession und damit einer sinkenden Nachfrage träten wieder in den Vordergrund, hieß es aus dem Markt. Die Opec+ hatte am Montag Produktionskürzungen angekündigt. Das Kartell hatte beschlossen, die Produktion im Oktober um 100.000 Barrel pro Tag zu drosseln. Die Ölpreise waren im August den dritten Monat in Folge gefallen, die längste monatliche Verlustserie seit 2020.
Der Euro gab nach und notierte um die Marke von 0,99 Dollar. Zwischenzeitlich war er jedoch auf ein neues 20-Jahres-Tief gefallen. Der Dollar-Index gewann 0,7 Prozent. Die Energiekrise dürfte vorerst das alles beherrschende Thema am Devisenmarkt bleiben, prognostizierte Unicredit. Vor allem der Kurs des Euro zum Dollar wird nach Meinung der Bank im Zuge der Krise unter Druck stehen, denn die Eurozone sei stärker abhängig von Gas und Öl. Zudem werde gespannt auf die Sitzung der Europäischen Notenbank am Donnerstag geschaut. Es sei unklar, ob es zu einem großen Zinsschritt um 75 Basispunkte komme, hieß es.
Der Goldpreis gab mit dem festeren Dollar um 0,7 Prozent nach.
Meta leichter
Bei den Einzelwerten büßten Meta 1,1 Prozent ein. Der Facebook-Konzern muss wegen seiner Handhabung von Daten seiner Tochtergesellschaft Instagram eine Strafe von 405 Millionen Euro zahlen, teilte die irische Datenschutzbehörde mit. Laut Meta bezieht sich die Entscheidung auf frühere Einstellungen bei Instagram, die vor über einem Jahr geändert worden seien. Der Konzern kündigte an, die Berechnung der Strafe anzufechten.
Bed Bath & Beyond verloren 18,4 Prozent. Am Samstag wurde bekannt, dass der Finanzchef der Einrichtungskette, Gustavo Amal, bei einem Sturz von einem New Yorker Hochhaus verstorben ist. Das Unternehmen hat eine Nachfolgerin berufen. Bed Bath & Beyond kämpft mit finanziellen Schwierigkeiten und hat deshalb kürzlich die Schließung von 150 Filialen und den Abbau von 20 Prozent der Arbeitsplätze angekündigt.
Quelle: ntv.de, mbo/rts