Trump schwört Battlegrounds ein "Wenn wir Pennsylvania gewinnen, gewinnen wir das ganze Ding"


Kämpfen, kämpfen, kämpfen: Donald Trump bei seinem Auftritt in Scranton.
(Foto: picture alliance/dpa/AP)
In den USA verdichtet sich der Wahlkampf auf wenige Bundesstaaten. In Pennsylvania könnte sich am 5. November die Wahl entscheiden. Laut Umfragewerten liegt Trump dort knapp vor Harris - für seine Fans in Scranton und Reading keine Überraschung.
Trump steht Kopf. Umständlich friemelt Janine an ihrem Button und dreht den ehemaligen US-Präsidenten um. Mit erhobener Faust grinst er von ihrer Weste, siegessicher, Janine nickt zufrieden. Mit Hunderten Menschen steht sie Anfang Oktober in der Schlange vor einer Sporthalle in Scranton, der Heimatstadt von US-Präsident Joe Biden. In weniger als vier Stunden wird Donald Trump auf der Bühne stehen.
Janine fischt ein paar Dollarnoten aus ihrem Portemonnaie, gibt sie einem Mann, der sich mit Brezelkorb durch das Meer aus MAGA-Mützen schiebt. "Was machen die in Washington mit dem Geld?", fragt sie kauend. Man sollte denken, Biden interessiere sich für seine alte Heimat und die Menschen, die hier leben. Er habe den Leuten eine Bahnstrecke von Scranton nach New York versprochen und sich das Geld stattdessen in die eigene Tasche gesteckt, sagt Janine. "Die Inflation, die hohe Arbeitslosigkeit - denen geht's gut und wir müssen sehen, wo wir bleiben."
Scranton liegt im Nordosten von Pennsylvania, im sogenannten Rostgürtel der USA, der Region, die mit Kohle, Stahl und harter Arbeit reich wurde. Der Niedergang der Schwerindustrie stürzte die Stadt in eine Krise, Kohlegruben mussten schließen, Arbeitsplätze verschwanden. Im Jahr 2012 lag die Arbeitslosigkeit in Scranton bei 9,2 Prozent. Nirgends im Bundesstaat war der Anteil größer.
Mit der industriellen Krise veränderte sich die politische Orientierung. Lange hatte Pennsylvania zu den sogenannten Blue States gehört und fest in der Hand der Demokraten gelegen. Dann gewann bei der Präsidentschaftswahl 2016 Donald Trump den Bundesstaat mit 1,2 Prozentpunkten Vorsprung. Heute sind Metropolen wie Philadelphia und Pittsburgh weiter demokratisch geprägt. In Scranton teilen sich blaue und rote Schilder die Vorgärten.
"Wenn wir Pennsylvania gewinnen, gewinnen wir das ganze Ding", sagt Trump bei seinen Wahlkampfveranstaltungen immer wieder. Damit hat er womöglich Recht. Pennsylvania ist der wichtigste der hart umkämpften Battleground States. "Es wird ein Kopf-an-Kopf-Rennen", sagt Janine. Ihr Bruder habe 2020 für die Demokraten gestimmt, Kontakt hätten die beiden kaum noch. "Er ist das schwarze Schaf der Familie", sagt sie und lacht.
Ringen um 270 Stimmen
Etwa zwei Fahrstunden entfernt dröhnt Dave Bicklers "Eye of the Tiger" aus den Lautsprechern. Die Menschen in der Arena jubeln, Trump-Schilder ragen aus der Masse, es gibt Schnitzel und Pommes. Immer wieder skandiert das Publikum "fight, fight, fight"- dabei ist der Star des Abends noch gar nicht da. Trump ist noch in Scranton. Um 19 Uhr soll er in Reading auf der Bühne stehen, sein zweiter Auftritt an diesem Tag.
Um die Wahl am 5. November zu gewinnen, benötigen die Kandidaten mindestens 270 der insgesamt 538 Stimmen. Pennsylvania stellt 19 Wahlleute, die meisten der insgesamt sieben Battleground States. Sollte Trump neben den Bundesstaaten, die tendenziell republikanisch wählen, auch Pennsylvania für sich gewinnen, läge er vor Kamala Harris.
Die Demokratin benötigt für einen Sieg die Stimmen der Wahlleute aus drei der umkämpften Staaten: Michigan, Wisconsin und Pennsylvania. Sollte sie Pennsylvania nicht gewinnen, müsste sie stattdessen zwei andere der sieben von sich überzeugen. Laut Umfrageschnitt liegt Trump drei Wochen vor der Wahl in den Battlegrounds hauchdünn vor Harris. Gewonnen ist damit jedoch noch nichts.
"Diesmal werden sie die Wahl nicht stehlen"
Ellyson sieht das anders. Sie steht auf der Damentoilette der Arena vor dem Spiegel und zupft an ihrem Pony. "Ich kann nicht glauben, dass ich ihn heute sehe", sagt sie und zieht ihr "Women for Trump"-Shirt glatt. Die 53-Jährige ist das erste Mal auf einer Rally. "Dieses Mal werden sie die Wahl nicht stehlen", sagt sie. Sie, das sind die Demokraten, das ist Kamala Harris, von der Ellyson wenig hält: "Die muss Leute bezahlen, damit überhaupt jemand zu ihren Veranstaltungen kommt." Trump liege in allen Bundesstaaten deutlich vor Harris, davon ist Ellyson überzeugt. Begeistert spricht sie von den vielen Menschen, die hier sind. "Das zeigt doch, dass die Medien lügen", sagt sie auf dem Weg zurück in die Halle.
Dort wird auch Trump später über die "Fake Media" herziehen, mit dem Finger auf die am hinteren Rand der Halle positionierten Kamerateams zeigen und seine Anhänger zum Grölen bringen. Er wird auf Kamala Harris schimpfen, die "noch schlimmer ist als Biden", auf die illegalen Einwanderer, Mörder und Psychopathen, die "unsere Städte fluten"- auch Reading. Die Zukunft soll unter Trump so viel besser aussehen: Die Inflation will er senken, den Krieg in der Ukraine beenden, illegale Einwanderer in Scharen deportieren - und Jungentoiletten von Tampons befreien. "Ich warte auf schlechte Zeiten, dann bekomme ich alles, was ich will", hat Trump mal gesagt. Für die Menschen in der Arena sind die Zeiten offenbar schlecht genug.
Quelle: ntv.de