Geteilte Oldtimer-Leidenschaft Ein Fiat 500 namens "Alberto" spielt Amor
02.07.2021, 18:06 Uhr
Knallblau, Kult und nun auch Trauzeuge: Alberto.
(Foto: privat)
Der Cinquecento von Fiat ist das Symbol des italienischen Wirtschaftswunders schlechthin. Für Katja und Uwe wurde ein leuchtend blaues Exemplar zum Kuppler. Sein Flair bahnte den beiden nach schweren Schicksalsschlägen den Weg zurück ins Leben.
Für Katja und Uwe hat sich Amor, der Gott der Liebe, etwas ganz Besonders ausgedacht. Anscheinend wusste er vom tiefen Schmerz der beiden. Doch er wusste auch von ihrer Leidenschaft für Oldtimer und Italien. Also hat er sich in einen blauen Fiat 500 verwandelt und Katja und Uwe den Weg zurück zur Liebe und in die Zukunft gezeigt. Der vierrädrige Mops - wenn der VW an einen Käfer erinnert, dann erinnert der ursprüngliche Cinquecento irgendwie an einen Mops - heißt mittlerweile "Alberto" und wird an diesem 2. Juli der zusätzliche Trauzeuge der beiden sein.
Zugegeben, das hört sich ein wenig bizarr an. Deswegen der Reihe nach. Katja Wirths ist als Diplomverwaltungsleiterin an einem Institut in Freiburg tätig, Uwe Baumgärtner arbeitet als Diplomingenieur in Stuttgart. Beide erlebten vor knapp zwei Jahren und in kurzem Zeitabstand zueinander einen schweren Schicksalsschlag: Sie verloren auf dieselbe Weise ihre Lebensgefährten.
"Es war eine Bekannte, die uns zusammenführte", erzählt Katja während des Video-Interviews mit ntv.de. Sie und Uwe sitzen im Garten, hinter ihnen die grüne, anmutige Landschaft am Fuße des Kaiserstuhls. "Sie wusste von unserer Trauer, aber auch von unseren gemeinsamen Leidenschaften und hoffte, dass die uns einander näherbringen und helfen würden."
Leidenschaften werden zur Chance
Katja hatte von ihrem verstorbenen Freund einen Karmann Ghia VW geerbt, "die Luxusversion des Käfers", fügt Uwe schmunzelnd hinzu. Er selbst besitzt eine Sammlung von feuerroten Moto Guzzi, das Sinnbild der italienischen Motorräder schlechthin. Die älteste Maschine aus seiner Sammlung ist Baujahr 1929.
Zwar brauchten Katja und Uwe noch eine Weile, um sich ein wenig aufzurappeln, doch irgendwann trafen sie sich. Ihre erste gemeinsame Reise führte sie nach Turin, die Heimatstadt der Fabbrica Italiana Automobili Torino (FIAT). Dort lebt die beste Freundin von Katja. Maritza, heute 84 Jahre alt, ist die Witwe von Sergio Sartorelli, der das Modell Karmann Typ 34 aus dem Jahr 1959 entworfen hat. "Ich war damals noch in tiefer Trauer", erinnert sich Katja, "und es war Maritza, die mir sagte: 'Jetzt gib dem Uwe doch eine Chance. Wirst ja sehen, ob's klappt oder nicht'." Katja nahm sich den Ratschlag ihrer Freundin zu Herzen - und es hat funktioniert.
Auf dem Rückweg von Turin nach Deutschland seufzte Katja jedem alten Fiat 500, den sie erblickte, sehnsuchtsvoll nach. Der Cinquecento ist für viele Italiener so etwas wie das Symbol einer Zeit, in der - wie könnte es auch anders sein - alles besser, schöner, romantischer und zukunftsträchtiger war. 1957 auf den Markt gekommen, war er für Generationen von Italienern das, was der Käfer für die Deutschen war: der Inbegriff von Freiheit und Wohlstand für alle. Es waren ja auch die Jahre des Wirtschaftswunders. Jahrzehnte später kamen die neuen, mit allem Komfort ausgestatteten Modelle auf den Markt. Doch so gelungen sie auch waren, den Flair des alten Cinquecento besaßen und besitzen sie nicht mehr.
Baujahr gleich Geburtsjahr
Irgendwann während der Rückfahrt rutsche es Katja dann heraus: "Ich habe mir schon immer einen Fiat 500 gewünscht". Und zu ihrer großen Überraschung antwortete Uwe: "Ich auch." Während ihrer nächsten Italienreise im Jahr 2020 nahm die Idee dann Gestalt an. Sie waren zu Besuch bei Katjas Freundin Elisabetta, deren Vater in Legnano ein Alfa-Romeo-Museum führt, und baten sie, sich nach einem Fiat 500 für sie umzusehen.
Dass Elisabetta sich dann so schnell bei ihnen melden würde, hatten sie nicht erwartet. "Wir waren keine zwei Tage zu Hause, da kam schon der Anruf", erzählt Uwe weiter. "Ich hatte aber eine Bedingung gestellt. Wir hätten das Auto gekauft, gleich in welchen Zustand es sich befand, nur das Baujahr musste mit meinen Geburtsjahr übereinstimmen." Und wie das Schicksal manchmal so spielt, stimmten Baujahr und Geburtsjahr, beide 1967, überein.
Das alles geschah Mitte Oktober. Der Wagen musste aber noch straßentauglich gemacht werden, denn Katja und Uwe wollten mit "Alberto" zurück nach Deutschland fahren. "Mein verstorbener Partner hatte die Autos immer nach ihrem letzten Vorbesitzer benannt und wir führen diese Tradition weiter", erklärt Katja.
Jetzt wird Hochzeit gefeiert
Sie schafften es auf den letzten Drücker, die Grenze nach Deutschland zu passieren. Ab Anfang November begann der harte Lockdown und wer aus Italien einreiste, musste zwei Wochen in Quarantäne. "Wir haben 'Alberto' Samstagnacht richtig über den San Bernardino gescheucht", erinnert sich Uwe. Und mit nicht wenig Herzklopfen, denn während der Fahrt hatte es aus der Motorhaube mehrmals verdächtig geraucht und sie mussten mehrere Pausen bei Werkstätten einlegen. Zu Hause angekommen, machte sich Uwe an die Restaurierung von "Alberto" - eine mühsame aber auch sehr befriedigende Arbeit, denn er schraubt leidenschaftlich gern.
Und jetzt ist es soweit: Am 2. Juli wird in Chieri, in der Nähe von Turin, geheiratet. Zu den Trauzeugen zählt natürlich Freundin Maritza. Und, wie schon gesagt, auch Alberto wird mit von der Partie sein. Diesmal fährt er aber auf dem Anhänger von Deutschland nach Chieri. Dort darf er dann sogar mit in den Gemeindepark. Und dann gibt es an dem Tag noch eine weitere wichtige Veranstaltung, an der "Alberto" und seine beiden stolzen und dann frisch vermählten Besitzer unbedingt teilnehmen wollen: das "Fiat 500 World Wide Meeting", das vom 2. bis 4. Juli in 22 Ländern stattfindet.
Quelle: ntv.de