Panorama

"Gehe sicher davon aus" Anwalt des Messerangreifers schließt Terror aus

00:00
Diese Audioversion wurde künstlich generiert. Mehr Infos
Strafverteidiger Seelbach im November in einem anderen Verfahren.

Strafverteidiger Seelbach im November in einem anderen Verfahren.

(Foto: picture alliance/dpa)

Auf einen Antrag seines Verteidigers wurde der Messermörder von Brokstedt wenige Tage vor der Bluttat aus der Haft entlassen. Anwalt Seelbach schildert, wie überstürzt das geschah. Welches Motiv seinen Mandanten antrieb, weiß er nicht, aber Terrorismus oder Religion schließt er aus.

Der Verteidiger des Messerangreifers von Brokstedt in Schleswig-Holstein hat ein terroristisches Motiv seines Mandanten ausgeschlossen. "Ich gehe sicher davon aus, dass er kein politisches oder religiöses oder terroristisches Motiv in sich trägt", sagte Rechtsanwalt Björn Seelbach. Sein Mandant habe keine Angaben zu den Vorwürfen gemacht. Das Amtsgericht erließ einen Haftbefehl wegen zweifachen Mordes und versuchten Totschlags in vier Fällen. Bei dem Termin am Donnerstag habe er sich von einem Kollegen vertreten lassen.

Seelbach führte aus, er habe Ibrahim A. im Bonner Raum, wo der Palästinenser von 2015 bis 2020 lebte, bereits bei kleineren Strafverfahren wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung, Ladendiebstahl und Verkehrsdelikten vertreten. In jener Zeit und später während der Untersuchungshaft in Hamburg seien bei seinem Mandanten keinerlei extremistische Tendenzen bemerkt worden. Für möglich hält der Verteidiger, dass der 33-Jährige bei der Tat im Regionalzug wütend und außer sich war. Er könne auch psychisch krank sein oder unter dem Einfluss von Drogen gestanden haben.

Nach seiner Festnahme am 20. Januar 2022 habe sein Mandant einen "kalten" Drogenentzug in der Untersuchungshaft gemacht. Er sei fälschlicherweise mit Methadon behandelt worden. Das habe ihm bei seiner Verurteilung durch das Amtsgericht Hamburg-St. Georg wegen gefährlicher Körperverletzung und Diebstahls eine Strafmilderung eingebracht. Vor seiner Entlassung habe sich A. um eine Therapie bemüht, um seine Drogenabstinenz zu verfestigen. Das sei abgelehnt worden, sagte der Verteidiger.

Berufung wegen früherer Messerattacke

Gegen das Urteil habe er Berufung eingelegt, weil sein Mandant der Auffassung sei, sich bei der Tat vor einer Hamburger Drogeneinrichtung in Notwehr mit einem Messer verteidigt zu haben. Im vergangenen Dezember habe er als Anwalt das Landgericht darauf aufmerksam gemacht, dass die Zeit in U-Haft bald die Dauer der verhängten Strafe erreichen werde. Die Aufhebung des Haftbefehls am vergangenen 19. Januar sei für ihn jedoch überraschend gekommen, weil er erst noch mit seinem Mandanten über Hilfen nach der Entlassung habe sprechen wollen. "Ich habe versucht, ihn zu erreichen, aber man hat ihn sofort vor die Tür gesetzt", sagte Seelbach. Sein Mandant habe keine Angehörigen in Deutschland.

Die tödliche Messerattacke und der Umgang der Behörden damit werden nicht nur ein juristisches, sondern auch ein parlamentarisches Nachspiel haben. Der Justizausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft wird sich in der kommenden Woche mit dem Fall befassen. In Düsseldorf soll der Rechtsausschuss des nordrhein-westfälischen Landtags zu einer Sondersitzung zusammenkommen.

Quelle: ntv.de, mau/dpa

Newsletter
Ich möchte gerne Nachrichten und redaktionelle Artikel von der n-tv Nachrichtenfernsehen GmbH per E-Mail erhalten.
Nicht mehr anzeigen