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Neue Details zum Fall Kohberger Staatsanwalt zeichnet blutigen Vierfachmord in Idaho nach

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Nach Monaten des Bestreitens gesteht Bryan Christopher Kohberger nun, die vier Studierenden im November 2022 umgebracht zu haben.

Nach Monaten des Bestreitens gesteht Bryan Christopher Kohberger nun, die vier Studierenden im November 2022 umgebracht zu haben.

(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)

Nach einem verstörenden Mehrfachmord an vier Studierenden im US-Bundesstaat Idaho gesteht ein junger Mann seine Schuld. Nun werden neue Erkenntnisse zum Ablauf der Bluttat bekannt. Das Motiv könnte jedoch für immer im Verborgenen bleiben.

Im Winter 2022 wurde das Städtchen Moscow im US-Bundesstaat Idaho Schauplatz eines blutigen Mehrfachmordes. Dem damals 28-jährigen Bryan Christopher Kohberger wird vorgeworfen, vier Studierende der Universität von Idaho am frühen Morgen des 13. November erstochen zu haben. Nun dürfte das seit Monaten laufende Strafverfahren erheblich abgekürzt werden. Denn Kohberger hat sich in einem Deal mit der Staatsanwaltschaft in allen Anklagepunkten schuldig bekannt. Zuvor hatte Staatsanwalt Bill Thompson neue Details zum Ablauf der Bluttat geschildert, wie die "New York Post" berichtet.

Demnach sei Kohberger gegen 4 Uhr morgens mit einer dunklen Maske im Gesicht in ein Wohnhaus abseits des Universitätscampus eingedrungen. Dann sei er in die dritte Etage des Gebäudes gelaufen, wo zu dieser Zeit die beiden Freundinnen Madison Mogen und Kaylee Goncalves zusammen in einem Bett lagen. Kohberger soll auf die Schlafenden mit einem Messer eingestochen haben, das er zuvor bei Amazon gekauft hatte. Die Messerscheide ließ er offenbar am Tatort liegen - mit seiner DNA darauf, was ihm später zum Verhängnis werden sollte.

Kohberger habe sich dann aus dem Zimmer geschlichen und sei im Treppenhaus auf die 20-jährige Xana Kernodle getroffen. Sie habe eine Essenslieferung entgegengenommen und sei deswegen wach gewesen. "Ihr Zimmer war nicht im dritten Stock, sondern im zweiten", soll Thompson mit zitternder Stimme gesagt haben. "Er begegnete Xana und tötete sie schließlich, ebenfalls mit einem großen Messer." Anschließend habe der junge Mann Kernodles Zimmer aufgesucht und deren dort schlafenden Freund, den 20-jährigen Ethan Chapin, getötet.

Thompson habe laut einem "CNN"-Bericht hinzugefügt, dass die Tötung von Kernodle und Chapin womöglich nicht geplant gewesen sei, im Gegensatz zu den Morden an Mogen und Goncalves. "Wir können nicht behaupten, dass er alle Morde in dieser Nacht vorsätzlich begangen hat", zitiert ihn dazu die "New York Post".

Verstörendes Handyfoto gefunden

Als Kohberger das Haus verließ, sei er von einer der beiden überlebenden WG-Mitbewohnerinnen gesehen worden. Sie habe von einem Mann mit dunkler Gesichtsmaske und "buschigen Augenbrauen" berichtet. Auf Überwachungsaufnahmen eines Nachbarn sei zudem zu sehen, wie Kohbergers Auto aus der Nachbarschaft fuhr. Laut Auswertungen von Mobilfunkdaten soll er sein Handy gegen 2 Uhr morgens ausgeschaltet haben, ehe es etwa um 5.30 Uhr wieder in seinem Heimatort Pullman im Bundesstaat Washington auftauchte. Demnach sei Kohbergers Telefon exakt in dem Zeitraum aus dem Mobilfunknetz verschwunden, in dem die Morde geschahen.

Wie aus den Auswertungen des Handy-Trackings hervorgehe, sei er gegen 9 Uhr kurz zurück zum Haus seiner Opfer gefahren, um 9.30 Uhr aber bereits wieder zu Hause gewesen. Dort habe er dann ein verstörendes Selfie mit seiner Handykamera aufgenommen, auf dem er im Badezimmer seiner Wohnung den Daumen nach oben streckt. Anschließend soll er verzweifelt begonnen haben, seine Spuren zu verwischen.

Laut Staatsanwaltschaft sei Kohberger in den folgenden Tagen nach Lewiston in Idaho gefahren, eine Stadt mit vielen schnell fließenden Flüssen. Die Ermittler gehen davon aus, dass er dort die Mordwaffe entsorgt hat, die bislang nicht gefunden wurde. Kohberger habe auch versucht, seine Bestellhistorie bei Amazon zu löschen - vergeblich. Außerdem habe er die Zulassung seines Autos von Pennsylvania nach Idaho gewechselt.

Dann soll der Mörder zunächst mit seinem normalen Leben weitergemacht haben. "Herr Kohberger beendete sein Studiensemester an der Washington State University und kehrte dann über die Feiertage in seinen Heimatort in Pennsylvania zurück", sagte Thompson.

DNA-Spuren führten zu Kohberger

Doch in der Zwischenzeit verdichteten sich die Hinweise auf Kohberger als Tatverdächtigen. Bei der Untersuchung des Mülls seiner Eltern konnten DNA-Spuren sichergestellt werden, die mit denen auf der blutigen Messerscheide am Tatort übereinstimmten.

Kurz darauf wurde Kohberger verhaftet. Wie akribisch er versucht hatte, sein Verbrechen zu vertuschen, sei den Ermittlern deutlich geworden, als sie seine Wohnung durchsuchten. "Spartanisch wäre eine treffende Beschreibung, er hatte praktisch nichts", sagte Thompson über Kohbergers Wohnsitz in Pullman.

Zudem sei der Innenraum seines Autos "so gut wie zerlegt" gewesen, habe der Staatsanwalt hinzugefügt und es als ungewöhnlich sauber bezeichnet. "Denken wir einmal an unsere eigenen Autos: In all den kleinen Fächern und Ablagen in den Türen sammelt sich normalerweise immer Schmutz. Doch diese waren blitzblank. Das Auto des Angeklagten war im Inneren sorgfältig gereinigt worden."

Laut Staatsanwaltschaft habe Kohberger sein Studium der Kriminologie als Grund für die extremen Reinigungsmaßnahmen genannt. Er soll angegeben haben, kürzlich eine Arbeit über Tatortanalyse geschrieben zu haben. "Das war Teil des Plans des Angeklagten, die Sache zu vertuschen. Er hat Kriminologie studiert und hat tatsächlich während seiner Promotion eine ausführliche Arbeit über Tatortanalysen verfasst. Er verfügte also über das nötige Wissen und Können", so Thompson.

Motiv könnte für immer ungeklärt bleiben

Trotz der langen Liste an Beweisen, die gegen Kohberger sprechen, sei weiterhin unklar, warum er die Morde begangen hat. Sein jüngst abgelegtes Schuldbekenntnis bedeute, dass die Welt es möglicherweise nie erfahren wird. Er sei rechtlich nicht dazu verpflichtet, ein Motiv anzugeben.

Seine Urteilsverkündung ist für den 23. Juli angesetzt. Kohberger soll nach Anhörung der Opferaussagen Gelegenheit haben, selbst zu sprechen. Es sei jedoch unklar, ob er etwas sagen wird. Durch den Deal mit der Staatsanwaltschaft entgeht der Angeklagte der Todesstrafe und wird voraussichtlich zu vier aufeinanderfolgenden lebenslangen Haftstrafen wegen Mordes und der Höchststrafe von zehn Jahren wegen Einbruchs verurteilt.

Quelle: ntv.de, apr

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