Panorama

Janssens zu Vorwürfen gegen DIVI"Da werden Unwahrheiten verbreitet"

19.05.2021, 16:07 Uhr
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Noch immer ist die Situation auf den Intensivstationen in den Ballungsräumen laut Janssens angespannt. (Foto: ntv)

In einem Thesenpapier äußern Mediziner Zweifel an der Darstellung, die deutschen Intensivstationen hätten in der Corona-Krise am Rande des Kollapses gestanden. DIVI-Vertreter Uwe Janssens weist die Vorwürfe bei ntv von sich und bezeichnet sie als "nicht gut substantiiert und schlecht recherchiert".

In einem Thesenpapier äußern Mediziner Zweifel an der Darstellung, die deutschen Intensivstationen hätten in der Corona-Krise am Rande des Kollapses gestanden. DIVI-Vertreter Uwe Janssens weist die Vorwürfe bei ntv von sich und bezeichnet sie als "nicht gut substantiiert und schlecht recherchiert".

ntv: Die Zahl der Intensivpatienten ist auf unter 4000 gesunken. Obwohl sich die Lage auf den Intensivstationen also entspannt, gibt es beim Blick auf die Auslastungskarte, einzelne Regionen, die sind noch tiefrot. Erklären Sie uns das.

Uwe Janssens: In den großen Ballungsräumen mit hoher Bevölkerungsdichte haben wir noch immer einen hohen Anteil an Covid-19-Patienten auf den Intensivstationen. Beispielsweise in Berlin ist er immer noch sehr, sehr hoch. Das heißt dort liegen viele Patienten mit Covid-19, die dann aber auch eine sehr lange Liegedauer haben und damit auch Betten langfristig blockieren. Auf der anderen Seite haben wir natürlich weiterhin die Versorgung von schwerkranken Patienten sicherzustellen, die auch akut schwer erkrankt sind. In der Städteregion Aachen haben wir nur noch knapp vier Prozent freie Intensivbetten. Das ist für einen Handlungsspielraum zur Versorgung von akuten Erkrankungen wirklich äußerst grenzwertig und bedeutet, dass die Intensivstationen volllastig fahren.

Was meinen Sie damit?

Zum Teil sind die Intensivstationen zu 90, 95 Prozent ausgelastet. Wir müssen dort parallel zu Covid-19 große Operationen nachbetreuen. Und es hat sich natürlich in den letzten Monaten ein gewisser Stau ergeben von operativen Eingriffen, die während des Beginns und mitten in der dritten Welle verschoben worden sind. Das kommt jetzt zum Tragen. Der Rückgang der Covid-19-Patienten ist da zwar erfreulich, aber parallel dazu bleibt die Belastung in einigen Bereichen nach wie vor sehr hoch.

Kann man das nicht regional ausgleichen?

Richtig, das wird auch gemacht. Wir haben in unserer Region in den letzten zwei Wochen Patientenbewegungen zu verzeichnen. Da wurden zum Beispiel Patienten aus dem Kölner Bereich nach Aachen verlegt. Mittlerweile können wir aber auch diese Anfragen nicht mehr kompensieren. Außerdem ist es kritisch, Patienten überregional zu verlegen. Die Patientengefährdung während der Transporte ist nicht unerheblich. Und es bedeutet, dass die Patienten weit weg von ihrem Heimatort weiter betreut werden müssen. Deshalb haben wir jetzt keine größeren, überregionalen Verlegungen mehr aus verschiedenen Bundesländern. Die Landkreise können sich untereinander gut helfen und sind auch sehr gut miteinander mit den leitenden Notärzten verschaltet.

Wer kommt denn mittlerweile mit Covid-19 auf die Intensivstation? Wie hat sich das im Lauf der Pandemie verändert?

Wir haben den erfreulichen Effekt, dass durch das Impfen die ganz hohen Altersgruppen nicht mehr auf die Intensivstation kommen. Wir betreuen jetzt hauptsächlich Covid-19-Patienten im Alter zwischen 60 und 70 Jahren. Die großen Zentren der Maximalversorgung, die das ganze Portfolio der Versorgung für schwerkranke Covid-Patienten bereithalten, haben ein etwas niedrigeres mittleres Alter, da sie aus anderen Krankenhäusern schwerstkranke, vor allen Dingen jüngere Patienten mit einer noch guten Prognose verlegt bekommen. Da wird dann die Maximaltherapie umgesetzt.

Es gibt Vorwürfe gegen den Verband der Intensivmediziner gegeben, dass dort Daten manipuliert würden. Wie reagieren Sie darauf?

Wir sind darüber sehr bestürzt - nicht nur die Intensivmediziner, auch die deutsche Krankenhausgesellschaft, der Marburger Bund und andere Verbände. Das sind zum Teil sehr haltlosen Äußerungen, die nicht gut substantiiert und schlecht recherchiert sind. Da werden zum Teil auch Unwahrheiten verbreitet. Wir haben uns ganz klar dazu positioniert und wir haben auch erfreut zur Kenntnis genommen, dass andere Medien unabhängig von unserer Stellungnahme erkannt haben, dass dieser Bericht nicht der Wahrheit entspricht. Was mich besonders betroffen gemacht hat, dass dort der Eindruck erweckt wird, in Deutschland würden Menschen auf Intensivstation aufgenommen, um Geld zu verdienen. Dieser Vorwurf ist wirklich unglaublich und unhaltbar und wir bedauern es sehr, dass es Kolleginnen und Kollegen gibt, die sich tatsächlich dahingehend äußern. Damit vertiefen sie eine Kluft, die aus politischen Gründen offensichtlich gewollt ist.

Welchen Schaden hat das angerichtet?

Ich bin der festen Überzeugung, dass die Medizin in Deutschland und auch die deutsche Intensivmedizin einen tollen Job gemacht hat und wir lassen uns da auch nicht beirren. Wir haben vielen, vielen Menschen helfen können. Wir können auch zeigen, dass unsere Ergebnisse in Deutschland in der Behandlung von schwerkranken Covid-19-Patienten wirklich hervorragend im internationalen Vergleich sind. Auch die Sterblichkeitsraten sind deutlich geringer als woanders. Wir haben nicht Patienten unnötig behandelt. Wir haben versucht das Beste herauszuholen und die Ergebnisse geben uns recht.

Mit Uwe Janssens sprach Katrin Neumann

Quelle: ntv.de

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