Neuinfektionen auf RekordhochDeutschlands Nachbarn im Corona-Griff

Die Corona-Lage in Österreich, Polen und Tschechien spitzt sich dramatisch zu. Mittlerweile melden alle drei Länder so viele Neuinfektionen wie noch nie. Während Polen als Konsequenz wieder eine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit einführt, denkt Tschechien über Hotels als Quarantänestationen nach.
In den Sommermonaten schien die Corona-Pandemie in Österreich, Polen und Tschechien eine Pause einzulegen. Doch nun greift das Virus in Deutschlands östlichen Nachbarstaaten wieder mit voller Wucht um sich. Mittlerweile verzeichnen alle drei Länder bei der Zahl der Neuinfektionen neue Rekordwerte. So hat in Österreich die Zahl der neu gemeldeten Corona-Fälle erstmals die Spitzenwerte aus der Hochphase der Pandemie im Frühjahr überstiegen. Die Behörden zählten 1209 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, 613 davon allein in der Hauptstadt Wien. Acht neue Todesfälle wurden seit dem Vortag gemeldet. Im Krankenhaus liegen 506 Covid-19-Patienten, 107 davon auf der Intensivstation.
Die Zahlen seien mit dem Frühjahr nicht vergleichbar, weil mehr getestet werde, betonte Gesundheitsminister Rudolf Anschober am Rande einer Pressekonferenz in Wien. Er nannte die Situation dennoch schwierig. Etwa 10.000 Menschen gelten österreichweit als aktiv erkrankt, mehr als doppelt so viele wie vor einem Monat.
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Die Corona-Ampel zur Bewertung der Lage innerhalb Österreichs könnte einem Medienbericht zufolge am Freitag erstmals für einige Bezirke die höchste Warnstufe rot zeigen. Sie bewertet neben den Infektionszahlen der vergangenen sieben Tage auch Faktoren wie das Alter der Erkrankten, die Krankenhauskapazitäten und die Nachverfolgbarkeit der Ansteckungen.
Warschau ist Polens Corona-Brennpunkt
In Polen hat die Zahl der Neuinfektionen den zweiten Tag in Folge einen Rekordwert erreicht. Die Behörden verzeichneten 4280 Neuinfektionen binnen 24 Stunden, wie das Gesundheitsministerium in Warschau mitteilte. Im gleichen Zeitraum starben 76 Menschen im Zusammenhang mit dem Virus - so viele wie nie zuvor. Bei den Neuinfektionen lag der Schwerpunkt mit 598 Fällen in der Region um die Hauptstadt Warschau, aber auch Kleinpolen im Süden des Landes (548) und Großpolen im Westen (505) waren stark betroffen.
Erst am Mittwoch war der bisherige Rekordwert seit Beginn der Pandemie erreicht worden, er lag bei 3003 Neuinfektionen innerhalb eines Tages. In Polen haben sich nach offiziellen Angaben bislang 111.599 Menschen mit Sars-CoV-2 infiziert. 2867 Menschen starben demnach im Zusammenhang mit dem Virus. Polen wird vom Robert Koch-Institut bislang nicht als Risikogebiet eingestuft.
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Um die Zahl der Neuinfektionen zu begrenzen, führt Polen am Samstag wieder eine generelle Maskenpflicht in der Öffentlichkeit ein. Dies kündigte Ministerpräsident Mateusz Morawiecki in Warschau an. Dann werde das gesamte Land als sogenannte gelbe Zone eingestuft. Mit der Ausweitung gelten weitere Restriktionen - etwa die Begrenzung von Feiern auf maximal 75 Teilnehmer. "Nur so können wir einen Lockdown verhindern", sagte Morawiecki.
Intensivstationen appellieren an junge Menschen
Wie Polen hat auch Tschechien den zweiten Tag in Folge einen Rekord bei den Neuinfektionen verzeichnet. Am Morgen kamen 5335 weitere Fälle hinzu, wie aus den Daten des Gesundheitsministeriums hervorging. Erst am Vortag war erstmals die 4000er-Marke überschritten worden. Seit Beginn der Pandemie starben in Tschechien 829 Menschen im Zusammenhang mit einer Covid-19-Erkrankung. Seit Wochenbeginn gilt der nationale Notstand.
Die Regierung von Ministerpräsident Andrej Babis will am Freitag ein ganzes Maßnahmenpaket vorstellen. Gesundheitsminister Roman Prymula sagte der Zeitung "MF Dnes", es werde unter anderem über die vollständige Schließung der Theater und Kinos verhandelt. Zudem könnten Hotels genutzt werden, um Menschen in Quarantäne unterzubringen und von ihren Familienmitgliedern zu isolieren.
Für Aufsehen sorgte unterdessen ein offener Brief der Leiter mehrerer tschechischer Krankenhaus-Intensivstationen. Sie appellierten vor allem an junge Menschen, die geltenden Regeln einzuhalten. "Wir kämpfen auf unseren Stationen um das Leben von Menschen, die ohne die Coronavirus-Infektion noch weitere 10 oder 20 qualitätsvolle Lebensjahre vor sich hätten", hieß es darin.