Essen und Trinken

Oetker geht essen Weiße Traumstrände und ein schlechtes Gewissen

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Ein Picknick auf Bawe Island  ist unvergesslich.

Ein Picknick auf Bawe Island ist unvergesslich.

(Foto: Cocoon Collection)

Sansibar ist das Trendziel schlechthin - in Ostafrika werden gerade so viele neue Luxusresorts gebaut wie wohl nirgendwo sonst auf der Welt. Und das, obwohl die Einheimischen immer noch in größter Armut leben. Wie fühlt sich ein Traumurlaub unter diesen Umständen an - und vor allem: Wie schmeckt es auf Sansibar?

Nein, wir sind nicht hier, um in einer Blase zu leben, das war mir von Anfang an klar. Und doch ist der Weg zu einem Restaurant, in dem auch die Einheimischen essen, mehr als abenteuerlich. Wir verlassen unser Hotel und wenden uns vom Strand ab, gehen hinein ins Dorf Matemwe im Osten der Insel, wo Kinder im roten Matsch vor Lehmhütten spielen, vorhin hatte es noch geregnet. Das Restaurant heißt "Marlin", es ist nur eine Wellblechhütte genau auf dem Dorfplatz, wenn man dieses Stück Brache so nennen möchte.

Einfach und lecker kochen auch die Einheimischen.

Einfach und lecker kochen auch die Einheimischen.

(Foto: Scarlet Korge)

Abbas heißt der Wirt, er ist sehr wissbegierig: Woher wir kommen? Wie wir seine Heimat finden? Aber er erzählt auch gerne: Den Thunfisch, den er von dem lokalen Fischer bekommen hat, wird er nur drei Tage roh servieren. Und ja, natürlich hat er auch einen Kühlschrank, den hätten nicht alle Restaurants hier. Manchmal würden die Hotelbesitzer der teuren Herbergen ihre Gäste warnen, lokale Restaurants aufzusuchen, wenn sie sich nicht den Magen verderben wollten. Dabei würde er für seine Speisen garantieren.

Nach dem rohen Thunfischtatar, das wunderbar schmeckt, sehr frisch und ein wenig scharf, genießen wir das Fischcurry - und müssen zugeben: Alles ist einfach, aber ganz wunderbar. Und die Lebensmittelvergiftung am nächsten Tag bleibt auch aus.

Zweimal pro Woche, erzählt Abbas stolz, würde er die Kinder aus der örtlichen Schule bekochen. Damit die wenigstens einige Male etwas Richtiges zu essen bekommen würden. Es gehe aufwärts mit Sansibar, auch dank der Touristen, aber es sei ein sehr, sehr langsamer Fortschritt. Wir lassen ein sehr großzügiges Trinkgeld da und brechen auf, im Dunkeln sollten Touristen nicht zu lange draußen unterwegs sein.

Nicht nur ein Traum

Schaut man in die Hochglanzprospekte, dann ist Sansibar längst DAS Trendziel unserer Zeit: Da leuchtet der hellweiße Sand an den Stränden im Westen der Insel, da gibt es echte Luxusherbergen mit Wasservillen wie auf den Malediven. Doch die Wahrheit im Landesinneren ist immer noch eine andere: Wir fahren vorbei an wuseligen Märkten, auf denen Tausende Händler die immer gleichen Kochbananen und den Maniok anbieten.

An den übervollen Linienbus klammern sich auf der Rückseite gleich fünf Männer mit ihren Händen, die Füße baumeln im Wind. Und als wir einen Ochsenkarren auf der Landstraße überholen, beißt der junge Mann allen Ernstes dem Ochsen in den Schwanz, damit der einen Zahn zulegt - ein Bild, das man nur schwer vergessen kann. Nein, das hier ist kein Traumort, das ist immer noch pures Afrika - mit Armut, Wellblechhütten und Kindern, die sich über jedes Stück Schokolade so sehr freuen wie ein Berliner Kind über unbegrenzte Bildschirmzeit.

Sansibars Strände sind ein Traum.

Sansibars Strände sind ein Traum.

(Foto: Cocoon Collection)

Und doch tut sich was: Tansanias Regierung hat Sonderfonds aufgelegt, die touristische Einnahmen sowohl in das Rentensystem als auch in die Gesundheitsvorsorge investieren. So fahren wir auf dem Weg in den Inselnorden an einem neugebauten Krankenhaus vorbei. Und auch die Schulen sehen allesamt sauber und gut organisiert aus. Noch mehr aber engagieren sich die Gastgeber selbst. Wie die Betreiber der eben eröffneten luxuriösesten Herberge der Insel, die Cocoon-Collection. Drei Schulen haben die italienischen Betreiber in den letzten Jahren ausgebaut, dazu einen Kindergarten und ein Waisenhaus. Weil ihnen klar war: Sie können hier nur erfolgreich sein, wenn sie die Einheimischen auf diesem Wege mitnehmen, ihnen gut bezahlte Arbeit geben und ein sicheres Leben ermöglichen.

Mit solchem Vertrauen gelingen dann auch neue Prestigeprojekte - und "Bawe Island" ist sicher das größte unter ihnen. Die Italiener haben eine idyllische Privatinsel im Westen Sansibars mit enormem Aufwand in ein Luxus-Resort umgewandelt - ein Urlaubstraum mitten im Atoll der vielen Sandbänke vor Stone Town. Die modern eingerichteten Villen haben allesamt Meerblick und private Pools, daneben gibt es aber auch zehn Überwasser-Villen, die auf Stelzen in der Bucht stehen, Pool und Hängematte über den Wellen inklusive.

Eine Welt ohne Fachkräftemangel

Die Küche ist ein Crossover von afrikanischen Produkten und europäischen Einflüssen, sogar ein neapolitanischer Pizzaofen wurde eingeflogen. Aber natürlich dreht sich auch hier viel um frischen Fisch und um Meeresfrüchte sowie um kreolisch inspirierte Currys mit Dorade oder Hühnchen und durchweg kräftig aromatischen Gewürzen - schließlich ist die Insel seit jeher ein Dreh- und Angelpunkt für den Export von Pfeffer, Kardamom, Kümmel, Zimt und Co. - auch mit Vanille wird hier rasend viel Umsatz gemacht.

Frischer Fisch kommt hier direkt aus dem Meer.

Frischer Fisch kommt hier direkt aus dem Meer.

(Foto: Cocoon Collection)

Diese Vielfalt an Gewürzen und Aromen schmecken die Gäste allenthalben. Und immer fällt auf, wie unverfälscht freundlich, ja, beinahe fröhlich die Gastgeber und Angestellten sind. Das gilt auch für das "Resort Zanzibar Sunrise", ganz in der Nähe von Abbas lokalem Restaurant in Matemwe.

Helga Hornung heißt die Frau, die für das resorteigene Restaurant verantwortlich ist. Die Ungarin hat keine Sorgen mit dem in Europa üblichen Fachkräftemangel in der Branche. "Die Hälfte der Bevölkerung lebt bis heute unterhalb der Armutsgrenze", sagt sie. "Und deshalb gibt es hier keinen Fachkräftemangel wie in Europa - die jungen Tansanier reißen sich um Jobs in der Gastronomie und sind stets pünktlich und gut gelaunt." Ein guter Kellner kann so um die 200 Dollar im Monat verdienen, mehr als doppelt so viel wie das Durchschnittseinkommen im Land; ein versierter Koch sogar 500 Dollar. Mit dem Geld wird dann Schritt für Schritt auch das Leben der Familien verbessert, ob hier oder auf dem tansanischen Festland.

Ein ganz spezieller Ort zum Essen

Zu guter Letzt darf aber auch das berühmteste Restaurant der Insel nicht fehlen: "The Rock" heißt es - und hat wohl eine der spannendsten Anreisen der Welt zu bieten. Ganz im Osten der Insel nahe des Dörfchens Pingwe tritt der Gast nämlich an einen weißen Sandstrand und fragt sich zuerst einmal, wie er denn nun zu seinem Tisch gelangen soll. Schließlich liegt das Restaurant auf einem eigenen Felsen 200 Meter vor der Küste und ist nur bei Ebbe trockenen Fußes zu erreichen. Wenn Flut ist, warten die Gäste auf ein hölzernes Ruderboot, das sie mit zwei kräftigen Männern in zwei Minuten zu dem windschiefen Häuschen auf der Insel herüberfährt. Allein das ist schon ein Spektakel.

"The Rock" ist eine Sansibar-Legende.

"The Rock" ist eine Sansibar-Legende.

(Foto: The Rock)

Drei Italiener fanden den Vorposten von den lokalen Fischern vor 15 Jahren so spannend und wunderschön, dass sie die Männer überzeugten, ihnen die Insel zu verpachten. Seither wurde "The Rock" zu einem Leuchtturm für die guten Produkte der Insel und zu einer Unterstützung für das nahe Dorf - denn auch die Betreiber investieren viel in das Leben der Gemeinschaft hier.

Vor allem aber halten sie die Küchentraditionen der Tansanier in Ehren. Auf der Terrasse und im Gastraum kann man das Meer nicht nur sehen, sondern auch riechen und schmecken. Wie beim wunderbaren Schwertfisch-Carpaccio mit Kokosnuss-Dressing, getrockneter Limette und Roter Bete. Jeden Tag liefern die Fischer ihren Fang direkt am Felsen an - und diese Frische schmeckt der Gast sofort. Auch die Meeresfrüchte der Insel suchen in Geschmackstiefe und Frische Ihresgleichen. Hier gibt es Kaisergranat, Garnelen und Oktopus ganz simpel, aber perfekt gegrillt - das Signature-Gericht des Hauses.

Die Preise hier haben längst europäisches Niveau, dafür hat der Gast aber auch das gute Gefühl: Mit seinem Geld verbessert sich das Leben der Menschen hier. Nicht zuletzt deshalb ist der Laden jeden Tag stets ausgebucht - wer also zur Insel gerudert werden will, sollte unbedingt weit vorher reservieren.

Die besten Adressen:

  • In der Inselhauptstadt Stone Town: Das Hotel "Park Hyatt Zanzibar" mit dem Restaurant "Beach House"
  • Im Osten der Insel: Das Resort "Zanzibar Sunrise", "The Rock", das berühmteste Restaurant der Insel, "The Island Pongwe" für die frischesten Seeigel
  • Im Norden der Insel: "Gold Zanzibar" in Nungwi
  • Im Westen der Insel: "Bawe Island", neueröffnete Privatinsel, 15 Minuten mit dem Schnellboot vor der Küste gelegen

Anreise: Etwa mit Condor direkt von Frankfurt am Main, mit kurzem Zwischenstopp in Mombasa
Achtung: Malariaprophylaxe mit Tabletten ist dringend erforderlich, die gesetzliche Kasse trägt dafür die Kosten, andere Impfungen sind auf Sansibar (anders als in Tansania) nicht nötig.

Quelle: ntv.de

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