Treibstoffzufuhr unterbrochen Experte geht bei Air-India-Absturz von Pilotensuizid aus
12.07.2025, 15:25 Uhr Artikel anhören
Die beiden Schalter, die die Treibstoffzufuhr regeln, können nicht versehentlich umgelegt worden sein, sind sich Experten sicher.
(Foto: picture alliance / newscom)
Beim Absturz einer Passagiermaschine in Indien Mitte Juni sterben mehr als 240 Menschen. Ein Untersuchungsbericht macht das Abschalten der Triebwerke dafür verantwortlich. Ein deutscher Luftfahrtexperte hält einen Suizid für wahrscheinlich.
Bei der vor rund einem Monat kurz nach dem Start verunglückten Maschine der Fluggesellschaft Air India führte laut einem vorläufigen Untersuchungsbericht das Abschalten der Triebwerke zum Absturz. Ein deutscher Luftfahrtexperte geht davon aus, dass einer der beiden Piloten vorsätzlich gehandelt hat.
"Alles deutet darauf hin, dass es ein Suizid war", sagt Heinrich Großbongardt dem Magazin "Spiegel". Einer der beiden Piloten habe bewusst die Treibstoffzufuhr unterbrochen - "und das genau in dem Moment, in dem das Flugzeug am verwundbarsten war". In so einer Situation benötige das Flugzeug den vollen Schub, um an Höhe und Geschwindigkeit zu gewinnen. "Das Abschalten der Treibstoffzufuhr hat das Gegenteil bewirkt: Die Maschine ist abgestürzt."
Warum sich die Schalterpositionen geändert haben könnten, wird in dem vorläufigen Bericht der indischen Behörde für Flugunfall-Untersuchung nicht beantwortet. Auf dem geborgenen Stimmenrekorder des Flugzeugs sei im Cockpit zu hören gewesen, wie einer der Piloten den anderen gefragt habe, warum er den Kraftstoffschalter umgelegt habe, heißt es in dem Bericht. "Der andere Pilot antwortete, er habe das nicht getan."
Großbongardt dazu: Die beiden Treibstoffregler für die Triebwerke seien laut dem Bericht wenige Sekunden nach dem Abheben von "Run" auf "Cutoff" umgelegt worden - und zwar nacheinander, im Abstand von einer Sekunde zwischen Schalter 1 und Schalter 2. "Das kann nach menschlichem Ermessen nur einer der beiden Männer im Cockpit getan haben", so der Experte. "Versehentlich kann man diese Regler nicht bewegen."
Die Wiederherstellung der Treibstoffversorgung sei zwar wenige Sekunden später erfolgt - jedoch sei das bereits zu spät gewesen. "Jeder von beiden könnte sie betätigt haben. Es ist noch nicht einmal ausgeschlossen, dass derjenige, der sie abschaltete, gleich danach den anderen gefragt hat, warum er die Treibstoffzufuhr abgeschaltet habe: im Versuch, seine Spur zu verwischen", so Großbongardt. Es werde umfassende Untersuchungen geben - und wohl viele Spekulationen darüber, wer von beiden es war.
Auch der britische Luftfahrtexperte Graham Braithwaite geht nicht von einer versehentlichen Deaktivierung der Treibstoffzufuhr aus. Bei den Reglern handle es sich um "wirklich wichtige Schalter", die davor geschützt seien, dass jemand sie versehentlich berühre, sagte Braithwaite von der Cranfield University der BBC. Um einen solchen Schalter zu betätigen, müssten Piloten diesen "anheben und sehr bestimmt in die gewünschte Position bewegen".
Die Boeing 787 Dreamliner mit 242 Menschen an Bord war am 12. Juni in Ahmedabad im westindischen Bundesstaat Gujarat in ein Wohngebiet gestürzt und in Flammen aufgegangen. Bei der Katastrophe starben 241 Insassen und 19 weitere Menschen am Boden. Nur ein Passagier an Bord - ein Brite - überlebte. Das Flugzeug war nach London unterwegs.
- Bei Suizidgefahr: Notruf 112
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Quelle: ntv.de, jpe/dpa