Mehr als 13 Jahre Haft Gericht schickt Liebhaberin von Mafiaboss ins Gefängnis
12.01.2024, 19:22 Uhr Artikel anhören
Matteo Messina Denaro bei seiner Verhaftung Anfang 2023. Er war Drahtzieher einiger der abscheulichsten Morde der sizilianischen Mafia.
(Foto: picture alliance / ASSOCIATED PRESS)
Auf das Konto von Matteo Messina Denaro gehen viele brutale Verbrechen. Nach Jahrzehnten im Versteck wird der Boss der Cosa Nostra gefasst und stirbt im Gefängnis an Krebs. Zu einem Prozess kommt es nicht. Nun muss seine Geliebte für knapp 14 Jahre in Haft - weil sie ihn versorgt hat.
Wegen Unterstützung einer kriminellen Vereinigung ist eine ehemalige Liebhaberin des verstorbenen Mafiabosses Matteo Messina Denaro zu 13 Jahren und acht Monaten Gefängnis verurteilt worden. Die Italienerin wurde von einem Gericht in Siziliens Hauptstadt Palermo für schuldig befunden, dem Verbrecher auf seiner jahrzehntelangen Flucht Unterschlupf geboten zu haben. Sie versorgte ihn mit allen möglichen Dingen, die er zum Leben brauchte, und lud ihn auch regelmäßig zum Essen ein. Ihr Ehemann kam mit sechs Jahren und acht Monaten wegen Beihilfe und Strafvereitelung davon.
Messina Denaro war vor fast genau einem Jahr in Palermo gefasst worden. Als Boss der sizilianischen Cosa Nostra galt er mehr als drei Jahrzehnte lang als einer der meistgesuchten Verbrecher Italiens. Der Sizilianer beging oder organisierte Dutzende Morde. Zum Verhängnis wurde ihm, dass er sich wegen einer Krebserkrankung in einer Privatklinik behandeln ließ. Acht Monate danach starb er im Alter von 61 Jahren im Gefängnis. Ein Geständnis legte er nie ab. Zu einem Prozess kam es nicht mehr.
Die jetzt verurteilte Frau hatte Messina Denaro absolute Treue geschworen. Sie hatte auch eine Affäre mit ihm. In dem Verfahren gegen sie kam auch ein Brief an den Mafiaboss ans Licht. Darin heißt es: "Das Großartigste in meinem Leben war, dass ich Dich getroffen habe. Als hätte das Schicksal beschlossen, mich mit einem großen Geschenk zu entschädigen. Dieses Geschenk bist Du."
Morde, Bombenanschläge und Entführungen
Der italienische Fernsehsender Rai zeigte diese Woche auch Aufnahmen aus dem Versteck des Mafiabosses. Darin war zu sehen, dass Messina Denaro Bilder aus dem Hollywood-Klassiker "Der Pate" sammelte, sowohl von Marlon Brando als auch von Al Pacino. Zudem hatte er ein Porträt des Batman-Bösewichts Joker im Zimmer.
Als Mitglied der Cosa Nostra beging oder organisierte der gebürtige Sizilianer den Ermittlungen zufolge Dutzende Morde - auch die Bombenanschläge auf die beiden Mafiajäger Giovanni Falcone und Paolo Borsellino 1992, die weltweit Schlagzeilen machten. Damals starben auch mehrere Leibwächter und andere Begleiter. Auch die Entführung des kleinen Giuseppe Di Matteo 1993 soll er mitgeplant haben: Der Junge wurde verschleppt, damit sein Vater nicht vor Gericht aussagt. Nach 779 Tagen erdrosselten ihn die Mafiosi kurz vor seinem 15. Geburtstag und lösten den Leichnam in Säure auf.
Zu jener Zeit begann Messina Denaro damit, zum Boss der Cosa Nostra aufzusteigen. Er galt als Vertrauter und dann Nachfolger der ehemaligen Paten Salvatore "Totò" Riina und Bernardo Provenzano. Den brutalen und skrupellosen Riina nannte man den "Boss der Bosse". Er wurde am 15. Januar 1993 verhaftet, fast genau 30 Jahre vor Messina Denaro. Riina und Provenzano starben 2017 beziehungsweise 2016 im Gefängnis.
"Ihr habt mich erwischt, weil ich krank bin"
Die Öffentlichkeit erfuhr bis heute nie, wie genau es ihm gelang, sich so lange versteckt zu halten. Vermutet wird, dass er auch auf Seiten des Staats Unterstützer hatte. Der Anti-Mafia-Schriftsteller Roberto Saviano, der selbst unter ständigem Polizeischutz lebt, meinte am Tag der Verhaftung: "Wie alle Bosse blieb er genau an jenem Ort, von dem alle wissen, dass er dort zu finden ist." Als er verhaftet wurde, gab er gleich zu: "Ich bin Matteo Messina Denaro." Patienten, die bei der Polizeiaktion dabei waren, spendeten den Einsatzkräften Applaus.
Nach Angaben der Ermittler war Messina Denaro auch nach seiner Verhaftung nie bereit, mit den Behörden zu kooperieren. Aus einem Verhör wurde er mit den Worten zitiert: "Ich will nicht auf Superman machen oder arrogant klingen. Ihr habt mich erwischt, weil ich krank bin." Italienische Medien berichteten, Messina Denaro habe bereits in den ersten Verhören klargemacht, dass er nicht kooperieren wolle. Über seine Besitztümer soll er gesagt haben: "Natürlich habe ich Vermögen, aber ich erzähle euch nichts, das wäre doch dumm."
Quelle: ntv.de, gut/dpa