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"Unterkunft und Verpflegung" Justizopfer Genditzki soll 100.000 Euro für Zeit in Haft zahlen

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Genditzki hat den Freistaat Bayern auf Schadensersatz für seine verlorene Zeit hinter Gittern verklagt.

Genditzki hat den Freistaat Bayern auf Schadensersatz für seine verlorene Zeit hinter Gittern verklagt.

(Foto: picture alliance/dpa)

2010 wird Manfred Genditzki wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt. 13 Jahre später erkennt das Gericht seinen gravierenden Fehler - und spricht den 64-Jährigen frei. Der fordert nun Schadensersatz für seine Zeit hinter Gittern. Die Staatsanwaltschaft antwortet mit einer Rechnung.

Justizopfer Manfred Genditzki, der mehr als 13 Jahre lang unschuldig im Gefängnis saß, soll nun für seine Unterbringung in Haft bezahlen. Die Generalstaatsanwaltschaft München schickte dem 64-Jährigen jüngst eine Rechnung über knapp 100.000 Euro, wie die "Süddeutsche Zeitung" berichtete. Der Betrag setzt sich demnach aus den Kosten für "Unterkunft und Verpflegung" sowie Genditzkis Einnahmen aus seinem Gefängnis-Job zusammen. Der ehemalige Hausmeister aus Bayern wurde 2010 wegen Mordes verurteilt und inhaftiert. Nach jahrelangem Kampf für die Anerkennung seiner Unschuld war er im Juli vergangenen Jahres von dem Vorwurf freigesprochen und freigelassen worden.

Grund für die Zahlungsaufforderung der Generalstaatsanwaltschaft ist eine Schadensersatzklage seitens Genditzkis, wie die Zeitung weiter berichtet. Denn: Der zu Unrecht Inhaftierte hatte den Freistaat Bayern zuvor auf Haftentschädigung in Form von 750.000 Euro Schadensersatz verklagt. Diese Klage geht über das Schmerzensgeld, das ihm bereits überwiesen worden war, hinaus. Laut Gesetz stehen Genditzki pro Tag, den er zu Unrecht hinter Gittern verbrachte, 75 Euro zu. Bei 4916 Tagen in Haft betrug sein Schmerzensgeld also 368.7000 Euro.

Genditzki und seine Anwältin Regina Rick hatten allerdings bereits kurz nach der Überweisung angekündigt, sich mit dieser Summe nicht zufriedenzugeben und auf Wiedergutmachung zu pochen. So hatte er nach seiner damaligen Verurteilung etwa seinen Job verloren. Grundlage für seine Klage ist der sogenannte Amtshaftungsanspruch, auf den sich bereits andere Justizopfer wie etwa Gustl Mollath beriefen.

Kost-und-Logis-Forderung "gängig und legal"

Im Fall von Genditzki will die Generalstaatsanwaltschaft nun allerdings zunächst "aufrechnen". So habe er in den 13 Jahren seiner Haftzeit immerhin "Aufwendungen erspart" - also in einer Gefängniszelle gelebt und Gefängnis-Essen erhalten. Konkret seien das 50.442,48 Euro für "Unterkunft und Verpflegung", wie die Behörde der "Süddeutschen Zeitung" mitteilte. Darüber hinaus wird Genditzki sein Gefängnis-Job in Rechnung gestellt. Laut dem Bericht arbeitete er als sogenannter Hausarbeiter, verdiente damit zwei Euro die Stunde. Bei 13 Jahren Haft ergibt das der Behörde zufolge 48.979,06 Euro. Summa summarum schulde Genditzki dem Staat also knapp 100.000 Euro.

Dem Bericht zufolge wollen Justizopfer Genditzki und seine Anwältin diese Gegenforderung des Staates nicht akzeptieren. Aber: Das Vorgehen der Münchner Staatsanwaltschaft - das "Aufrechnen" von Kost und Logis- ist rechtens. Die Gegenforderung an Justizopfer sei "gängig, üblich und bisher legal", erklärte der Richter Simon Pschorr im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung". Ex-Bundesjustizminister Marco Buschmann hatte die Praxis zwar abschaffen wollen, dies aber vor seinem Ausscheiden aus dem Amt nicht mehr durchsetzen können.

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Genditzki war 2010 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Ihm wurde vorgeworfen, eine Seniorin, für die er als Hausmeister tätig war, nach einem Streit in ihrer Badewanne in Rottach-Egern ertränkt zu haben. Der Fall machte damals als sogenannter Badewannen-Mord Schlagzeilen. Im April vergangenen Jahres war es dem ehemaligen Inhaftierten und seiner Anwältin gelungen, ein Wiederaufnahmeverfahren zu erreichen.

Im Zuge dessen belegten neue Gutachten einen späteren Todeszeitpunkt der Seniorin. Genditzki hatte sich zu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr in der Wohnung aufgehalten. Bei dem Tod der Frau handelte es sich wahrscheinlich um einen Unfall. Der bis dato Verurteilte wurde freigesprochen. Richterin Elisabeth Ehrl sprach in der Urteilsbegründung von einer "Kumulation von Fehlleistungen" jener Kammern, die Genditzki verurteilt hatten. Zudem entschuldigte sie sich im Namen des Gerichts bei Genditzki.

Quelle: ntv.de, spl

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