Kein Mord, sondern Unfall Gericht spricht Mann in Badewannen-Fall frei
07.07.2023, 10:41 Uhr Artikel anhören
Genditzki saß für den Unfall jahrelang unschuldig als Mörder im Gefängnis.
(Foto: dpa)
Manfred Genditzki wird 2010 zu lebenslanger Haft verurteilt. Der Vorwurf: Er soll eine ältere Dame in der Badewanne getötet haben. Doch nun steht fest: So war es nicht. In einem Wiederaufnahmeverfahren wird Genditzki freigesprochen.
Im Münchner Prozess um den sogenannten Badewannen-Mord von Rottach-Egern ist der angeklagte Manfred Genditzki freigesprochen worden. Er hatte für die vermeintliche Tat rund 13 Jahre im Gefängnis gesessen und jahrelang für das Wiederaufnahmeverfahren gekämpft. "Jetzt ist es so weit. Sie haben den Tenor gehört, auf den Sie fast 14 Jahre lang gewartet haben", sagte die Vorsitzende Richterin Elisabeth Ehrl. Es sei ein steiniger Weg für den Angeklagten gewesen, den er mit bewundernswerter Geduld gegangen sei. Die Staatskasse müsse ihn für die zu Unrecht verhängte Gefängnisstrafe entschädigen. Genditzki nahm das Urteil ruhig und gefasst auf, im Zuschauerraum gab es Tränen.
Am Ende forderte sogar die Staatsanwaltschaft Freispruch, weil die Zweifel daran, ob es sich bei dem Tod einer alten Frau in einer Badewanne im oberbayerischen Rottach-Egern überhaupt um ein Verbrechen handelte und nicht schlicht um einen tragischen Unfall, übermächtig wurden.
Der inzwischen 63-Jährige, der in der Wohnanlage der Getöteten als Hausmeister tätig war, war 2010 vom Landgericht München II zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Nach Überzeugung des Schwurgerichts hatte er die Seniorin im Oktober 2008 in deren Wohnung nach einem Streit auf den Kopf geschlagen und dann in der Badewanne ertränkt. Er hat die Vorwürfe stets bestritten. Nach jahrelangem Kampf um ein Wiederaufnahmeverfahren war im April ein neuer Prozess gestartet.
Hat überhaupt eine Tat stattgefunden?
Im neuen Verfahren waren nun Gutachter gehört worden, die den inhaftierten Mann entlasten. Möglich sei laut einem biomechanischen Gutachten, dass die Seniorin schlicht in die Wanne stürzte, sich den Kopf anschlug und ertrank. Laut einem thermodynamischen Gutachten starb die alte Frau mit sehr großer Wahrscheinlichkeit deutlich nach dem von der Staatsanwaltschaft angenommenen Tatzeitraum.
"Hat überhaupt eine Tat stattgefunden?" - das sei die entscheidende Frage, sagte Staatsanwalt Michael Schönauer in seinem Schlussplädoyer. Und diese Frage sei nun einmal nicht zweifelsfrei mit Ja zu beantworten. Die Staatskasse sei verpflichtet, Genditzki für 13 Jahre im Gefängnis zu entschädigen, sagte er und fügte hinzu, er finde "die passenden Worte nicht".
Genditzkis Verteidigerin Regina Rick forderte einen Freispruch, der keinen Zweifel an der Unschuld ihres Mandanten lässt und keinen nur aus dem Grundsatz im Zweifel für den Angeklagten. Sie sei "erschöpft", hatte Rick der Mediengruppe Münchner Merkur/tz kurz vor dem Urteil gesagt. "Dieser Fall war ein jahrelanger Marathon für mich." Sie habe "vom ersten Moment an seine Unschuld geglaubt. Das ging ja damals schon aus den Akten hervor". "Man verliert schon ein wenig die professionelle Distanz. Wenn ich nach über 20 Jahren Strafverteidigung noch ein Herz hätte, würde es manchmal brechen", sagte die Juristin. "Was dieser Mann durchgemacht hat, tut mir leid."
Quelle: ntv.de, sba/dpa