Panorama

Vergleich immer wahrscheinlicherSchmerzensgeld-Prozess für NSU-Opfer ruht

29.08.2017, 16:53 Uhr
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Elif Kubasik (l.), die Witwe des Kioskbesitzers, bei einer Gedenkveranstaltung für ihren ermordeten Ehemann in Dortmund. (Foto: picture alliance / dpa)

Ohne die Pannenserie bei den NSU-Mordermittlungen hätte der Tod von Mehmet Kubasik womöglich verhindert werden können - davon ist nicht nur die Familie des Kioskbesitzers überzeugt. Im Entschädigungsprozess zeichnet sich nun eine Einigung ab.

Der Prozess zwischen Angehörigen des mutmaßlich vom NSU getöteten Mehmet Kubasik und dem Freistaat Thüringen ist mit der Aussicht auf einen Vergleich unterbrochen worden. "Das Verfahren ruht", sagte der Vorsitzende Richter Christoph von Friesen nach 15-minütiger Verhandlung am Landgericht Erfurt. Hintergrund ist die Ankündigung der rot-rot-grünen Landesregierung vom Morgen, Opferangehörige und Betroffene des rechtsextremen NSU-Terrors finanziell entschädigen zu wollen.

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In diesem Kiosk wurde Mehmet Kubasik im Jahr 2006 erschossen. (Foto: dpa)

Zu diesem Zweck wolle man sich bei den anstehenden Haushaltsverhandlungen dafür einsetzen, dass ein entsprechender Fonds eingesetzt wird, teilten die Regierungsfraktionen mit. Kubasik war 2006 mit Kopfschüssen in seinem Dortmunder Kiosk ermordet worden. Er war das achte von insgesamt zehn mutmaßlichen NSU-Todesopfern. Den Thüringer Ermittlungsbehörden waren eklatante Fehler bei der Verfolgung des NSU und seiner mutmaßlichen Helfer bescheinigt worden.

Nach Einschätzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag hätte die Mordserie verhindert werden können, wenn die Behörden diese Fehler nicht begangen hätten. Deshalb klagten nun drei Angehörige Kubasiks - Ehefrau, Tochter und einer der beiden Söhne - gegen das Land auf Schmerzensgeld und Schadenersatz. Alle drei waren bei der Verhandlung in Erfurt anwesend.

Behörden haben "Amtspflicht verletzt"

"Wir werfen dem Land Thüringen ganz klar Amtspflichtverletzungen vor", sagte Kläger-Anwältin Antonia von der Behrens vor der Verhandlung. Sowohl das Landeskriminalamt als auch der Thüringer Verfassungsschutz hätten ihre Pflichten verletzt. Die Kläger fordern gut 20.000 Euro Schmerzensgeld für jeden der Angehörigen. Hinzu käme ein Schadenersatz etwa für das weggefallende Einkommen Mehmet Kubasiks in bislang nicht genannter Höhe.

Für einen möglichen Vergleich zeigte sich von der Behrens offen. "Wir werden abwarten: Kommt überhaupt ein konkretes Angebot und dann werden wir entscheiden." Der Verteidiger Thüringens, Claus Esser, war selbst überrascht vom angekündigten Entschädigungsfonds. Er könne nicht mehr sagen als das, was in den Medien berichtet worden sei.

Quelle: jug/dpa

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