Unterricht in Corona-Zeiten Schulen leiden an digitalen Defiziten
20.06.2020, 11:32 Uhr
Viele Schüler und Lehrer nutzen derzeit private Computer, damit der Online-Unterricht funktionieren kann.
(Foto: imago images/Mint Images)
Damit in Zeiten von Corona der Unterricht von zuhause funktionieren kann, brauchen Lehrer und Schüler technische Geräte. Doch die fehlten an vielen Schulen, meint Bundespräsident Steinmeier. Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert einen höheren Etat für die digitale Ausstattung.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die mangelnde digitale Ausstattung der Schulen in Deutschland kritisiert. "Die Krise hat viele digitale Defizite schonungslos ausgeleuchtet, ganz besonders in den Schulen und in der öffentlichen Verwaltung", sagte er laut Redemanuskript bei einer Veranstaltung zum Digitaltag. In diesen Bereichen hätten sich "fehlende technische Voraussetzungen mit versäumter Fortbildung sowie jahrzehntealten Verfahren oft zu einem sehr unglücklichen Bild zusammengefügt".
Auch beim gerechten Zugang zu einer digitalen Grundversorgung habe Deutschland "viel aufzuholen", sagte Steinmeier. Das gelte etwa "auf dem platten Land oder für Familien, wo nicht jedes zweite Jahr ein neues iPad unter dem Tannenbaum liegt oder ein neuer Laptop zum Geburtstag kommt, wo sich in der Krise alle Geschwister das alte Handy der Mutter teilen müssen, um die Schulaufgaben zu erledigen".
Steinmeier zeigte sich zugleich erleichtert über die Möglichkeiten, die sich durch die Digitalisierung in der Corona-Krise ergeben hätten. "Je länger wir uns vorstellen, wie einsam und traurig, wie langweilig und deprimierend der Lockdown ohne das Internet, ohne digitale Angebote gewesen wäre, umso bewusster wird uns doch: Digital ist unentbehrlich."
Gerade deshalb fordert die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), auch Lehrer stärker mit Dienstgeräten auszustatten. Diese greifen laut einer GEW-Umfrage für den Unterricht oder die Kommunikation mit Eltern und Schülern häufig auf eigene Computer oder Tablets zurück. So nutzten insgesamt 90 Prozent der befragten GEW-Mitglieder private Geräte für dienstliche Zwecke. Auch für Präsentationen in der Schule bedienen sich 61 Prozent der Lehrer ihrer eigenen Rechner.
"Wir brauchen dringend eine öffentliche Finanzierung von Endgeräten", erklärte Vorstandsmitglied Ansgar Klinger. Es sei eine wichtige öffentliche Aufgabe, Bildungsinfrastruktur vorzuhalten. Klinger forderte, dass die Mittel aus dem Digitalpakt insgesamt auf rund 20 Milliarden Euro erhöht werden müssten. Bislang stehen fünfeinhalb Milliarden zur Verfügung.
Auch beim Datenschutz sieht die Gewerkschaft Nachholbedarf. Nur knapp die Hälfte der Befragten hält diesen demnach für ausreichend geklärt, fast zwei Drittel bewerten die Unterstützung des Arbeitgebers in diesem Bereich als eher unzureichend. "Das ist ein brisanter Befund, wenn man bedenkt, wie häufig private Endgeräte genutzt werden müssen, und wie rasant der Einsatz digitaler Tools, etwa für Videokonferenzen, während der Corona-Krise steigt", erklärte Klinger. Die Gewerkschaft befragte Anfang des Jahres fast 18.000 Mitglieder zur Digitalisierung an Schulen, knapp ein Fünftel beteiligte sich an der Onlineumfrage.
Quelle: ntv.de, chf/AFP