Panorama

Corona-Fallzahlen steigen rapideTürkische Ärzte warnen vor "Tsunami"

30.11.2020, 21:56 Uhr
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Die Lage in türkischen Krankenhäusern (hier ein Bild von Anfang Mai) ist derzeit äußerst angespannt. (Foto: picture alliance/dpa)

Das Gesundheitssystem in der Türkei gerät an seine Grenzen. Ärzte berichten, dass mancherorts Patienten tagelang auf ein Bett auf der Intensivstation warten. Es mangelt an Ausstattung und Personal. Die Regierung reagiert mit strikteren Maßnahmen. Doch das Vertrauen der Mediziner in den Staat ist erschüttert.

Die Türkei verzeichnet den achten Tag in Folge einen Höchststand bei den täglichen Corona-Todesfällen. Binnen 24 Stunden starben 188 Menschen, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Zudem wurden 31.219 Neuinfektionen verzeichnet - ebenfalls ein Höchstwert. Angesichts der stark steigenden Fallzahlen verschärft die Türkei nun ihre Corona-Restriktionen deutlich. Ausgangssperren würden ab Freitag das gesamte Wochenende gelten, kündigte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan nach einer Kabinettssitzung in Ankara an.

Das Verbot beginnt demnach freitags um 21 Uhr und endet montags um 5 Uhr. Supermärkte seien aber zu bestimmten Zeiten geöffnet. Unter der Woche werde täglich eine abendliche Ausgangssperre von 21 Uhr bis 5 Uhr gelten. Bislang galten nur abendliche Ausgangssperren am Wochenende. Ältere Menschen ab 65 Jahren und Jüngere unter 20 Jahren dürften keine öffentlichen Verkehrsmittel mehr benutzen. Es würden zudem keine Neujahrsfeiern abgehalten, sagte Erdogan. An Beerdigungen dürften nur bis zu 30 Personen teilnehmen. Diese Bestimmungen gelten demnach ab Dienstag.

Die Türkische Ärztevereinigung (TTB) zweifelt unterdessen die offiziellen Zahlen der Regierung an und geht von täglich mindestens 50.000 neuen Fällen aus. Die Vereinigung warnte erneut, dass staatliche Krankenhäuser voll belegt seien. Angaben der Regierung, dass nur rund 70 Prozent der Intensivbetten belegt seien, widersprechen den Erhebungen der TTB, heißt es in einer Erklärung. "Patienten warten manchmal tagelang auf ein Bett auf einer Intensivstation." In manchen Provinzen würden Patienten auf den Korridoren oder Kantinen behandelt, es sei aber nicht ausreichend Personal und Ausstattung vorhanden, um sie zu versorgen. Das Land erlebe zurzeit einen "Tsunami", vor dem die TTB seit Monaten gewarnt habe.

Die Regierung müsse mehr Plätze in privaten und Stiftungskrankenhäusern für Covid-Patienten zur Verfügung zu stellen, forderte die TTB. Zwar seien private Kliniken zu Pandemiekrankenhäusern erklärt worden. Diese gingen aber selektiv vor und seien mit hohen Kosten für den Patienten verbunden. Die türkische Regierung hatte vergangene Woche erstmals seit Monaten die vollständigen Fallzahlen der täglich positiv auf das Coronavirus getesteten Personen im Land bekannt gegeben. Zuvor war seit Ende Juli nur die tägliche Zahl der Infizierten mit Symptomen veröffentlicht worden.

Quelle: ntv.de, fzö/dpa/rts

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