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"Wollen Sie den Stecker ziehen?" US-Klinik verwechselt Patienten und stellt Maschinen ab

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Der 69-jährige David Wells wurde im August 2021 in die Klink gebracht (Archivbild).

Der 69-jährige David Wells wurde im August 2021 in die Klink gebracht (Archivbild).

(Foto: picture alliance/dpa)

Ein Mann wird im US-Bundesstaat Washington in ein Krankenhaus eingewiesen. Dort verwechselt das Personal ihn mit seinem Zimmergenossen, ruft eine vermeintliche Angehörige an, die wiederum die lebenserhaltenden Maßnahmen einstellen lässt. Nun landet die fatale Verwechslung voraussichtlich vor Gericht.

Aufgrund einer Verwechslung hat ein Krankenhaus im US-Bundesstaat Washington die lebenserhaltenden Maßnahmen bei einem falschen Patienten eingestellt. Gegen die Klinik in der Stadt Vancouver liegt nun eine Klage vor, wie mehrere US-Medien berichten.

Der Fall ereignete sich demnach bereits im August 2021. Der 69-jährige David Wells wurde einem Bericht des "Miami Herald" zufolge in das Krankenhaus eingewiesen, nachdem er sich an einem Stück Steak verschluckt, das Bewusstsein verloren und aufgehört hatte zu atmen. Dann kam es zu dem fatalen Irrtum: Das Klinikpersonal verwechselte Wells mit seinem Zimmergenossen Michael Beehler.

Im Glauben, dass es sich bei Wells um Beehler handeln würde, habe das Krankenhaus Beehlers Schwester Debbie Danielson angerufen, um eine Entscheidung über "Leben oder Tod" zu treffen, wie die Zeitung aus einer Anfang Dezember eingereichten Beschwerde zitiert. "Sie sagten, er sei im Grunde hirntot", sagte die Schwester dem lokalen TV-Sender KGW. "Wollen Sie, dass wir ihn am Leben erhalten, oder wollen Sie ihm den Stecker ziehen?", habe die Frage gelautet, mit der sich Danielson konfrontiert sah.

Zeitung druckte Todesanzeige

Danielson traf nach eigener Aussage die "schwierige Entscheidung" und ließ die lebenserhaltenden Maßnahmen einstellen. Anschließend habe sie damit begonnen, die Beerdigung für ihren Bruder zu arrangieren und weitere Familienangehörige zu informieren. In der Zeitung sei eine Todesanzeige erschienen.

Laut KGW erlebte Danielson eine Überraschung, als sie einen Anruf von ihrem totgeglaubten Bruder erhielt. "Ich sagte: 'Du kannst nicht am Leben sein. Du bist tot'", so Danielson. Demnach barg die Gerichtsmedizin daraufhin die Leiche und bestätigte anhand der Fingerabdrücke, dass es sich bei dem Verstorbenen um Wells und nicht um Beehler handelte.

Die Gerichtsmediziner benachrichtigten Wells' Sohn Shawn Wells, der in Kalifornien lebt. "Sie sagten mir im Grunde, dass es einen medizinischen Notfall bei meinem Vater gäbe. Er sei für tot erklärt worden", sagte Shawn Wells dem Sender KGW. Von der Verwechslung habe ihm niemand erzählt, weder der Gerichtsmediziner noch das Krankenhaus oder das Bestattungsunternehmen.

"Mir fehlen die Worte"

Erst zwei Jahre nach dem Tod seines Vaters habe er davon erfahren - und das auch nur, weil KGW dem Bericht zufolge Kontakt mit ihm aufgenommen hatte. "Mir fehlen die Worte, wie schlecht die das gehandhabt haben", wird Wells zitiert. "Ich werde diese Entscheidung nie wieder rückgängig machen können."

Wells, Beehler und Danielson haben dem Bericht zufolge jeweils eine separate Klage gegen das Krankenhaus, das Bestattungsunternehmen und die Gerichtsmedizin eingereicht. In einer gemeinsamen Beschwerde heißt es, die drei Kläger "litten unter schweren Emotionen und Stress als direkte Folge des extremen und unerhörten Verhaltens."

Überdies hat der Bundesstaat Washington eine Untersuchung im Krankenhaus vorgenommen. Laut staatlichen Unterlagen wurden dabei zwei Verstöße festgestellt. Das Personal sei zum Teil nicht ausreichend geschult gewesen, um die Patientenidentität festzustellen. Zudem habe es keine zuverlässige Methode gegeben, um alle eingewiesenen Patienten zu identifizieren.

Laut KGW habe es keine Anzeige gegen das Krankenhaus gegeben, weil nach Ansicht der Ermittler seit der Verwechslung die notwendigen Verbesserungen vorgenommen wurden. Zu einer weiteren Fehlidentifizierung sei es seither nicht gekommen. Man arbeite daran, die "Patientenidentifizierungsprozesse zu verbessern" und kooperiere mit mehreren Behörden, teilte eine Sprecherin des Krankenhausunternehmens dem Sender mit. Weitere Informationen könne sie aufgrund des laufenden Rechtsstreits nicht geben.

Quelle: ntv.de, mdi

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