Weitere Fälle in MünchenVerdächtige soll auch Kinder vergiftet haben

In Münchner Supermärkten tauchen plötzlich vergiftete Getränkeflaschen auf, aus denen mehrere Menschen trinken. Unter Verdacht steht eine psychisch kranke Frau. Die Polizei geht nun davon aus, dass die 56-Jährige die Tat schon vor zwei Jahren verübte.
Der Fall sorgt bundesweit für Aufsehen: In zwei Münchner Supermärkten waren im März und April vergiftete Getränke aufgetaucht. Drei ahnungslose Kunden trinken davon - die Dosis hätte nach Einschätzung der Ermittler tödlich wirken können. Der Verdacht fällt auf eine psychisch kranke Frau - und die könnte sogar noch für einen besonders schrecklichen Vorfall verantwortlich sein.
Im Rahmen der weiteren Ermittlungen sei die Polizei auf einen Fall aus dem November 2018 gestoßen, als zwei sieben und zehn Jahre alte Kinder nach dem Konsum von Getränken bei einer Kulturveranstaltung ohnmächtig geworden waren, sagt der Leiter der Münchner Mordkommission, Josef Wimmer. Die beiden Kinder hätten eine Nacht im Krankenhaus bleiben müssen. Es gebe nach heutigen Erkenntnissen jedoch keine Folgeschäden. Die Sonderkommission "Tox" sucht jetzt Zeugen für ähnliche Vorfälle.
Zeugen hätten damals bereits von einer älteren Frau berichtet, die als auffällig wahrgenommen worden sei. Da es seinerzeit keine weiteren Erkenntnisse gab, galt der Fall bisher als ungeklärt. Doch einer der Zeugen habe die 56-jährige Frau nun auf einem Foto identifiziert. Außerdem sei in der Wohnung der seit ihrer Festnahme in einer Psychiatrie untergebrachten Frau eine Postkarte mit einigen Notizen zu der Veranstaltung im Münchner Gasteig gefunden worden, darunter der Name der Veranstaltung und der Hinweis auf einen Notarzteinsatz. Dies sei laut der Ermittler Täterwissen.
"Horrorvorstellung aller Eltern"
Oberstaatsanwältin Anne Leiding sagt, es sei die "Horrorvorstellung aller Eltern", dass die Familie auf eine Kulturveranstaltung gehe und plötzlich die Kinder ohnmächtig zusammenbrächen. Folgeschäden erlitten die Kinder nicht, sie kamen damals für eine Nacht ins Krankenhaus.
Die Polizei sucht nun nach weiteren möglichen Fällen, die von der Frau verursacht worden sein könnten. Die Tatverdächtige sei vor allem in München, aber auch überregional unterwegs gewesen. Bislang gebe es keine Hinweise, dass sie auch im Nachtleben, etwa in Bars, war. Das Tatmotiv bleibt weiter unklar. Laut Polizei äußert sich die Frau nach wie vor nicht zu den Vorwürfen und dem Hintergrund der Tat.
Im März und April waren in zwei Münchner Supermärkten vier Flaschen mit Lösungsmitteln versetzt und ins Regal gestellt worden. Drei Kunden kauften die Flaschen und tranken davon - sie klagten über Schwindel, Übelkeit und Kreislaufbeschwerden. Zwei Frauen im Alter von 34 und 42 Jahren mussten laut Polizei sofort medizinisch behandelt werden. Auch einem 48-Jährigen soll es nach dem Verzehr schlecht gegangen sein. Die Polizei nahm die 56-Jährige Anfang Juni fest. Sie kam auf Geheiß eines Gutachters in eine Psychiatrie.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen mehrfachen versuchten Mordes in Tateinheit unter anderem mit gemeingefährlicher Vergiftung. Der Nachweis eines Mordversuchs sei laut Oberstaatsanwältin jedoch sehr schwierig und die Ermittler hätten noch viel Arbeit vor sich. Die Frau schweigt bislang zu den Vorwürfen. Daher sei laut Wimmer kein Motiv erkennbar.