Jagd nach der Löwin von Berlin "Vielleicht können wir am Nachmittag Entwarnung geben"
21.07.2023, 11:43 Uhr Artikel anhören
Kleinmachnows Bürgermeister Michael Grubert an der Stelle, wo das Video der mutmaßlichen Löwin entstanden ist. Oder war es ein Wildschwein? Ein Kalb oder Reh?
(Foto: IMAGO/Michael Handelmann)
Eine Löwin in einem Waldgebiet nahe Berlin? Die Aufregung ist groß, die Spurenlage dünn. Der Bürgermeister der betroffenen Gemeinde Kleinmachnow will heute noch einmal genau nach dem möglichen Raubtier suchen lassen - und dann den geordneten Rückzug antreten.
Die Suche nach einer möglicherweise frei laufenden Raubkatze in Berlin und Brandenburg wird vermutlich noch den ganzen Tag über andauern. "Wir werden das betreffende Waldgebiet heute ganz genau durchsuchen", sagte der Bürgermeister von Kleinmachnow, Michael Grubert, ntv.de. Dabei seien zur Stunde rund 60 Polizistinnen und Polizisten im Einsatz. Professionelle Tierspurensucher unterstützten die Beamten ebenso wie Drohnen mit Wärmebildkameras. Beim Durchkämmen des Gebietes gehe man defensiv vor, so Grubert. "Also langsam und systematisch. Wir wollen ja auch keine Wildschweine-Rotten aufschrecken oder Ähnliches."
Gruber betonte, dass alle "Ausgänge", also Brücken, Straßen und Sichtachsen des Gebietes von Beamten gut gesichert seien. "Wenn wir das Waldgebiet vollständig abgesucht haben und dort gar keinen Hinweis auf eine Raubkatze gefunden haben, dann ist da auch keine Raubkatze oder Löwin", sagte Grubert weiter. Man werde sich dann mit allen Beteiligten zusammensetzen und neu beraten, wie es weitergeht. "Wir werden die bisherigen Maßnahmen auswerten und dann auch Entwarnung geben", sagte Grubert und fügte mit Blick auf den Großeinsatz der Polizei hinzu: "Es kann nicht tagelang so weiter gehen."
Parallel zur großangelegten Waldaktion gehe eine kleine Truppe derzeit Hinweisen aus der Bevölkerung nach. Bisher sei aber dort nichts Zählbares herausgekommen. "Auch eine vermeintlich heiße Spur am Morgen hat sich als Wildschwein herausgestellt", so Grubert. "Wir gehen aber jedem Hinweis nach", betonte ein Sprecher der Polizeidirektion West des Landes Brandenburg gegenüber ntv.de. Man nehme die Sache nach wie vor ernst.
Praktisch keine Spuren
Dennoch hat sich die Spurenlage laut Grubert bisher nicht erweitert - es gebe das Video und die Zeugenaussagen. Entscheidend für die gesamte Suchaktion sei nach wie vor das wenige Sekunden lange Ausgangsvideo, so Grubert. Dieses werde heute noch einmal von Experten Bild für Bild analysiert, um die Frage, 'Raubkatze oder nicht?' möglichst präzise zu beantworten. Zudem lägen die Zeugenaussagen von "zwei absolut verlässlichen Polizisten" und "zwei absolut verlässlichen Kameraden der Feuerwehr" vor, die ein auf die Beschreibung passendes Tier am Donnerstag gesehen hätten. Berlins Wildtierexperte Derk Ehlert sagte im RBB-Inforadio allerdings, dass er auf dem bekannten Video nur zwei Wildschweine erkenne, die von links nach rechts laufen. "Ich glaube aber natürlich den Zeugen, den Kollegen von der Polizei, die ein derartiges Tier auch real gesehen haben", ergänzte Ehlert.
"Es gibt keine weitere Spur", erklärte Grubert. Es seien keine Raubtierabdrücke, keine Exkremente, keine gerissenen Beutetiere oder irgendetwas gefunden worden, was den Verdacht auf eine frei herumlaufende Raubkatze bestätigen oder auch nur untermauern würde.
Bereits in der Nacht hatte die Polizei in Berlin weiter nach der vermeintlichen Löwin gesucht. Im Süden der Hauptstadt waren am Donnerstag insgesamt etwa 220 Polizistinnen und Polizisten in dem Bereich im Einsatz. Dort hatte es mögliche Sichtungen des Tieres gegeben. Beteiligt an der Suche waren auch Veterinärmediziner und der Stadtjäger. Es wurden Nachtsichtgeräte und eine Nachtsichtdrohne eingesetzt.
Fest steht zur Stunde: Bislang fehlt von dem möglichen Raubtier jede Spur. Aus Sicht des Veterinärmediziners Achim Gruber von der Freien Universität Berlin bleiben nicht zuletzt deswegen Zweifel, ob es sich wirklich um eine Löwin handelt. "Ich halte es für möglich, dass das eine Löwin ist, bin aber nicht davon überzeugt", sagte Gruber im RBB-Spezial. Er setze auf die Jagdhunde, die nach dem Tier suchten. Wenn diese keine Spuren fänden, sei dies "ein starkes Puzzlestück" gegen die Hypothese, dass man es mit einer Löwin zu tun habe. Auch Experte Ehlert hat große Zweifel. "Es macht mich sehr stutzig, dass bisher keine Spuren gefunden werden konnten", so Ehlert.
Laut Einschätzungen von Expertinnen und Experten aus Zoo und Tierpark in Berlin käme eine Löwin in den Sommermonaten übrigens durchaus in einem heimischen Waldstück zurecht. In einem ihr unbekannten Terrain könne davon ausgegangen werden, dass sie sich ins Unterholz zurückziehe und nicht aktiv den Kontakt zum Menschen suche, teilten die Einrichtungen mit. "Auch die Gefahr, dass ein Wildtier auf freier Fläche wie beispielsweise im Wald, Park oder Feld einen Menschen direkt angreift, ist geringer, als wenn es sich in einem Wohngebiet in die Enge getrieben und bedroht fühlt."
Quelle: ntv.de, tar