Panorama

Schnee und eisiger Sturm Wanderer sind froh, dem Mount Everest entronnen zu sein

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Die tibetischen Rettungskräfte  bringen entkräftete Menschen nach unten.

Die tibetischen Rettungskräfte bringen entkräftete Menschen nach unten.

(Foto: via REUTERS)

Ein Wanderurlaub in der Mount Everest Region wird für Hunderte Wanderer zu einem Albtraum. Plötzlich setzt ein heftiger Schneesturm ein, sie sitzen auf der tibetischen Seite des Berges fest und selbst Retter können kaum etwas tun.

Unter schwierigen Bedingungen haben zahlreiche Wanderer eine weitere Nacht am Mount Everest verbracht. Noch immer warten Menschen auf der Ostseite des Berges auf fast 5000 Meter Höhe auf Rettungstrupps, eingeschlossen von Schnee.

Normalerweise ist das Wetter am Mount Everest im Oktober sehr stabil, doch in diesem Jahr ist alles anders. Seit dem vergangenen Freitag regnet und schneit es am höchsten Berg der Welt nahezu ununterbrochen. Während der achttägigen Ferien rund um den chinesischen Staatsfeiertag ist der Berg ein beliebtes Ziel bei Wanderern. Sie streben nicht alle auf den Gipfel, aber auch weit unterhalb der 8848 Meter kann der Berg bereits herausfordernd sein, vor allem, wenn das Wetter umschlägt.

Der 41-jährige Eric Wen hatte es mit seiner Gruppe auf etwa 4900 Meter geschafft, als die Wetterbedingungen immer schwieriger wurden. In der Nacht war klar, dass es zu gefährlich war, zu bleiben. Etwa alle zehn Minuten mussten sie den Schnee vom Zelt entfernen, weil das Gewicht der schweren Schneemassen so hoch war, erzählte Wen der Nachrichtenagentur Reuters. "Wir blieben dicht beieinander - um uns gegenseitig zu wärmen und zu unterstützen."

Trotzdem sei das große Zelt in der Nacht sieben oder acht Mal zusammengebrochen. Es sei ihnen zwar jedes Mal gelungen, das Zelt so schnell wie möglich wieder aufzubauen, doch "wir vereinbarten, dass alle nach dem Frühstück am nächsten Morgen so schnell wie möglich aufbrechen und versuchen würden, nach Hause zurückzukehren."

Ohne Schutz verloren

Gerettete berichteten der BBC, dass während des Sturms mehrere Meter Schnee gefallen seien. Laut chinesischen Medien soll es mittlerweile Todesopfer geben, doch die Lage bleibt unübersichtlich. Noch ist unklar, wie viele Menschen noch in Sicherheit gebracht werden müssen.

Profi-Bergsteiger Simon Messner weiß aus Erfahrung, wie schnell die Situation am Berg dramatisch werden kann. "Neuschnee, gepaart mit sehr starken Winden, die so stark sein können, dass sie Zelte zerreißen", beschreibt er die Lage im Gespräch mit ntv/RTL. Auf dem Everest kann es bis zu minus 50 Grad kalt werden, und Windgeschwindigkeiten von bis zu 288 Kilometern pro Stunde sind keine Seltenheit. Ohne Schutz sei man diesen Umweltbedingungen ausgeliefert, so Messner, und dann komme auch noch die Lawinengefahr dazu. Wer in dieser Lage nicht die Orientierung behalte, sei verloren.

Auch der Fotograf Dong Shuchang freute sich darauf, das Wunder des Himalaya von den tibetischen Hängen aus einzufangen, als der Schneesturm nur wenige Stunden nach Beginn seiner Wanderung am Samstag losbrach. "Die Blitze und Gewitter hörten nicht auf. Der Schneefall war so stark, dass ich kaum schlafen konnte", erzählt er. Der 27-Jährige war zwar schon mehr als ein Dutzend Mal im Himalaya, hatte aber "noch nie ein solches Wetter erlebt".

Seine Gruppe entschloss sich auf 4600 Metern zur Umkehr. "Unsere Windjacken und Regenmäntel waren dem Schnee nicht gewachsen. Wir waren alle durchnässt." Mehrere Personen in seiner 20-köpfigen Gruppe hätten bereits Anzeichen von Unterkühlung gezeigt. Auch der Abstieg erwies sich als extrem herausfordernd. "Alle waren langsam unterwegs. Die Strecke war sehr rutschig. Wegen des Eises bin ich ständig gestürzt."

Kaum technische Hilfsmittel

Mindestens 350 Menschen haben sich bereits durch den tiefen Schnee nach unten gekämpft. Rettungskräfte müssen sich mit Pferden und Yaks den Weg zu denen bahnen, die es nicht aus eigener Kraft vom Berg schaffen. Wenn man auf einmal so viele Menschen retten muss, gebe es eigentlich keine Hilfsmittel, sagt Anjan Truffer bei ntv. Der Chef der Bergrettung im schweizerischen Zermatt hofft, dass es die "Hilfskräfte schaffen, eine gute Spur in den Schnee zu treten, damit diese Leute, wenn sie einigermaßen bei Kräften sind, selber hinabsteigen können".

"Man sieht einen enormen Trend von Leuten, die das Extreme suchen, aber mit wenig Erfahrung an solche Trecks oder auch ans Bergsteigen gehen", kritisiert Truffer. Jedes Jahr zieht es mehr Kletterer aus aller Welt auf den Gipfel - einige von ihnen zahlen das gefährliche Abenteuer mit ihrem Leben. In der diesjährigen Saison kamen auf nepalesischer Seite nach Angaben des Tourismusministeriums in Kathmandu bereits fünf Kletterer ums Leben.

Der Bergführer Nick Hollis macht dafür auch den Klimawandel mitverantwortlich. "Während wir früher die Jahreszeiten und die Erfahrungen, die wir zu einer bestimmten Zeit in den Bergen machen würden, weitgehend vorhersagen konnten, wird dies mittlerweile weltweit in allen Gebirgszügen viel schwieriger", sagte er Reuters. Die Everest-Region bilde da keine Ausnahme.

"Wir sind alle erfahrene Wanderer", sagte die 29-jährige Wanderin Geshuang Chen der BBC. "Aber dieser Schneesturm war trotzdem extrem schwierig. Ich hatte so viel Glück, rauszukommen."

Quelle: ntv.de

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