Wetterfahrplan für "Tristan" Warnungen vor gefährlichem Windchill
06.02.2021, 12:34 Uhr
In vielen Regionen Deutschlands droht heftiger Schneefall.
(Foto: picture alliance / Andreas Franke)
Eine der brisantesten Grenzwetterlagen der letzten Jahrzehnte bringt vor allem dem Norden Eiseskälte und viel Schnee. Blizzardartige Verhältnisse könnten mitunter zur Gefahr für Leib und Leben werden - vor allem für jene, die der Kälte ungeschützt ausgesetzt sind.
Die Ausgangslage
Tief "Reinhard" liegt über den Britischen Inseln, wird sich bis morgen aber aus dem Wettergeschehen verabschieden und die Bühne für Tief "Tristan" frei machen. Das liegt heute noch über der Iberischen Halbinsel, wird sich bis morgen aber in zwei Kerne aufgeteilt haben - der eine über Norditalien, der andere genau über Deutschland an der Luftmassengrenze. Das ist die "Schneebombe", die mit blizzardartigen Verhältnissen genau über der Landesmitte für extreme und mitunter lebensbedrohliche Wetterverhältnisse sorgen wird. Eine Unwetterlage mit einem großen Gefahrenpotenzial.
Wann geht es los?
Die intensivsten Schnee- und Eisregenfälle drohen ab Samstagabend und in der Nacht zum Sonntag. Zwar schwächen sich die Niederschläge zum Montag hin erst einmal ab. Aber bis dahin ist die Lage extrem brenzlich.
Hier schneit es besonders heftig
Das Zentrum des Schneefalls wird vom nördlichen Nordrhein-Westfalen (NRW) und dem Münsterland/Südliches Emsland bis ins südliche Brandenburg und Sachsen reichen. Betroffen sind ebenso Thüringen, Nordhessen und der Raum Hannover. Die Schneemengen bis einschließlich Montag dürften im Kernbereich bei 20 bis 40, vereinzelt auch bis an die 50 Zentimeter liegen. Natürlich können in Staulagen, wie beispielsweise am Harz, auch größere Mengen zusammenkommen. Eine entscheidende Rolle könnten Verwehungen spielen.
Meterhohe Schneeverwehungen
Der Wind weht nördlich der Luftmassengrenze tendenziell aus Ost bis Nordost, und das mit Böen zwischen 40 und 80 Stundenkilometern. An den Küsten sind auch Böen bis Tempo 100 drin. Damit drohen teilweise sehr intensive Verwehungen des überwiegend feinen Pulverschnees. In freien Lagen und mit entsprechender Windgängigkeit des Geländes ist mit Schneewehen von ein bis zwei Metern zu rechnen. Auch das Räumen der Straßen wird damit problematisch bis unmöglich. Selbst das Aufbringen von Salz wird in diesem Bereich kaum etwas nutzen. Wer dennoch mit dem Auto unterwegs ist, sollte an einen vollen Tank, Decken und warme Getränke denken. Es könnte länger dauern.
Windchill - eine lebensbedrohliche Sache
Die gefühlten Temperaturen, der sogenannte Windchill, liegt am Sonntagnachmittag und -abend in der Nordhälfte gerne mal bei minus 10 bis minus 20 Grad. Auch in größeren Städten wie Berlin, Hamburg oder Hannover wird es eiskalt. Wer längere Zeit und ungeschützt bei dieser Eiseskälte draußen ist, der muss mit Erfrierungen der entsprechenden Hautpartien rechnen. Gefährlich ist die Lage für Menschen ohne feste Bleibe - vor allem jetzt in Corona-Zeiten. Zumal die gemessenen Tiefstwerte in den Folgenächten unter Aufklarungen und über den Schneeflächen auf bis zu minus 20 Grad runter rauschen können.
Nächstes Extrem: Stundenlanger Eisregen
Eine derartige Wetterlage geht mit vielen Extremen einher, gerade auch an der südlichen Seite der Luftmassengrenze. Vom südlichen NRW - also auch Köln und Bonn - bis nach Nordbayern drohen in der zweiten Nachthälfte bis zu sechs Stunden Eisregen. Das könnte für chaotischste Verkehrsverhältnisse sorgen. Einziger Vorteil: Die wenigsten Menschen wird es in der Nacht zum Sonntag und am Sonntag selbst auf die Straßen ziehen.
Dennoch wird diese Lage Nachwirkungen haben: Eine Normalisierung der Situation wird dauern. Zumal es auch Vorhersagen gibt, die im Anschluss an den Eisregen im südlichen NRW ebenfalls eine geschlossene Schneedecke berechnen. Eine Schneedecke, die somit zum Teil auf Eis liegen dürfte - und die Flächen spiegelglatt werden lässt.
Blackout - Drohen Stromausfälle?
Die Frage lässt sich konkret natürlich nicht beantworten. Aber aus der Erfahrung der Vergangenheit und anhand der Warnungen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) lässt sich zumindest ein deutlich erhöhtes Potenzial für Probleme in den Stromnetzen erkennen. Wie der 2005er Winter im Münsterland gezeigt hat, sind unsere Stromnetze bei Schnee- und Eislagen dieser Art sehr anfällig. Zwar sind die Stimmen seitens der Räumdienste, des Katastrophenschutzes oder der Energieversorger alles in allem entspannt. Aber es ist eben eine Lage, die in dieser Form nur alle paar Jahrzehnte vorkommt und insofern sicherlich noch Überraschungen im Programm haben könnte.
Was sagen die DWD-Experten?
"Von Samstagabend bis Sonntagabend treten langanhaltende und mitunter kräftige Schneefälle auf. In diesem Zeitraum muss insgesamt mit 20 bis 30 Zentimetern Neuschnee, vereinzelt auch mit bis zu 40 Zentimetern gerechnet werden. Die stärksten Schneefälle treten dabei voraussichtlich in der Nacht zum Sonntag auf: Innerhalb von 12 Stunden muss mit 15 bis 25 Zentimetern Neuschnee gerechnet werden, örtlich sind auch bis zu 30 Zentimeter nicht ausgeschlossen. Im Zusammenhang mit einem in Böen starken bis stürmischen Ostwind sind zusätzlich starke, teils auch extreme Schneeverwehungen zu erwarten.
Es ist mit massiven Behinderungen im Schienen- und Straßenverkehr zu rechnen. Es besteht außerdem Gefahr durch auftretenden Schneebruch. Dies ist eine Vorabinformation, die frühzeitig auf die Gefahr eines Unwetterereignisses hinweisen soll. Bezüglich der betroffenen Regionen sowie der Schneemengen bestehen noch Unsicherheiten. Entsprechende Warnungen werden im Laufe des Samstags ausgegeben."
Quelle: ntv.de