Söder hält an Vize-Minister fest Aiwanger soll 25 Fragen zu Flugblatt-Affäre beantworten
29.08.2023, 12:12 Uhr Artikel anhören
Seinen Job ist Aiwanger zwar noch nicht los. Bayerns Ministerpräsident Söder fordert aber eine weitere Aufklärung zu den antisemitischen Flugblättern. Sein Stellvertreter soll deshalb einen Katalog mit 25 Fragen schriftlich beantworten.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder erhöht in der Affäre um ein antisemitisches Flugblatt den Druck auf seinen Stellvertreter Hubert Aiwanger. Der Freie-Wähler-Chef solle einen Katalog mit 25 Fragen schriftlich beantworten, sagte Söder nach Beratungen im Koalitionsausschuss in München. Aiwanger habe zugesagt, die Fragen "nach bestem Wissen und Gewissen" zu beantworten.
Erst danach könne man den Fall abschließend bewerten, sagte Söder. Eine Entlassung aus dem Amt des Wirtschaftsministers und stellvertretenden Ministerpräsidenten wäre zum jetzigen Zeitpunkt "ein Übermaß", so der CSU-Chef. Es gehe nicht um eine Vorverurteilung. Eine Frist zur Beantwortung der Fragen nannte er zunächst nicht.
Söder hatte am Dienstag eine Sondersitzung des Gremiums einberufen, Aiwanger sollte dort persönlich Stellung nehmen zu den Vorwürfen. Der 52-Jährige hatte am Samstagabend schriftlich zurückgewiesen, zu Schulzeiten Ende der 1980er Jahre ein Flugblatt geschrieben zu haben, das den Holocaust ins Lächerliche zieht. Dort wird als Preis in einem Wettbewerb ein "Freiflug durch den Schornstein von Auschwitz" ausgelobt. Die "Süddeutsche Zeitung" hatte darüber berichtet.
Gleichzeitig räumte Aiwanger aber ein, es seien "ein oder wenige Exemplare" in seiner Schultasche gefunden worden. Kurz darauf gestand Aiwangers älterer Bruder ein, das Pamphlet geschrieben zu haben. Später sagte er, er glaube, dass sein Bruder Hubert die Fluglätter wieder habe einsammeln wollen, wohl um zu "deeskalieren". Söder reichen diese Erklärungen aber bislang nicht aus.
"Es darf keine Hängepartie werden", sagte der CSU-Chef, "es muss rasch geklärt werden". Das Hetzblatt nannte Söder "ekelhaft, widerlich" und "übelsten Nazi-Jargon". So, wie das Flugblatt geschrieben sei, "merkt man, dass da auch eine ganz andere Energie dahintersteckt. Das ist nicht nur ein Dummer-Jungen-Streich". Ob Aiwanger auch der Verfasser des antisemitischen Pamphlets ist, ist offenbar weiterhin nicht klar. "Die heutigen Aussagen reichen aber definitiv nicht aus für eine abschließende Bewertung", so Söder in einem kurzen Statement nach den Beratungen. Nachfragen ließ der Ministerpräsident nicht zu.
Aiwanger bereit, Schulakten öffnen zu lassen
Die Vorwürfe wiegten schwer, "allein der Verdacht beschädigt das Ansehen Bayerns", sagte Söder, und auch die Glaubwürdigkeit Aiwangers als Person. Man müsse aber auch bedenken, dass "die Sache über 30 Jahre her" sei. Heute habe sich Aiwanger klar distanziert. Der Chef der Freien Wähler ist demnach auch bereit, zur weiteren Aufklärung eventuell vorhandene Schulakten öffnen zu lassen.
In Bayern wird am 8. Oktober ein neuer Landtag gewählt. Die CSU hatte bislang stets erklärt, die Koalition mit den Freien Wählern nach der Wahl fortsetzen zu wollen. Alle Umfragen hatten bis zuletzt auch fast keinen Zweifel daran gelassen, dass dies möglich sein wird - wobei die Freien Wähler zuletzt bei 11 bis 14 Prozent lagen. Die CSU regiert im Freistaat seit 2018 zusammen mit den Freien Wählern. Die Landtags-CSU wollte die Koalition auch am Dienstag grundsätzlich fortsetzen. Ein schwarz-grünes Bündnis wurde bei Online-Beratungen des erweiterten CSU-Fraktionsvorstandes am Dienstagfrüh ausgeschlossen, wie die Deutsche Presse-Agentur von Teilnehmern erfuhr. Allerdings gab es in der Runde demnach ebenfalls den Ruf nach weiterer Aufklärung.
Quelle: ntv.de, vmi, fni/AFP