Politik

Krankenhaus-Debatte bei Lanz Ärztin Doc Caro: "Müssen über Impfpflicht reden"

Die Arbeit auf den Intensivstationen ist physisch und psychisch belastend. Weil viele Pflegekräfte im Laufe der Pandemie den Job gewechselt haben, sind Intensivbetten noch knapper geworden.

Die Arbeit auf den Intensivstationen ist physisch und psychisch belastend. Weil viele Pflegekräfte im Laufe der Pandemie den Job gewechselt haben, sind Intensivbetten noch knapper geworden.

(Foto: dpa)

Die Intensivstationen ächzen unter dem Druck der vierten Welle. In vielen Krankenhäusern ist die Kapazitätsgrenze erreicht. Immer mehr Experten fordern die bundesweite Einführung der 2G-Regel. Die Gäste bei Markus Lanz halten inzwischen auch eine Impfpflicht für denkbar.

Ihre Patienten nennen sie "Doc Caro". So nennt sie sich auch selber in ihrem Blog. Sie ist Ärztin aus Leidenschaft. Vor kurzem hat Dr. Carola Holzner ihr erstes Buch veröffentlicht. "Eine für alle - als Notärztin zwischen Hoffnung und Wirklichkeit" heißt es. Darin schildert die Oberärztin aus dem Ruhrgebiet ihre Erfahrungen - im Krankenhaus, auf der Intensivstation. Hier begegnet sie ihren Patienten auf Augenhöhe, spricht mit ihnen, berät sie. Auch, wenn es um Corona geht. Und das ist dringend nötig, sagt sie bei Markus Lanz im ZDF. Sie erzählt, sie frage ungeimpfte Patienten in der Notaufnahme immer wieder, warum sie noch nicht geimpft seien. Die meisten hätten Bedenken, die bisher nicht ausgeräumt seien. Das gelingt ihr offenbar, denn sie ist sich sicher: "Wenn ich einen Kittel anhätte mit Impfdosen, würde ich neun von zehn Menschen überzeugen können." Viele Menschen mit Bedenken seien bisher noch nicht erreicht worden. "Die kann ich nur erreichen, wenn ich vor ihnen stehe."

Die Krankenhäuser ächzen unter der vierten Corona-Welle. Auf den Intensivstationen gibt es zu wenig Pflegepersonal. Immer mehr Betten für Corona-Patienten müssen stillgelegt werden. Es fehlt Personal, das Beatmungsgeräte überwacht. Viele Intensivstationen seien schon vor Corona chronisch überlastet gewesen, sagt "Doc Caro".

Nun ist die Lage dramatisch. Beispiel Bayern. Dort ist die so genannte Krankenhaus-Ampel auf Rot gesprungen. Am Montag lagen im Freistaat laut DIVI-Intensivregister 609 Menschen mit Covid-19 auf den Intensivstationen. Mehr als die Hälfte davon muss beatmet werden. In ganz Bayern gab es noch 446 freie Intensivbetten, davon 155 mit Beatmungsmöglichkeit.

"Wir eiern rum"

"Mir sträuben sich die Nackenhaare, weil wir seit einem Jahr über das Gleiche diskutieren und jetzt wissenden Auges völlig unvorbereitet in diesen Herbst hineingegangen sind", sagt Carola Holzner bei Markus Lanz. Und auch Buchautor Frank Schätzing (Der Schwarm; Was, wenn wir einfach die Welt retten) kritisiert: "Wir eiern rum." Auf den Intensivstationen lägen jetzt vorwiegend Ungeimpfte. Jetzt müsse man unter anderem auch über eine Impfpflicht reden. Carola Holzner sieht das auch so. Die Lage sei so ernst, dass Impfpflicht eine letzte Möglichkeit sein müsse.

"Ich empfinde Scham"

Wie es zu dieser Situation kommen konnte, versucht Noch-Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier zu erklären - und macht dabei nicht die beste Figur. An Warnungen habe es schon im Sommer nicht gefehlt, auch Bundeskanzlerin Angela Merkel habe auf die kommende Krise hingewiesen. Aber die Presse, die habe ja sofort von Panikmache geschrieben. Ja, er wisse von der Überlastung des Pflegepersonals, sagt Altmaier. Und fügt hinzu: "Ich empfinde Scham darüber." Noch-Gesundheitsminister Jens Spahn habe vor einigen Wochen seine Meinung geäußert und gesagt, die epidemische Notlage könne jetzt auslaufen. Er, Altmaier, sei dagegen gewesen.

Auf die Kritik, die Bundesregierung habe in den letzten Monaten zu wenig für die Vorbereitung auf die aktuelle Krise getan, hat er eine Antwort, die die anderen Gäste mit leicht ironischem Lachen quittieren: "Es kann sein, dass durch die Bundestagswahl die Aufmerksamkeit einen Moment lang von diesem Thema abgelenkt war." Corona habe nicht von vornherein zum Repertoire aller Wahlkämpfer gehört. Nun aber müsse man handeln. Dringend notwendig sei eine Ministerpräsidentenkonferenz, man müsse über die bundesweite Einführung von 2G und über eine Impfpflicht für bestimmte Berufe reden.

Tatsächlich könne die 2G-Regel einiges bewirken, glaubt auch Frank Schätzing. So habe man den Karneval in Köln zu einer 2G-Veranstaltung erklärt. Damit hoffe man, mehr Menschen zum Impfen zu bewegen. Auch er setzt in erster Linie auf Überzeugung. "Wir leben in einer freiheitlichen Gesellschaft, und damit haben wir auch die Freiheit, zu argumentieren", sagt er. Man dürfe die Menschen nicht sofort an den Pranger stellen. Und man müsse die Ängste von Ungeimpften ernst nehmen.

Quelle: ntv.de

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