Kühlung in Gefahr Dieselvorräte im AKW Saporischschja sollen noch zehn Tage reichen
01.10.2025, 20:54 Uhr Artikel anhören
Die Notstromversorgung sei vorerst ausreichend, beschwichtigt die Kraftwerksleitung.
(Foto: picture alliance/dpa/XinHua)
Die Atombehörde schlägt Alarm: Das AKW Saporischschja ist seit über einer Woche vom ukrainischen Stromnetz getrennt. Russland scheint das Kraftwerk ans eigene Netz anschließen zu wollen. Dieselgeneratoren sichern vorerst noch die Kühlung. Doch die Reserven gehen zur Neige.
Die Internationale Atombehörde IAEA ist besorgt wegen des langen Stromausfalls am russisch besetzten Kernkraftwerk Saporischschja in der Ukraine. "Europas größtes Atomkraftwerk hat jetzt seit mehr als einer Woche keinen Strom von außen, was mit Abstand der längste Fall in mehr als dreieinhalb Jahren Krieg ist", erklärte IAEA-Generaldirektor Rafael Grossi in Wien. Er sei mit Russland wie der Ukraine in Kontakt, um die Stromversorgung wiederherzustellen.
Obwohl die sechs Reaktoren des AKW abgeschaltet sind, brauchen sie weiter Strom, um die Kühlung in Gang zu halten. Derzeit werde die Kühlung durch acht Dieselgeneratoren sichergestellt, sagte Grossi. "Es gibt keine unmittelbare Gefahr, solange sie arbeiten, aber es ist eindeutig kein Dauerzustand mit Blick auf die nukleare Sicherheit", erklärte er. Der Dieselvorrat reiche nach Angaben der von Moskau eingesetzten Werksleitung noch für etwa zehn Tage.
Grossis Angaben zufolge war die letzte Hochspannungsleitung zur Versorgung von Saporischschja am 23. September außer Betrieb gegangen. Wegen Kämpfen in der Nähe des Kraftwerks erklärten sich Russland wie die Ukraine außerstande, die Leitungen zu reparieren. Das ukrainische Energieministerium in Kiew rief die internationalen Partner des Landes auf, Druck auf Russland auszuüben, um die Anlage wieder unter ukrainische Kontrolle zu bringen.
Saporischschja bald am russischen Netz?
Die Hochspannungsleitung verband das AKW mit dem von Kiew kontrollierten Teil des ukrainischen Stromnetzes. Sie sei dem Augenschein nach nicht durch Beschuss unterbrochen worden, teilte die Umweltorganisation Greenpeace in Kiew mit. Sie berief sich dabei auf die Analyse von Satellitenfotos durch Sicherheitsexperten. Greenpeace warf der Moskauer Seite vor, die Leitung sabotiert zu haben - als Teil des Planes, Saporischschja an das russische Netz anzuschließen und die Reaktoren wieder hochzufahren.
Die Notstromversorgung sei vorerst ausreichend, zitiert die russische Nachrichtenagentur Ria die Leitung des Kernkraftwerks. Die Wiederaufnahme der regulären Stromversorgung über die sogenannte Dnjeprowskaja-Leitung sei jedoch unmöglich. Schuld daran sei ukrainischer Beschuss. Die Ukraine dagegen erklärt, dass russischer Beschuss die Wiederherstellung der externen Stromversorgung verhindere.
Strom wird benötigt, um Wasser zur Kühlung der Reaktoren und der abgebrannten Brennelemente durch die Anlage zu pumpen. Auch wenn die Reaktoren abgeschaltet sind, müssen sie gekühlt werden, da der radioaktive Zerfall der Brennelemente eine kontinuierliche Nachzerfallswärme erzeugt. Ohne eine dauerhafte Kühlung könnte es zu einer Kernschmelze kommen und Radioaktivität freigesetzt werden. Russische Streitkräfte hatten das Kraftwerk kurz nach Beginn des Einmarsches in die Ukraine 2022 besetzt.
Quelle: ntv.de, lwe/dpa/rts