Politik

Chefankläger Avichai Mandelblit Bringt dieser Mann Netanjahu hinter Gitter?

Der Jurist Avichai Mandelblit sieht sich angesichts seiner Funktion im Prozess gegen Benjmain Netanjahu heftiger Kritik ausgesetzt.

Der Jurist Avichai Mandelblit sieht sich angesichts seiner Funktion im Prozess gegen Benjmain Netanjahu heftiger Kritik ausgesetzt.

(Foto: REUTERS)

Um einem Prozess wegen Korruption zu entgehen, setzt Israels Regierungschef Netanjahu alle Hebel in Bewegung - erfolglos. Nun steht der umstrittene Politiker vor Gericht. Dass es soweit gekommen ist, hat er ausgerechnet einem früheren Vertrauten zu verdanken.

Mit der Korruptionsanklage gegen einen amtierenden Regierungschef hat er Justizgeschichte geschrieben: Israels Generalstaatsanwalt Avichai Mandelblit. Seit heute steht Ministerpräsident Benjamin Netanjahu vor Gericht. Der Regierungschef selbst hatte Mandelblit einst für den Posten des Generalstaatsanwalts ausgewählt, heute dürfte er den zurückhaltenden, aber einflussreichen Juristen verfluchen. Doch wer ist der Mann, der Netanjahu hinter Gitter bringen könnte?

Benjamin Netanjahu und Avichai Mandelblit waren nicht immer Gegner.

Benjamin Netanjahu und Avichai Mandelblit waren nicht immer Gegner.

(Foto: AP)

Mandelblit wurde in Tel Aviv in eine politisch rechtsgerichtete Familie geboren. Der Jurist mit graumeliertem Bart und schwarzer Kippa ist orthodoxer Jude und hat sechs Kinder. Bis 2015 diente er als Regierungssekretär unter Netanjahu. Ein Jahr später nominierte der Regierungschef Mandelblit für den Posten des Generalstaatsanwalts. Nach israelischem Recht fungiert er neben diesem Amt zugleich als juristischer Berater der Regierung, womit er auf juristischer Ebene die Positionen der Regierung verteidigen muss und in diesem Sinne als Vertrauter Netanjahus gilt.

Für Mandelblit wurde das recht früh zum Problem. Denn schon kurz nach seiner Ernennung - ab 2017 - wartete die bislang größte Herausforderung für ihn, als die Polizei einen Korruptionsverdacht gegen Netanjahu äußerte. Der schwerwiegendste Vorwurf lautete, der Ministerpräsident habe im Gegenzug für eine positive Berichterstattung eines Medienunternehmens politische Regularien ändern wollen. Mandelblit stand nun vor dem Dilemma, ob er seinen "Chef" anklagen sollte oder nicht - und er entschied sich dafür.

"Die Strafverfolgung ist keine Wahl"

Als er im November des vergangenen Jahres schließlich die Anklagepunkte gegen den Ministerpräsidenten vortrug, sprach Mandelblit von einem "schweren und traurigen Tag" für Israel. Er habe die Entscheidung "schweren Herzens, aber mit ganzem Herzen" getroffen. "Die Strafverfolgung ist keine Wahl", sagte Mandelblit damals. "Sie ist keine Frage von rechts oder links. Sie ist keine Frage der Politik."

Vor seiner Arbeit für die Regierung war Mandelblit als Anwalt für die israelische Armee tätig gewesen. 2004 wurde er zum Oberstaatsanwalt der Armee befördert und erhielt fünf Jahre später den Grad eines Generals. In dieser Zeit wurde er von Anhängern im rechten politischen Spektrum dafür angefeindet, dass er gegen israelische Soldaten ermittelte, die Vergehen während des Gaza-Kriegs von 2008 bis 2009 verdächtigt wurden.

2014, nachdem Mandelblit die Streitkräfte verlassen hatte, wurde er in die sogenannte Harpas-Affäre verwickelt - benannt nach einem Offizier, der wegen Vorlage falscher Dokumente zur Einflussnahme auf die Ernennung eines Armeechefs verurteilt wurde. Die Ermittlungen gegen Mandelblit in der Sache wurden später eingestellt, zur Anklage kam es nicht.

Als Ankläger steht er im Kreuzfeuer

Auch vor Beginn des Prozesses gegen Netanjahu sah sich Mandelblit heftiger Kritik ausgesetzt. Der rechtskonservative Regierungschef ist für seine spaltende Rhetorik bekannt, und seine Anhänger verschärften ihre Verbalattacken auf den Generalstaatsanwalt zunehmend. David Amsalem, Minister im Kabinett Netanjahu, etwa bezeichnete Mandelblit mit Blick auf die Harpas-Affäre als "mutmaßlichen Täter".

"Mandelblit ist derjenige, der derzeit am meisten abbekommt", schrieb die Zeitung "Jediot Ahronot" über den Generalstaatsanwalt. Durch die Angriffe auf Mandelblit solle zu Beginn des Prozesses eine Botschaft an Staatsanwältin Liat Ben Ari und die ihr unterstellten Juristen sowie die Richter gesendet werden. Mandelblit selbst meidet mediale Aufmerksamkeit und gibt fast nie Interviews.

Für viele Kommentatoren, die über seine politische Haltung spekulieren, bleibt der 56-Jährige ein Rätsel. Der als bescheidene Persönlichkeit geltende Jurist ist inzwischen aber zweifellos zu einer der wichtigsten und zunehmend polarisierenden Figuren Israels geworden - schlichtweg deshalb, weil er in der Lage war, den am längsten amtierenden Regierungschef in der Geschichte des Landes vor Gericht zu bringen.

Quelle: ntv.de, Michael Blum, AFP

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