Politik

"Nehmen Sie Ihre Kinder mit" Cherson-Besatzungschef drängt zur Flucht

Der russische Besatzungschef der Region Cherson, Saldo, auf der Annexionsfeier in Moskau Ende September.

Der russische Besatzungschef der Region Cherson, Saldo, auf der Annexionsfeier in Moskau Ende September.

(Foto: via REUTERS)

Den Kreml-Truppen steht offenbar eine Entscheidungsschlacht im Süden der Ukraine bevor: Der russische oberste Statthalter in Cherson ruft Zivilisten auf, schnellstmöglich nach Russland zu fliehen und bittet Moskau um Hilfe. Sein Stellvertreter wiegelt ab: Ein Truppenabzug sei nicht geplant.

Die von Russland eingesetzte Verwaltung in der südukrainischen Region Cherson hat von Moskau die Evakuierung von Zivilisten aus dem Gebiet erbeten. "Wir haben vorgeschlagen, dass alle Einwohner der Region Cherson, die sich vor ukrainischen Angriffen in Sicherheit bringen wollen, sich in andere russische Regionen begeben können", erklärte Besatzungschef Wladimir Saldo am Nachmittag auf Telegram. "Nehmen Sie Ihre Kinder mit und gehen Sie", rief er die Einwohner auf.

Zugleich bat Saldo die Führung in Moskau, bei der Organisation der Evakuierungen zu helfen. Das Ende September von Russland annektierte Gebiet Cherson im Süden der Ukraine ist seit einigen Wochen das Ziel einer Gegenoffensive der ukrainischen Armee, die immer weiter vorrücken konnte. Bereits am Samstag hatte Saldo mitgeteilt, die russischen Regionen Krasnodar und Stawropol seien zur Aufnahme von Kindern und Erwachsenen bereit.

Nur Momente nach dem neuesten Telegram-Appell Saldos erklärte allerdings sein Stellvertreter Kirill Stremousow, die Region Cherson werde nicht evakuiert. "Niemand plant, die russischen Truppen aus der Region Cherson abzuziehen." Erst am Wochenende hatte Stremoussow im russischen Staatsfernsehen eingeräumt, seine Verwaltung stelle sich auf "eine schwierige Zeit" ein. Zugleich sprach er mit Blick auf die geplanten Evakuierungen von "Erholungs-Einladungen" russischer Regionen an Kinder, Eltern und Ältere.

Britischer Geheimdienst: Russen erwarten Kämpfe im Stadtgebiet

Zuvor hatte der britische Geheimdienst vermutet, dass die russischen Besatzungsbehörden demnächst Kämpfe im Stadtgebiet von Cherson erwarten. "In den vergangenen Tagen haben die russischen Besatzungsbehörden wahrscheinlich Vorbereitungen zur Evakuierung einiger Zivilisten aus Cherson angeordnet", hieß es in der täglichen Mitteilung des britischen Verteidigungsministeriums auf Twitter. Es sei daher wahrscheinlich, dass sie mit bevorstehenden Kämpfen innerhalb der Stadt rechneten.

Nach ihrem Rückzug um etwa 20 Kilometer im Norden des Sektors Cherson Anfang Oktober seien die Russen nun wohl bemüht, einen neuen Frontverlauf westlich der Ortschaft Mylowe zu festigen. Diese Linie sei weiterhin schwer umkämpft, vor allem an ihrem westlichen Ende, wo der ukrainische Vorstoß dazu geführt habe, dass die Russen nicht mehr von dem Schutz des Flusses Inhulez profitierten. Die meisten der russischen Einheiten seien zudem unterbesetzt, so die britischen Experten weiter.

Quelle: ntv.de, mau/AFP

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