Taliban greifen Provinzhauptstadt an Deutsche sitzen in Kundus
03.10.2016, 19:37 Uhr
Schwer bewaffnete Einheiten der afghanischen Sicherheitskräfte, ausgestattet mit Waffen und Fahrzeugen aus US-Beständen: "Die kommen als Zivilisten."
(Foto: dpa)
Die Gefechte in der afghanischen Provinzmetropole Kundus halten an: Islamistische Kämpfer dringen bis ins Zentrum vor. Inmitten des Chaos befindet sich nach Angaben der Bundeswehr auch eine kleine Einheit deutscher Spezialisten.
Die Bundeswehr hat nach Informationen des Südasien-Büros der ARD ein kleines Team von Soldaten in der umkämpften Stadt Kundus. Die Soldaten berieten die afghanische Armee von einem Lager am Stadtrand aus, sagte der Kommandeur der deutschen Einheiten in Nordafghanistan, Brigadegeneral Hartmut Renk.

Taliban-Kämpfer dringen erneut bis nach Kundus vor: Maschinengewehrschütze der afghanischen Sicherheitskräfte.
(Foto: REUTERS)
Renk zufolge gestalten sich die Gefechte so: "Wir haben Kämpfe am Stadtrand, an allen vier Stadträndern. Wir haben aber auch eine kleine (Taliban-)Gruppe in der Stadt." Insgesamt soll es sich bei den Angreifern um eine kleine Gruppe handeln, wie der Brigadegeneral erklärte. "Aber die geht in zwei, drei Mann-Formationen vor. Die sitzen mal hier in einem Haus, mal da in einem Haus, bewegen sich hochmobil mit ganz leichter Bewaffnung."
Zivilisten als "menschliche Schutzschilde"
Die "Gesamtlage in der Stadt" sei durch die Taliban-Kämpfer in Kundus nicht gefährdet, sagte Renk. Dennoch gelinge es den Angreifern, in der Bevölkerung "Angst und Schrecken" zu verbreiten. Die Terroristen nutzten die Zivilbevölkerung nach Einschätzung des Bundeswehr-Generals "gnadenlos als menschliche Schutzschilde".
Auf die Frage, wie die Kämpfer trotz starker Militärpräsenz in die Stadt gelangen konnten, sagte Renk der ARD: "Die kommen als Zivilisten. Und als Zivilist kann jeder in die Stadt. Die haben ihre Waffenverstecke in der Stadt. Und dann werden sie erst zum Kämpfer in der Stadt, nachdem sie ihre Waffen aus den Verstecken geholt haben."
Die Taliban kehren zurück
Die radikalislamischen Taliban hatten in der Nacht einen schweren Angriff auf die Hauptstadt der nordafghanischen Provinz Kundus gestartet und Sicherheitskräfte in massive Gefechte am Stadtrand verwickelt. Das afghanische Militär schlug mit Spezialkräften und Kampfhubschraubern zurück. Es soll Opfer auf beiden Seiten gegeben haben, heißt es.
Die Taliban hatten Kundus vor fast genau einem Jahr bereits erobert. Die Stadt war damals für fast zwei Wochen in der Gewalt der Islamisten - ein Schock für Kabul und die internationale Gemeinschaft. Kundus ist zusammen mit der Nordprovinz Baghlan sowie den Südprovinzen Helmand und Urusgan Hauptziel der laufenden Talibanoffensiven. In Kundus war bis Ende 2013 auch die Bundeswehr stationiert. Seit März berät wieder eine kleine Gruppe deutscher Soldaten die afghanische Armee, um einen erneuten Fall der Provinz zu verhindern.
Quelle: ntv.de, mmo/dpa