Union beklagt Schikane an Pforte Familien von Hamas-Geiseln müssen vor Bundestag warten
17.01.2024, 04:46 Uhr Artikel anhören
Stein des Anstoßes: In der israelischen Botschaft in Berlin zeigt Yehiel Yehoud, Vater der Geisel Dolev Yehoud, ein T-Shirt mit den Fotos seiner Angehörigen.
(Foto: picture alliance/dpa)
In Israel sind die Fotos der Hamas-Geiseln omnipräsent. Doch bei einem Besuch im Bundestag müssen Besucher T-Shirts und Sticker mit den Bildern der Verschleppten ablegen. Der Sicherheitsdienst sieht darin verbotene politische Botschaften, wie die Union verärgert berichtet.
Die Unionsfraktion hat scharfe Kritik daran geübt, dass eine Besuchergruppe aus Familienangehörigen entführter Hamas-Geiseln wegen T-Shirts mit Fotos ihrer Verwandten vorübergehend nicht in den Bundestag gelassen wurde. "Es war erniedrigend für die Angehörigen der israelischen Geiseln", sagte der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Jürgen Hardt, der "Bild"-Zeitung. Die Angehörigen hätten die T-Shirts mit den Konterfeis ihrer verschleppten Angehörigen "ausziehen oder umdrehen" müssen, um in den Bundestag gelassen zu werden.
Laut "Bild" hatten die Besucher einen Termin beim Unionsfraktionsvorsitzenden Friedrich Merz. Sie hätten die Sicherheitspforte aber nicht passieren dürfen, da ihnen angedeutet worden sei, dass sie auf ihrer Bekleidung politische Botschaften trügen. Dem Bericht zufolge stand auf den T-Shirts auf Hebräisch und Englisch "Bringt sie nach Hause", ein Verweis auf die im Gazastreifen festgehaltenen Hamas-Geiseln.
Hardt sagte der "Bild", die ganze Situation sei "für die Angehörigen und die ebenfalls anwesende überlebende Geisel sicherlich verstörend" gewesen. "Selbst die Pins mit der Aufschrift 'Bring Them Home' mussten abgegeben werden." Das Büro von Bundestagspräsidentin Bärbel Bas sei binnen 30 Minuten "nicht in der Lage" gewesen, die Situation aufzulösen oder den völlig überforderten Kräften an der Pforte auch nur eine Weisung zu erteilen.
"Abstimmungsbedarf des zuständigen Referates"
"Verzweifelte Hilferufe für eigene Verwandte in Todesgefahr sind keine politischen Botschaften, sondern Grundrechte", sagte Hardt weiter. "Und gerade Angehörige israelischer Geiseln sollten ihre Würde nicht an der Pforte des Deutschen Bundestags aufgeben müssen."
Eine Sprecherin des Bundestags erklärte gegenüber der "Bild"-Zeitung, es hätten sich "bei Eintreffen der Gruppe am Eingang im Hinblick auf die Zugangs- und Verhaltensregeln des Hauses Rückfragen und ein Abstimmungsbedarf innerhalb des zuständigen Referates" ergeben. "Eine inhaltliche Bewertung durch die Beschäftigten am Eingang oder der Sicherheitsstrecke hat nicht stattgefunden."
"Niemand wurde 'abgewiesen'", betonte die Sprecherin. "Die gesamte Gruppe ist anschließend in den Bundestag gekommen. Jedoch haben die Verzögerungen zu Irritationen geführt, die wir sehr bedauern." Der Termin mit CDU-Chef Merz musste laut "Bild" von 30 auf fünf Minuten gekürzt werden.
Quelle: ntv.de, mau/dpa