Politik

Grundmandatsklausel erklärt Hürde, die der Linken 36 Mandate schenkt

Laut dem Wahlrecht müssen auch die Positionen der Linkspartei im Bundestag repräsentiert werden.

Laut dem Wahlrecht müssen auch die Positionen der Linkspartei im Bundestag repräsentiert werden.

(Foto: picture alliance / CHROMORANGE)

Die Grundmandatsklausel ist so alt wie die Fünf-Prozent-Hürde, aber weit weniger bekannt. Bei der Bundestagswahl verschafft sie der Linkspartei 36 zusätzliche Mandate. Eine Regelung, die schon in der Vergangenheit für Ärger sorgte. Das Bundesverfassungsgericht verteidigt sie.

Bei der Bundestagswahl scheitert die Linke an der Fünf-Prozent-Hürde, erhält im 20. Bundestag aber trotzdem 39 Mandate. Wie kann das sein? Hintergrund ist die zweite, eher unbekannte Sperrklausel, die im deutschen Wahlrecht vorgesehen ist: die Grundmandatsklausel. Nur Parteien, die fünf Prozent der Zweitstimmen erringen oder drei der insgesamt 299 Wahlkreise gewinnen, dürfen anschließend mit ihren Landeslisten am Verfahren für die Sitzverteilung im Bundestag teilnehmen.

Das Ziel der beiden Sperrklauseln ist dasselbe: Sie sollen verhindern, dass Splitterparteien ins Parlament einziehen und die Gesetzgebung blockieren. Anders als die Fünf-Prozent-Hürde hat die Grundmandatsklausel aber bisweilen den gegenteiligen Effekt und verschafft kleinen Parteien im Parlament mehr Einfluss, als ihnen augenscheinlich zusteht.

Deutsche Partei als Vorreiter der PDS

Erstmals kam die Grundmandatsklausel bereits 1953 zum Einsatz. Damals erhielt die Deutsche Partei (DP) lediglich 3,3 Prozent der gültigen Zweitstimmen, zog aber dennoch mit insgesamt 15 Abgeordneten in den 2. Bundestag ein, weil ihre extrem nationalkonservativen Kandidaten 10 Wahlkreise gewonnen hatten.

Die Grundmandatsklausel macht 1994 die Wiederwahl von Helmut Kohl zur Zitterpartie.

Die Grundmandatsklausel macht 1994 die Wiederwahl von Helmut Kohl zur Zitterpartie.

(Foto: picture-alliance/ ZB)

Nur vier Jahre später profitierte die DP erneut: Bei der Wahl zum 3. Deutschen Bundestag gewann sie nur 3,4 Prozent der Zweitstimmen. Da sie aber zugleich sechs Direktmandate errang, durfte die noch bis 1980 auf Landesebene existierende Partei insgesamt 17 Abgeordnete in das Parlament entsenden.

Auch die Linke hat bereits von der Regelung profitiert. Noch als PDS kam sie 1994 auf nur 4,4 Prozent der gültigen Zweitstimmen. Da sie aber zusätzlich vier Direktmandate gewann, durfte sie dennoch mit ihren Landeslisten an der Sitzverteilung nach Zweitstimmen teilnehmen und erhielt auf diese Weise 26 weitere Mandate.

Verfassungsgericht lehnt Beschwerde ab

Unfair? Ja, befand zumindest ein Bundesbürger, der angesichts extrem knapper Mehrheitsverhältnisse und nun 30 PDS-Abgeordneten im 13. Bundestag mutmaßlich um die dritte Kanzlerschaft von Helmut Kohl bangte. Er legte vor dem Bundesverfassungsgericht Einspruch gegen das Wahlergebnis mit der Begründung ein, die Grundmandatsklausel "privilegiere die Splitterparteien". Dafür gebe es keinen Grund.

Die Verfassungsrichter sahen es in ihrem 1997 veröffentlichten Urteil anders: Sie wiesen die Beschwerde mit der Begründung ab, dass der Gesetzgeber den Willen des Volkes wirksam im Parlament integrieren muss. Dies kann demnach nicht nur über die Zweitstimmen passieren, sondern auch über alternative Zulassungsregeln. So drückt ein errungenes Direktmandat aus, dass die Bürger auch die politischen Anliegen der Partei billigen, die den Kandidaten nominiert hat. Sind es "in seltenen Ausnahmefällen" gleich mehrere Direktmandate, könne der Gesetzgeber in diesem Erfolg ein Indiz dafür sehen, "dass diese Partei besondere Anliegen aufgegriffen hat, die eine Repräsentanz im Parlament rechtfertigen".

Quelle: ntv.de, chr

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