Offener Machtkampf in Bagdad Irakischer Präsident nominiert Al-Abadi
11.08.2014, 15:30 Uhr
Nuri al-Malikis Anhänger sehen in ihm noch immer den legitimen Ministerpräsidenten des Iraks - doch Präsident Massum nominiert nun einen Konkurrenten für das Amt.
(Foto: dpa)
Nuri Al-Maliki würde gern Ministerpräsident des Iraks bleiben, doch kaum jemand nimmt ihn noch ernst. Erst lässt Präsident Massum ihn zappeln, nun nominiert er einen anderen Schiiten für das Amt. Der hält fast alle Trümpfe in seiner Hand.
Im Irak ist ein offener Machtkampf um das Amt des Ministerpräsidenten ausgebrochen. Präsident Fuad Massum beauftragte den schiitischen Politiker Haidar al-Abadi offiziell mit der Regierungsbildung, wie die Nachrichtenseite "Shafaaq News" berichtete. Damit geht der Staatschef auf Konfrontation zum schiitischen Regierungschef Nuri al-Maliki, der selbst für eine weitere Amtsperiode wiedergewählt werden will.
Die schiitischen Parteien im Parlament hatten Al-Abadi zuvor für das Amt nominiert. Al-Maliki hatte am Sonntagabend die Armee an strategisch wichtigen Punkten in Bagdad positioniert, um seinen Machtanspruch zu demonstrieren. In einer TV-Ansprache warf er Massum zugleich Verfassungsbruch vor. Al-Maliki wirft Masum Verfassungsbruch vor, da er ihn nicht binnen der vorgeschriebenen Frist mit der Bildung einer neuen Regierung beauftragt hatte.
"Das Land ist jetzt in Ihren Händen", sagte Masum bei einer kurzen Zeremonie in Bagdad, die im Fernsehen übertragen wurde, an Al-Abadi gerichtet. Die US-Regierung gratulierte dem Politiker. Der 1952 geborene Al-Abadi, der an der Universität Manchester promovierte, war bislang stellvertretender Parlamentspräsident.
Das Bundesgericht im Irak wies unterdessen einen Bericht des Staatssenders Irakija zurück, wonach es Al-Maliki im Streit mit dem Staatspräsidenten Recht gegeben habe. Die Richter hätten über eine Klage Al-Malikis bisher nicht entschieden, hieß es. Es habe lediglich eine frühere Entscheidung über das Prozedere zur Nominierung des Regierungschefs von 2010 veröffentlicht.
Kaum jemand ist noch für Al-Maliki
Die großen Parteien in Bagdad streiten sich seit Wochen darüber, wer nächster Regierungschef wird. Nach Sunniten und Kurden fordern auch immer mehr Schiiten den Rückzug von Al-Maliki aus dem Amt. Sie machen ihn für den Vormarsch der Terrorgruppe Islamischer Staat (IS) verantwortlich. Ohne die Unterstützung anderer schiitischer Gruppen sowie der Sunniten und der Kurden kann Al-Maliki keine Regierungsmehrheit zustande bringen.
Al-Malikis Rechtsstaats-Allianz hatte bei den Wahlen Ende April als stärkste Kraft abgeschnitten. Er braucht aber Koalitionspartner, um wiedergewählt zu werden. Der Schiit Al-Abadi ist ein Parteifreund des Ministerpräsidenten. Al-Malikis Rechtsstaats-Allianz lehnte seine Kandidatur hingegen jedoch ab. Al-Abadi repräsentiere das Parteienbündnis nicht, sagte die Abgeordnete Hanan al-Fatlawi in Bagdad. Seine Nominierung verstoße gegen das Gesetz.
Das Wahlergebnis spricht zwar für Al-Maliki, doch der neue Kandidat Al-Abadi hat entscheidende Trümpfe auf seiner Seite. Denn nicht nur im Parlament hat er die meisten Unterstützer. Auch westliche Staaten, darunter die USA, fordern einen Amtsverzicht Al-Malikis, der für die Spaltung des Iraks und damit für die Erfolge der Milizen der sunnitischen Gruppe Islamischer Staat mitverantwortlich gemacht wird. Der Schiit Maliki hat die Sunniten aus den Staatsgeschäften gedrängt. Auch das geistliche Oberhaupt der Schiiten im Irak, Großajatollah Ali al-Sistani, hat sich schon mehrfach indirekt gegen Maliki ausgesprochen.
Quelle: ntv.de, vpe/dpa/rts/AFP