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Ahmadinedschad abgelehnt Iran erlaubt 6 Präsidentschaftskandidaten - und lehnt 74 ab

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Die Iraner sollen am 2/8. Juni einen neuen Präsidenten wählen.

Die Iraner sollen am 2/8. Juni einen neuen Präsidenten wählen.

(Foto: picture alliance / Bildagentur-online)

Nach dem Tod von Präsident Raisi muss im Iran ein Nachfolger gewählt werden. Der mächtige Wächterrat hat nun eine Kandidatenliste genehmigt. Moderate und Reformer waren chancenlos. Der Übergangspräsident trat nicht an. Am Ende stehen wenig überraschend fast nur Hardliner auf dem Wahlzettel.

Im Iran hat der mächtige Wächterrat eine große Mehrheit der Kandidaten von der Präsidentschaftswahl ausgeschlossen. Damit gehen am 28. Juni insgesamt sechs Kandidaten ins Rennen, wie ein Sprecher der Wahlbehörde im Staatsfernsehen verkündete. Insgesamt 74 Iraner und 4 Iranerinnen hatten sich für die Wahl beworben.

Folgende Kandidaten sind nun zugelassen:

  • Said Dschalili, Hardliner und früherer Chefunterhändler bei den Atomverhandlungen. Der 58-Jährige gilt als aussichtsreicher Kandidat des ultrakonservativen Lagers. Aktuell gehört er dem Schlichtungsrat an, einem von Religionsführer Ali Chamenei berufenen Gremium.
  • Mohammed Bagher Ghalibaf, amtierender Parlamentspräsident und früherer General der einflussreichen Revolutionsgarden. Der 62 Jahre alte Ghalibaf hatte bereits in der Vergangenheit zweimal erfolglos bei einer Präsidentschaftswahl kandidiert.
  • Amirhussein Ghasisadeh Haschemi, Hardliner und Vorsitzender der Stiftung für Märtyrer und Veteranen. Er ist 53.
  • Massud Peseschkian, moderater Kandidat und früherer Gesundheitsminister (2001-2005) unter der Präsidentschaft von Mohammed Chamati. Der 69-Jährige ist bekannt für seine offenen Worte. So hatte er mangelnde Transparenz der Behörden im Fall Mahsa Amini angeprangert.
  • Mostafa Purmohammadi, islamischer Gelehrter, früherer Innen- und Justizminister. In seiner Rolle als Vize-Geheimdienstminister soll der inzwischen 64-Jährige bei den Massenhinrichtungen in den 1980er-Jahren eine Rolle gespielt haben.
  • Aliresa Sakani, Hardliner und amtierender Bürgermeister von Teheran. Er ist 58.

Abgelehnt wurden unter anderem der umstrittene Ex-Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Ihm waren schon 2017 und 2021 erneuten Kandidaturen bei der Präsidentschaftswahl verwehrt worden. Von 2005 bis 2013 war Ahmadinedschad zwei Amtszeiten lang Präsident. Auch der konservative Ex-Parlamentspräsident Ali Laridschani, der als Geheimfavorit galt, wurde ausgesiebt. Zudem fiel Wahid Haghanian, ein mit US-Sanktionen belegter früherer Kommandeur der Revolutionsgarden, durch. Das Nachsehen hatten ferner vor allem moderate Politiker und Bewerber aus dem Reformlager. Irans Interimspräsident, Mohammed Mochber, wurde ebenfalls als aussichtsreicher Kandidat gehandelt, registrierte sich aber gar nicht erst für die Wahl.

Vor der vorherigen Parlamentswahl im Jahr 2021 hatte der Wächterrat sieben Kandidaten zugelassen und ebenfalls zahlreiche moderate Politiker und Reformer ausgeschlossen. Letztlich gewann der ultrakonservative Geistliche Raisi den Urnengang. Die Wahlbeteiligung erreichte damals mit 48,8 Prozent den niedrigsten Stand seit Gründung der Islamischen Republik Iran im Jahr 1979.

Wächterrat kontrolliert die Politik

Die Neuwahl folgt auf den Tod von Präsident Ebrahim Raisi, der am 19. Mai bei einem Hubschrauberabsturz ums Leben kam. Im Iran ist der Präsident anders als vielen anderen Ländern nicht das Staatsoberhaupt, sondern Regierungschef. Die eigentliche Macht konzentriert sich auf den Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei. Der 85-Jährige übt auch entscheidenden Einfluss auf den Wächterrat aus. In der Folge können die Bürger nur aus einem Kreis systemtreuer Kandidaten wählen.

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Dem sogenannten Wächterrat gehören zwölf islamische Geistliche und Juristen an, die jeweils zur Hälfte vom Parlament gewählt und von Chamenei ernannt werden. Der Rat entscheidet über die Verfassungskonformität von Gesetzen und auch über die Qualifikation von Kandidaten bei den Wahlen. Wegen seiner herausragenden Rolle im politischen System wurde der Rat in der Vergangenheit als undemokratisches Gremium kritisiert. Der 97 Jahre alte Ajatollah Ahmad Dschannati ist Vorsitzender des Rats.

Viele Menschen im Iran sind angesichts politischer Repression, einer Wirtschaftskrise und der gescheiterten Reformversuche in den vergangenen Jahrzehnten desillusioniert. Sie haben den Glauben an große innenpolitische Veränderungen verloren. Im Herbst 2022 entfachten sich nach dem Tod der jungen Kurdin Jina Masa Amini landesweite Proteste gegen das islamische Herrschaftssystem. Die Wahlbeteiligung bei der diesjährigen Parlamentswahl erreichte ein Rekordtief von rund 40 Prozent.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa/AFP

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