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Westen ruft zu Zurückhaltung auf Israel warnte Iran vorab - und drohte mit schwerer Attacke

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Kurz vor der Präsidentenwahl am 5. November hoffen die USA, dass der israelische Vergeltungsschlag der Schlusspunkt in der Eskalation sein wird.

Kurz vor der Präsidentenwahl am 5. November hoffen die USA, dass der israelische Vergeltungsschlag der Schlusspunkt in der Eskalation sein wird.

(Foto: picture alliance/dpa/AP)

Kaum Opfer, nur geringe Schäden. Die Führung in Teheran spielt die Konsequenzen des israelischen Vergeltungsschlags herunter. Die Region fürchtet trotzdem eine Eskalation. Experten gehen derweil nicht davon aus, dass der Konflikt aus dem Ruder laufen wird.

Die USA haben den Iran gewarnt, auf den israelischen Vergeltungsschlag militärisch zu antworten. Die iranische Führung in Teheran gibt sich derweil zurückhaltend: Zwei Soldaten seien getötet worden, die Schäden nach den israelischen Schlägen gering, hieß es. Dennoch fürchtet die Region eine Eskalation. Bundeskanzler Olaf Scholz rief Teheran zur Zurückhaltung auf. Frankreich und Großbritannien rufen beide Seiten zur Mäßigung auf. Der israelische Angriff war die Antwort auf den Beschuss mit rund 200 ballistischen Raketen am 1. Oktober durch die Revolutionsgarden, Irans Elitestreitmacht.

Militärexperten schätzen nach Informationen des Fernsehsenders Al-Arabija den israelischen Angriff als wohl kalkuliert ein. Israel habe seine Fähigkeiten demonstrieren wollen, ohne die Lage im Nahen Osten weiter zu destabilisieren. Der Sender hat seinen Sitz in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Auch israelische Experten verwiesen darauf, dass der Konflikt eher nicht aus dem Ruder laufen werde. Die "Jerusalem Post" schrieb beispielsweise: "Das Tabu für direkte Angriffe gibt es nicht mehr, beide Länder glauben, den Konflikt handhaben zu können."

Miri Eisin, frühere israelische Regierungssprecherin, sagte CNN, der Angriff habe die Überlegenheit Israels, seine militärischen und geheimdienstlichen Fähigkeiten demonstriert. Der Armeesprecher habe Beginn und Ende offiziell kommuniziert. Man hätte das auch als verdeckten Einsatz machen können. Die Website Axios berichtete, Israel habe den Iran vor dem Angriff vor einer Antwort darauf gewarnt. Für den Fall eines Gegenschlags sei über Mittelsleute eine schwerere Attacke angedroht worden, insbesondere wenn es dabei Opfer in der israelischen Bevölkerung geben sollte, schrieb Axios unter Berufung auf anonyme Quellen.

Scholz ruft Iran zur Zurückhaltung auf

Kurz vor der Präsidentenwahl am 5. November hoffen die USA, dass der israelische Vergeltungsschlag der Schlusspunkt in der Eskalation sein wird. Ein ranghoher Regierungsbeamter in Washington verwies darauf, dass Israel der US-Empfehlung gefolgt sei, die Attacke auf militärische Ziele zu begrenzen und Opfer in der Bevölkerung zu vermeiden. Präsident Joe Biden und sein Team hätten Israel zu einer angemessenen Antwort auf den iranischen Raketenangriff vom 1. Oktober ermutigt, sagte der Regierungsbeamte dem "Wall Street Journal". Die USA hatten Israel aufgefordert, keine Atomanlagen oder Ölfelder im Iran anzugreifen.

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin sprach in einem Telefonat mit seinem israelischen Kollegen Joav Galant über das "eiserne Bekenntnis" zu Israels Sicherheit. Austin betonte, die USA hätten ihre Streitkräfte verstärkt, um das US-Personal, Israel und die Partner in der Region angesichts der Bedrohung durch den Iran und die vom Iran unterstützten Terrororganisationen zu schützen. Laut US-Medien waren die amerikanischen Streitkräfte in der Region nicht an dem Angriff beteiligt.

Bundeskanzler Olaf Scholz rief den Iran derweil zur Zurückhaltung auf. "Das sollte jetzt nicht immer weitergehen, indem jetzt massive eskalatorische Reaktionen stattfinden, sondern es muss jetzt einmal zu Ende kommen, damit eine Möglichkeit für eine friedliche Entwicklung im Nahen Osten eröffnet wird", sagte der SPD-Politiker im indischen Goa.

Auch Vizekanzler Robert Habeck hoffte auf eine Beruhigung der Situation. "Die Lage im Nahen Osten ist natürlich sehr, sehr angespannt, aber der Schlag von Israel gegen den Iran war präzise", sagte der Grünen-Politiker in der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. "Und jetzt hoffe ich, dass die Situation sich beruhigt. Ich fordere auch alle auf, dass sie die Situation deeskalieren. Es muss jetzt wieder Richtung Frieden gehen."

Iranische Medien meldeten nach dem israelischen Schlag "begrenzte Schäden" an Militärstützpunkten im Land. Sie berichteten von Explosionen im Raum der Hauptstadt Teheran, in der 15 bis 20 Millionen Menschen leben. Am frühen Morgen waren auch Explosionen im Stadtzentrum zu hören und Feuer der Luftabwehr zu sehen. Bei dem israelischen Angriff starben zwei Soldaten, wie die Agentur Tasnim unter Berufung auf eine Mitteilung der Armee meldete. "Es besteht kein Zweifel daran, dass Israel auf jede Aktion eine angemessene Antwort erhalten wird", zitierte Tasnim eine Quelle. Tasnim ist das Sprachrohr der Revolutionsgarden.

Vergeltungsschlag kurz vor dem Angriff autorisiert

Das Militär arbeitet laut einem Medienbericht an mehreren Angriffsszenarien. Die Islamische Republik könnte bis zu 1000 ballistische Raketen auf den erklärten Erzfeind abfeuern, die Angriffe verbündeter Milizen in der Region noch ausweiten und den Schiffsverkehr im Persischen Golf und der Straße von Hormus stören. Andererseits könnte die Führung in Teheran nach Angriff und Gegenangriff auch einen vorläufigen Schlussstrich ziehen.

Man führe "als Reaktion auf die seit Monaten andauernden Angriffe des iranischen Regimes" auf Israel präzise Angriffe auf militärische Ziele im Iran durch, teilte das israelische Militär zu Beginn der Operation "Tage der Umkehr" mit. Nach etwa fünf Stunden mehrerer Angriffswellen erklärte die Armee den Einsatz für beendet. Die "Mission" sei erfüllt. Israels Luftangriff erfolgte in mehreren Wellen über eine Distanz von etwa 1500 Kilometern.

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Israels Kabinett hatte den Vergeltungsschlag örtlichen Medienberichten zufolge kurz vor dem Angriff autorisiert. Eine entsprechende Telefonkonferenz mit Regierungschef Benjamin Netanjahu und Verteidigungsminister Joav Galant habe am Freitagabend stattgefunden, berichtete die Zeitung "Haaretz".

Am 1. Oktober hatten die iranischen Revolutionsgarden mit ihrem Raketenangriff Vergeltung für eine Reihe gezielter Tötungen durch Israel gesucht, die sich gegen Akteure in Irans Netzwerk wie der libanesischen Hisbollah-Miliz und der islamistischen Hamas richteten. Israel hatte daraufhin Vergeltung angekündigt. Der Angriff begann während des jüdischen Ruhetags Sabbat. Die hohen jüdischen Feiertage waren am Donnerstagabend zu Ende gegangen.

Quelle: ntv.de, jki/dpa

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