Aufarbeitung von Skandal-Video Kurz schlägt Entlassung von Innenminister Kickl vor
20.05.2019, 18:36 Uhr
Bundeskanzler Kurz sieht bei Innenminister Kickl (l.) kein "Bewusstsein für die Dimension der Sache".
(Foto: imago)
Die Regierungskrise in Österreich zieht weitere Kreise: Bundeskanzler Kurz schlägt die Entlassung von Innenminister Kickl vor. Er sieht nicht die notwendige Sensibilität im Umgang mit den Vorwürfen gegen Ex-Vizekanzler Strache. Die SPÖ fordert gar den kompletten Rücktritt der Regierung.
Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz will sich von seinem umstrittenen Innenminister Herbert Kickl von der FPÖ trennen. Er werde dem Bundespräsidenten die Entlassung vorschlagen, sagte der 32-jährige ÖVP-Politiker in Wien. Nach dem Skandal-Video von Ibiza brauche es nun "vollständige Transparenz" und "lückenlose Aufklärung".
In Gesprächen mit Kickl habe er nicht wirklich das Gefühl gehabt, dass es ein "Bewusstsein für die Dimension der Sache" und dass es "nicht die notwendige Sensibilität im Umgang mit den Vorwürfen" gebe, so Kurz. Weil Kickl seinen Rücktritt nicht selbst eingereicht habe, werde er nun die Entlassung von Kickl bei Bundespräsident Alexander Van der Bellen vorschlagen. Offiziell kann in Österreich nur der Bundespräsident einen Minister entlassen.
Die FPÖ hatte damit gedroht, dass im Fall einer Entlassung Kickls alle weiteren FPÖ-Minister zurücktreten würden. Sollte dieser Fall tatsächlich eintreten, sollen Kurz zufolge Experten und Spitzenbeamte die frei gewordenen Posten übernehmen, bis es zu Neuwahlen komme. So sollten Stabilität und die Handlungsfähigkeit der Regierung sichergestellt werden. Die Neuwahlen sind für September angesetzt. Die Sozialdemokraten gehen noch weiter: Sie möchten die komplette Regierung gegen Experten ausgetauscht sehen. Nur ein solcher Schritt wäre eine "gute und tragfähige Lösung", sagte SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner nach einem Gespräch mit Van der Bellen.
"Sehr ernste Situation für die Republik"
Kurz sprach von einer "relativ schwerwiegenden Entscheidung", die er habe treffen müssen. "Wir sind in einer sehr ernsten Situation für die Republik im Moment", so der Kanzler. Auch wenn es nicht sein Wunsch gewesen sei, sei es eine "Notwendigkeit" gewesen, Neuwahlen anzuberaumen.
In einem Interview mit dem "Kurier" hatte Kurz bereits verdeutlicht, dass Kickl aus seiner Sicht als Innenminister nicht gegen sich selbst ermitteln könne. Kickl war FPÖ-Generalsekretär, als das Skandalvideo im Juli 2017 auf Ibiza entstand, das bereits zum Rücktritt von Vizekanzler Heinz-Christian Strache und zum Bruch der ÖVP/FPÖ-Koalition geführt hat.
Die Regierungskrise wurde am Freitag durch das von "Spiegel" und "Süddeutscher Zeitung" veröffentlichte Video ausgelöst. Darin werden möglicherweise illegale Parteispenden an die FPÖ thematisiert. Zudem stellt Strache einer angeblichen russischen Oligarchen-Nichte bei dem Treffen öffentliche Aufträge in Aussicht, sollte sie der FPÖ zum Erfolg bei den Nationalratswahlen 2017 verhelfen.
Quelle: ntv.de, ftü/dpa