Politik

Regierungschef Diab warnt Libanon steht vor einer "sozialen Explosion"

Diab: "Ich rufe dazu auf, das libanesische Volk nicht für die Vergehen der Korrupten bezahlen zu lassen."

Diab: "Ich rufe dazu auf, das libanesische Volk nicht für die Vergehen der Korrupten bezahlen zu lassen."

(Foto: picture alliance/dpa)

Es ist ein emotionaler Apell: Hassan Diab, der Übergangsregierungschef des Libanon, bittet die internationale Gemeinschaft um Hilfe. Und die hat das Land auch bitter nötig. Der Libanon durchlebt eine der schlimmsten Finanzkrisen seit Mitte des 19. Jahrhunderts.

Angesichts der verheerenden Krise im Libanon hat der Übergangsregierungschef Hassan Diab die internationale Gemeinschaft eindringlich zur Rettung seines Landes aufgerufen. Der Libanon sei nur "ein paar Tage von einer sozialen Explosion entfernt", warnte er die anwesenden Diplomaten in seiner Rede in Beirut. Deshalb fordere er alle ausländischen Geldgeber auf, vor der Freigabe von Finanzhilfen nicht länger auf der Bildung einer funktionsfähigen Regierung zu bestehen.

Sein Land gehe derzeit durch einen "sehr dunklen Tunnel", das Leiden habe das Niveau einer "Tragödie" erreicht, sagte Diab. Das Land nicht sofort zu unterstützen, gefährde des "Leben der Libanesen und die Einheit des Libanon". Nicht die "Korrupten" zahlten den Preis, sondern das Volk, sagte Diab weiter und fügte hinzu: "Retten Sie den Libanon, bevor es zu spät ist."

Der Libanon wird seit Herbst 2019 von einer Wirtschafts- und Finanzkrise erschüttert, die laut Weltbank wahrscheinlich zu den schlimmsten Krisen der Welt seit Mitte des 19. Jahrhunderts zählt. Der Zusammenbruch der Wirtschaft hat im Libanon Wut auf die politische Klasse ausgelöst, die von den Menschen als extrem korrupt und unfähig angesehen wird - die Politik wird seit Jahrzehnten von denselben Familien und Persönlichkeiten dominiert, Empörung und Proteste änderten nichts daran.

Nach der Explosionskatastrophe im Hafen von Beirut im vergangenen August waren Diab und seine Regierung zurückgetreten. Der designierte Ministerpräsident Saad Hariri konnte seitdem kein Kabinett aufstellen. Eine Regierung wäre jedoch nötig, um von der internationalen Gemeinschaft geforderte Reformen einzuleiten und so die in Aussicht gestellte finanzielle Hilfen freizugeben.

Die Lage spitzt sich zu

Inzwischen hat sich die Situation weiter verschärft und das Land steht kurz vor einem Staatsbankrott: Das libanesische Pfund, das in den vergangenen dreißig Jahren an den Dollarkurs gekoppelt war, hat ungefähr 90 Prozent seines Wertes verloren. Massenentlassungen und zunehmende Armut machen den Libanesen zu schaffen.

Importierte Medikamente in den Apotheken werden knapp, die Bevölkerung muss jeden Tag mehrere Stunden ohne Strom auskommen. Vor den Tankstellen bilden sich lange Schlangen. Durch die Benzinknappheit kann sich die Bevölkerung kaum bis gar nicht durch das Land bewegen. Schüler kommen nicht mehr in die Schulen und können aufgrund des mangelnden Stroms auch nicht am Distanzunterricht teilnehmen.

Ausländische Geldgeber hatten dem libanesischen Volk auf zwei internationalen Konferenzen zwar Millionen von Dollar an Hilfe zugesagt. Diese finanzielle Unterstützung blieb bislang aber aus.

Quelle: ntv.de, sso/AFP

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