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"Alles lässt sich ändern" Liberale legen "FDP pur"-Wahlprogramm vor

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Marco Buschmann stellt in Berlin das Programm für die "Wirtschaftswende" vor.

Marco Buschmann stellt in Berlin das Programm für die "Wirtschaftswende" vor.

(Foto: picture alliance/dpa)

Nach drei Jahren der Kompromisse in der Ampel-Regierung legt die FDP ein Wahlprogramm vor, das liberale Vorstellungen in Reinform abbildet. Ein schlanker Staat, deutliche Steuersenkungen und Investitionen bei Bildung und Verteidigung gehören zu den Kernthemen. Auch wo gespart werden soll, verrät das Papier.

Nach dem Ausscheiden aus der Ampel-Koalition setzen die Liberalen auf "FDP pur": Forderungen nach finanziellen Entlastungen, einem Rückbau des Staats und einer Stärkung von Eigenverantwortung prägen den Entwurf des Wahlprogramms für die Bundestagswahl. Allein das Wort "Steuern" und verwandte Begriffe tauchen 52 Mal in dem Programm auf, das die FDP-Gremien beschlossen. Das 48-seitige Programm trägt den Titel "Alles lässt sich ändern", erläuterte der designierte Generalsekretär Marco Buschmann. Die wichtigsten Punkte im Überblick.

Steuern

In der Einkommensteuer will die FDP den Grundfreibetrag um mindestens 1000 Euro anheben. Dies solle sicherstellen, dass sich Arbeit stärker lohne, als Sozialleistungen zu beziehen. "Um zusätzliche Arbeitsanreize zu schaffen, wollen wir Zuschläge für Überstunden bei Vollzeitarbeit von der Lohnsteuer befreien." Der Spitzensteuersatz soll nicht schon ab einem Jahreseinkommen von gut 68.000 Euro greifen, sondern erst ab 96.600 Euro. Eine Vermögensteuer wird abgelehnt. In der Gastronomie soll einheitlich ein reduzierter Mehrwertsteuersatz für Speisen von sieben Prozent gelten.

Unternehmenssteuern

Die international hohe Unternehmenssteuerbelastung soll von derzeit etwa 30 auf unter 25 Prozent reduziert werden. Dafür soll der Solidaritätszuschlag vollständig abgeschafft werden, den derzeit nur noch reichere Bevölkerungsschichten zahlen. "Denn er hat sich mittlerweile zu einer Strafsteuer für den Mittelstand entwickelt." Die Abschreibungsmöglichkeiten für Unternehmen sollen spürbar verbessert, der Solidaritätszuschlag gänzlich abgeschafft werden. Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie will die FDP auf 7 Prozent senken.

Staatsfinanzen

Die FDP macht sich anders als SPD und Grüne für die Einhaltung der im Grundgesetz verankerten Schuldenbremse stark. Außerdem lehnt die Partei jede Verschuldungskompetenz der Europäischen Union ab. Der Corona-Wiederaufbaufonds müsse eine einmalige Ausnahme bleiben. In Deutschland will die FDP Subventionen zurückfahren und Staatsbeteiligungen veräußern. "Denn die vielen Milliarden Euro staatlicher Gelder an einzelne Branchen und Unternehmen sind zum Beispiel in der Bildung langfristig besser investiert."

Bildung

Die FDP will einen Bildungsföderalismus "auf der Höhe der Zeit" und deshalb die Kultusministerkonferenz als Entscheidungsgremium abschaffen und durch einen Bildungsrat bestehend auch aus Wissenschaftlern ersetzen. Die Liberalen wollen "einheitlich bundesweite Qualitätsstandards" und einheitliche Abschlussprüfungen in Form eines "Deutschland-Abiturs". Zudem sollen die Schulfächer Wirtschaft und Informatik bundesweit eingeführt werden.

Bürokratie

Geplant ist hier ein dreijähriges Moratorium. "In dieser Zeit dürfen keine neuen Regularien beschlossen werden, die für Unternehmen zu neuen bürokratischen Belastungen führen, es sei denn, sie sind vorher in gleichem Umfang abgebaut worden." Es sollte zudem jedes Jahr ein Bürokratieentlastungsgesetz geben, um überflüssige Regelungen abzuschaffen. Die Bürokratiekosten für Betriebe sollen um mindestens sechs Milliarden Euro pro Legislaturperiode reduziert werden.

Arbeit

Die FDP lehnt eine gesetzliche Regelung für eine Vier-Tage-Woche mit vollem Lohnausgleich ab. Außerdem ist sie gegen politische Eingriffe in die Arbeit der Mindestlohnkommission. Das Bürgergeld soll grundlegend reformiert werden. "Bei fehlender Initiative sollen die Sozialleistungen Stück für Stück reduziert werden." Totalverweigerer sollen "Arbeitsgelegenheiten" zugeführt werden.

Billigtarif für die Arbeitslosenversicherung

Menschen mit sicherem Job sollen ihren Beitrag zur Solidargemeinschaft der Versicherten schmälern können: Versicherte würde die Möglichkeit bekommen, sich für geringere Beitragszahlungen und - in der Folge - einen geringeren Anspruch auf Arbeitslosengeld zu entscheiden. Der dadurch verringerte Arbeitgeberbeitrag soll netto ausgezahlt werden.

Klimapolitik

Die FDP positioniert sich gegen das bisherige Ziel der Bundesregierung, Deutschland bis 2045 klimaneutral zu machen. Stattdessen sollte man sich am EU-Ziel 2050 orientieren. Das Verbrenner-Verbot ab 2035 bei Neuzulassungen soll aufgehoben werden. Den Flugverkehr will die Partei fördern - durch eine Streichung der Luftverkehrssteuer. Generell will die FDP einen einheitlichen europäischen Emissionshandel als Leitinstrument der Klimapolitik etablieren. Nationale Sonderziele hätten "keinerlei zusätzlichen Nutzen für den Klimaschutz".

Wohneigentum

Die FDP will, dass mehr Menschen in ihrer eigenen Immobilie wohnen. "Mit einem Grunderwerbsteuer-Freibetrag von 500.000 Euro für die erste selbst genutzte Immobilie von natürlichen Personen erleichtern wir den Zugang zu Eigentum." Die Spekulationssteuer beim Verkauf selbstgenutzter Immobilien soll wegfallen.

Migration

Die FDP will Einwanderung in den Arbeitsmarkt, nicht in die sozialen Sicherungssysteme, eine "geordnete Migration nach klaren Regeln". Wer die Voraussetzungen für einen Aufenthalt in Deutschland nicht erfülle, solle nicht dauerhaft nach Deutschland einreisen können. "Wer ohne Bleiberecht hier ist, der muss unverzüglich in seine Heimat zurückkehren", heißt es im Programm. Die FDP wolle einer humanitären Verantwortung gerecht werden, "sie aber auch an unseren realen Möglichkeiten ausrichten". Und: "Nur durch nachhaltige Integration lässt sich zudem die gesellschaftliche Akzeptanz für Einwanderung erhalten." Abschiebungen sollten im Übrigen auf der Bundesebene zentralisiert werden und nicht mehr in der Verantwortung der Länder liegen.

Verteidigung/Ukraine

"Die Ukraine muss in die Lage versetzt werden, sich jederzeit gegen russische Angriffe verteidigen zu können. Dazu zählt für uns auch die Verteidigung gegen Abschussbasen und Nachschublinien auf russischer Seite mit weitreichenden Waffen. Daher fordern wir die unverzügliche Lieferung des Marschflugkörpers Taurus." Zudem bekennen sich die Liberalen zum NATO-Ziel, mindestens zwei Prozent der Wirtschaftsleistung in die Verteidigung zu investieren. Und: "Wenn die NATO höhere Ziele vereinbart, werden wir auch diese erfüllen und noch mehr in unsere Sicherheit investieren."

Finanzierung

Finanzieren will die FDP ihre Vorstellungen unter anderem durch Einschnitte beim Bürgergeld und durch die finanzielle Schlechterstellung ukrainischer Flüchtlinge. Das bringe eine Entlastung für den Haushalt von etwa zehn Milliarden Euro. Mehreinnahmen für die Staatskasse in Höhe von vier bis fünf Milliarden Euro versprechen sich die Freien Demokraten durch einen "wirklich flexiblen Renteneintritt". Sie gehen davon aus, dass viele Menschen freiwillig gern länger arbeiten und damit für mehr Produktivität sorgen würden. Beim Klima- und Transformationsfonds (KTF) sieht die FDP sogar ein Einsparpotenzial von über 25 Milliarden Euro.

Quelle: ntv.de, mau/rts/dpa/AFP

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