CDU und CSU vor Wahl Merz und Söder stellen Programm vor und sind sich einig - wirklich!


Merz und Söder taten am Dienstag das, was man "Geschlossenheit demonstrieren" nennt.
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Mit welchem Programm CDU und CSU in den Wahlkampf ziehen wollen, ist schon seit Tagen bekannt. Mit ihren Plänen zu Wirtschaft, Migration, Innerer Sicherheit und Ukraine wollen sich Merz und Söder von den anderen Parteien abheben. Zu ihrer aktuellen Gretchenfrage - wie hältst du es mit den Grünen - äußern sie sich auch.
Wenn Friedrich Merz und Markus Söder gemeinsam auf einem Podium stehen, liegt immer eine gewisse Spannung in der Luft. Vielleicht gerade weil sich der CDU- und der CSU-Chef dann betont harmonisch zeigen. Zum Beispiel an diesem Vormittag, an dem sie im schmucken ehemaligen Berliner Telegraphenamt nahe der Museumsinsel das gemeinsame Wahlprogramm vorstellten.
"Lieber Markus", sagte Merz, "wir haben das gemeinsam erarbeitet mit unseren beiden Parteien. Das zeigt Ihnen, dass die Union zu neuer Geschlossenheit gefunden hat." Söder betonte, die aktuelle CDU sei nicht mehr die "Groko-CDU". Gemeinsam sei die Union die "helle Seite der Macht". An diesem Punkt musste auch Merz schmunzeln. Dabei hatte ihm Söder nicht immer Freude bereitet. Neulich erst schloss er wieder kategorisch eine Koalition mit den Grünen aus. Obwohl Merz sich diese Tür zumindest einen Spaltbreit offenhalten will, um sich nicht ganz der SPD auszuliefern.
Immerhin, aus Söders Sicht, baut das Wahlprogramm keine Brücken in Richtung Robert Habeck oder Annalena Baerbock. Entwürfe kursieren schon seit dem Wochenende und so enthüllen die beiden Parteichefs keine Neuheiten. Überambitioniert wirkt es auch nicht. Das ist aber gewollt: CDU-Politiker betonen nun oft, sie wollten nichts versprechen, was sie nicht auch einhalten könnten. Im Wahlprogramm sollen Dinge stehen, die man schnell umsetzen könne. Zum Beispiel:
Wirtschaft und Bürgergeld: Überstundenzuschläge sollen steuerfrei werden und beim Bürgergeld soll der Vermittlungsvorrang wieder gelten. Das bedeute: Strengere Regeln bei der Zumutbarkeit von angebotenen Jobs. Die Unternehmenssteuern sollen auf 25 Prozent sinken. Da wird es aber schon kompliziert. Denn dabei geht es nicht um eine einzelne Steuer, sondern gleich ein ganzes Bündel davon: die Körperschafts-, Einkommen-, Gewerbe- sowie Umsatzsteuer. Der Bund ist gar nicht für alle zuständig - mal eben schnell geht da jedenfalls wenig.
Migration: Die Union will Migranten an den Grenzen zurückweisen, die einen Asylantrag auch in einem anderen Land stellen könnten. Das ist nach den Dublin-Regeln in allen deutschen Nachbarländern der Fall. Dafür müsste Deutschland eine Notlage ausrufen. Rechtlich gibt es da einige Unwägbarkeiten. CDU und CSU wollen das Signal senden: Die Willkommenskultur ist endgültig Geschichte. "Express-Einbürgerungen" der Ampel will die Union rückgängig machen. Teil des neuen Staatsbürgerschaftsrechts ist aber auch eine Bedingung, die ihr gefallen dürfte. Den deutschen Pass bekommt nur noch, wer Arbeit hat.
Innere Sicherheit: Die Cannabis-Legalisierung will die Union zurücknehmen. Gewalttäter gegen Frauen sollen eine elektronische Fußfessel bekommen. Kameras sollen Brennpunkte überwachen und IP-Adressen von Computern sollen für eine Mindestdauer gespeichert werden müssen. Das ist eine langjährige Forderung der Union - und von Ermittlern. Das soll beispielsweise im Kampf gegen Kinderpornografie helfen. Die FDP wäre dagegen. Sie macht Datenschutzgründe geltend.
Ukraine: Zum Ukraine-Krieg steht relativ wenig im Programm. Das Bekenntnis zur Hilfe für das von Russland angegriffene Land ist aber eindeutig. Waffenlieferungen soll es weiter geben. Der Marschflugkörper Taurus wird gar nicht erwähnt. Zudem soll es eine Kontaktgruppe mit anderen europäischen Ländern geben. Und der Bundeswehretat soll mindestens bei zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts liegen. Bei der Vorstellung des Programms sagte Söder allerdings, es solle sogar in Richtung drei Prozent gehen.
Bürokratieabbau wurde schon oft versprochen
Mit diesem Programm verspricht die Union nicht das Blaue vom Himmel. Ob wirklich aber alles schnell umsetzbar ist, kann man hinterfragen. Bei den Themen Digitalisierung und Bürokratieabbau hören die Menschen in Deutschland jedenfalls seit Jahren vollmundige Ankündigungen. Trotzdem ist es schwer und kompliziert, ein Auto online in einer neuen Stadt anzumelden. Wenn es denn überhaupt geht. Am Bürokratieabbau haben sich schon viele die Zähne ausgebissen. Einfach einen Schalter umlegen und dann läuft es, so einfach wird es kaum werden.
So ein Programm kostet natürlich etwas. Zuletzt kursierte die Zahl von 100 Milliarden Euro, die die CDU aber zurückwies. Merz sagte nun, die bestehende Schuldenbremse erlaube derzeit die Neuaufnahme von 50 Milliarden Euro für dieses und das nächste Jahr. Da gebe es noch Spielräume, sagte er. Auch bei Bürgergeld und den Ausgaben für Migration lasse sich sparen. Das würde dann gelingen, wenn tatsächlich mehr Bürgergeldempfänger arbeiten und mehr Zugewanderte Deutschland wieder verlassen. Oder mehr von ihnen arbeiten gingen. Ob das alles so kommt, ist natürlich keineswegs sicher. Auch privates Kapital müsse genutzt werden. Zur Schuldenbremse äußerte Merz sich jetzt nicht.
Die nächste Frage ist: Mit wem wollen CDU und CSU das eigentlich umsetzen? Nach dem Schrei-Duell im Bundestag am Montag stellt sich die Frage noch dringlicher. Merz kanzelte SPD und Grüne, insbesondere Scholz und Wirtschaftsminister Robert Habeck so deutlich ab, dass da im normalen Leben kein Gras mehr wachsen würde. Koalitionsdebatten lehnten Söder und Merz an diesem Vormittag aber beide ab. Sie sagten das, was sie immer sagen: Jetzt wird erstmal für ein starkes Ergebnis von CDU und CSU gekämpft.
Wahrscheinlich ist ein Bündnis mit SPD oder Grünen - weil es jeweils rechnerisch möglich wäre. Nicht ausgeschlossen ist eine Koalition mit der FDP. Doch dafür müsste es richtig, richtig gut laufen für die Liberalen. Die Gretchen-Frage zwischen CDU und CSU ist gerade aber ohnehin: Wie hältst du es mit Schwarz-Grün? Merz hat eine geschickte Formulierung gefunden: "Mit diesen Grünen" gebe es keine Koalition, sagt er gern. Das lässt Spielraum. Die Grünen könnten sich ja ändern. Söder sagt mal genau das, zum Beispiel im "Stern"-Interview, mal aber auch ganz absolut: Mit den Grünen koalieren wir nicht, Ende, Aus. Aber nicht an diesem Vormittag. Merz belässt es an diesem Vormittag wieder bei seiner "Mit diesen Grünen nicht"-Formulierung. Söder schloss sich an. Dieses Mal.
Quelle: ntv.de