Regierungs- und Finanzchaos London nimmt Steuererleichterungen zurück
17.10.2022, 13:47 Uhr
Finanzminister Jeremy Hunt nimmt gleich alle Steuererleichterungen zurück.
(Foto: AP)
Fast alles auf Anfang in London: Wenige Wochen nach der Vorstellung der Regierungsvorhaben zur Krisenbewältigung ist davon nicht mehr viel übrig. Finanzminister Hunt verkürzt nun auch die Dauer der Energiepreisbremse und lässt weitere Steuererleichterungen fallen.
Die britische Regierung von Premierministerin Liz Truss zieht den Großteil ihrer kürzlich angekündigten Steuererleichterungen zurück, um des Finanzchaos im Land Herr zu werden. Außerdem soll die Laufzeit des staatlichen Energiepreisdeckels verkürzt werden, wie der neue Finanzminister Jeremy Hunt in einer kurzfristig anberaumten Erklärung zum Haushalt des Landes ankündigte.
"Das wichtigste Ziel für unser Land ist jetzt Stabilität", so der Schatzkanzler. Der staatliche Energiepreisdeckel war für eine Dauer von zwei Jahren vorgesehen. Nun soll er vorerst auf die Dauer von sechs Monaten begrenzt werden. Die konservative Regierung hatte zudem Ende September angekündigt, den Basis-Satz bei der Einkommensteuer von 20 auf 19 Prozent zu senken, eine zuvor geplante Erhöhung der Unternehmenssteuer zu kassieren und weitere Steuererleichterungen zu gewähren. Das alles wird nun fallengelassen. Hunt kündigte zudem Steueränderungen an, mit denen der Staat zusätzlich 32 Milliarden Pfund (37 Milliarden Euro) pro Jahr einnehmen soll.
Britisches Pfund auf Talfahrt
Hintergrund für die 180-Grad-Wende ist, dass die Finanzmärkte nach der Ankündigung massiver Steuererleichterungen ohne einen Plan zur Gegenfinanzierung verrückt gespielt hatten. Das Vertrauen der Anleger in die britische Regierung schien völlig verloren. Das Pfund fuhr im Verhältnis zum US-Dollar in den Keller. Die Bank of England musste mehrmals intervenieren und Staatsanleihen kaufen. Steigende Zinsen für Immobilienkredite verschärften für viele Hausbesitzer die Krise der Lebenshaltungskosten.
Am Freitag hatte Truss ihren bisherigen Finanzminister Kwasi Kwarteng entlassen, eine teilweise Abkehr von ihrer Steuerpolitik angekündigt und Hunt berufen. Nun legte sie nach. Kwarteng gilt als Bauernopfer, um Truss zu retten. Ob Truss damit ihr Amt noch retten kann, ist allerdings fraglich. Besonders die Deckelung der Energiepreise für Haushalte und Unternehmen galt als ihr wichtigstes politisches Projekt. Dass sie hier nun auch noch zurückrudern muss, gilt als Eingeständnis eines Totalversagens.
Quelle: ntv.de, als/dpa/rts