Politik

Berichte über Misstrauensvotum Dutzende Tory-Abgeordnete wollen Truss stürzen

Liz Truss gerät bereits zu Beginn ihrer Amtszeit unter massiven Druck.

Liz Truss gerät bereits zu Beginn ihrer Amtszeit unter massiven Druck.

(Foto: REUTERS)

Liz Truss ist erst seit rund 40 Tagen im Amt. Doch schon jetzt könnten die Tage der britischen Premierministerin gezählt sein. Mehr als 100 konservative Abgeordnete wollen sie Berichten zufolge loswerden. Ein alter Bekannter wird bereits als Nachfolger gehandelt.

Die britische Premierministerin Liz Truss muss sich britischen Medienberichten zufolge möglicherweise noch in dieser Woche einem Misstrauensvotum stellen. Mehr als 100 Abgeordnete der regierenden konservativen Partei seien bereit, Truss zu stürzen, berichtete unter anderem die "Daily Mail", die sich auf mit der Angelegenheit vertraute Personen berief.

Die Abgeordneten wollen demnach den Vorsitzenden des Ausschusses der konservativen Partei, Graham Brady, auffordern, Truss mitzuteilen, dass "ihre Zeit abgelaufen ist" oder aber die Parteiregeln ändern, um eine sofortige Vertrauensabstimmung zu ermöglichen. Es werde erwartet, dass sich Graham dem widersetze und argumentieren werde, dass Truss und der neu ernannte Finanzminister Jeremy Hunt eine Chance verdienen, die wirtschaftliche Strategie in der Haushaltsdebatte am 31. Oktober darzulegen, hieß es in dem Bericht weiter.

Dem Vernehmen nach scharen sich Truss' Gegner für eine mögliche Nachfolge um den früheren Finanzminister Rishi Sunak, der gegen Truss für die Führung der Tory-Partei kandidiert hatte, und die Konservative Penny Mordaunt. Auch der britische Verteidigungsminister Ben Wallace könnte ein Kompromiss-Kandidat sein, berichtete der "Sunday Mirror".

Der Tory-Abgeordnete Robert Halfon, der Sunaks Kandidatur unterstützt hatte, verglich Truss und den gefeuerten Finanzminister Kwasi Kwarteng mit "libertären Dschihadisten", die sich auf "ultra-marktliberale Experimente" eingelassen hätten. Dem Sender Sky News sagte er, es sei nach dem Absacken der Umfragewerte unvermeidlich, dass seine Parteikollegen darüber redeten, was dagegen zu tun sei.

"Einige Steuern werden steigen"

Truss kämpft nach nur rund 40 Tagen im Amt um ihr politisches Überleben. Sie ist Nachfolgerin von Boris Johnson, der nach zahlreichen Skandalen seinen Posten als Premierminister räumen musste. Sie hatte sich in der Konservativen Partei mit den Versprechen von Steuersenkungen und einem viel stärkeren Wirtschaftswachstum durchgesetzt. Die schuldenfinanzierten Steuerpläne der Regierung haben allerdings zu Turbulenzen an den Kapitalmärkten geführt.

Sie habe zugehört und verstanden, schrieb Truss am Sonntag in einem Beitrag in der Zeitung "Sun on Sunday". "Wir können den Weg zu einer Wirtschaft mit niedrigen Steuern und hohem Wachstum nicht ebnen, ohne das Vertrauen der Märkte in unser Engagement für eine solide Währung zu erhalten", erklärte sie.

Um Anleger zu beschwichtigen, warnte Truss' neuer Finanzminister Hunt, die Steuern könnten sogar erhöht werden. Am Samstag kündigte er "schwierige Entscheidungen" zur Korrektur der Wirtschaftspläne an. Ein Finanzminister könne "die Märkte nicht kontrollieren", sagte Hunt dem TV-Sender Sky News. Er könne aber zeigen, "dass wir unsere Projekte über Steuern und Ausgaben finanzieren können." Alle Ministerien müssten sich bei den Ausgaben zurückhalten, sagte Hunt, der sich erstmals seit seiner Ernennung öffentlich äußerte. Einige Steuern würden "nicht so schnell gesenkt, wie die Menschen es gerne hätten. Einige Steuern werden steigen."

Erzbischof von Canterbury ist skeptisch

In den Haushaltsplänen seien "Fehler" gemacht worden. Die Premierministerin habe diese Fehler zugegeben, deshalb sei er hier, sagte Hunt. Er stellte zugleich klar, dass er die "Grundlagen" ihres Wirtschaftsprojekts teile. Am Sonntag traf sich Hunt mit Truss auf deren Landsitz, um den neuen Haushaltsplan auszuarbeiten.

Der Erzbischof von Canterbury, Justin Welby, kritisierte in einem Interview mit dem "Guardian" die Wirtschaftspolitik Truss'. Er sei "zutiefst skeptisch", dass Steuersenkungen für Reiche irgendwem anders zugute kämen, sagte das spirituelle Oberhaupt der anglikanischen Kirche. Am Samstag hatte US-Präsident Joe Biden ähnliche Kritik geäußert und Truss' Steuersenkungspläne als "Fehler" bezeichnet.

(Dieser Artikel wurde am Montag, 17. Oktober 2022 erstmals veröffentlicht.)

Quelle: ntv.de, fzö/rts/AFP

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