Beispiellose Woche angekündigt Massenstreik lähmt britischen Gesundheitsdienst
06.02.2023, 13:50 Uhr
Mitarbeiter des NHS wollen mehr Lohn: Allein 25.000 Krankenschwestern und Pfleger quittierten 2022 ihren Dienst wegen schlechter Bezahlung.
(Foto: REUTERS)
Eigentlich sollte der Brexit Hunderte Millionen Pfund ins britische Gesundheitssystem spülen. Doch weit gefehlt. Die Lage im NHS ist desolat, nun legen Zehntausende Mitarbeiter die Arbeit nieder. Der NHS steht wohl vor einer beispiellosen Woche mit schweren Betriebsstörungen.
In Großbritannien hat der größte Streik in der 75-jährigen Geschichte des Nationalen Gesundheitsdienstes (NHS) begonnen. Zehntausende Krankenschwestern, Pfleger und Sanitäter legten gemeinsam die Arbeit nieder. Die Pflegekräfte wollen auch am Dienstag in den Ausstand treten, die Sanitäter erneut am Freitag. Damit stehe dem Gesundheitsdienst wohl eine beispiellose Woche mit schweren Betriebsstörungen bevor, erklärte der Medizinische Direktor des Dienstes, Stephen Powis.
Die Pflege-Gewerkschaft Royal College of Nursing (RCN) verlangt Lohnerhöhungen, die nach ihrer Einschätzung der Rekord-Inflation im Vereinigten Königreich von mehr als zehn Prozent gerecht werden. Die Regierung weist Forderungen von ursprünglich einem Ausgleich der Teuerungsrate plus fünf Prozent als unbezahlbar zurück. Die RCN ist inzwischen bereit, der Regierung entgegenzukommen. Wochenlange Gespräche brachten aber kein Ergebnis. Die RCN verweist darauf, dass Zehntausende Pfleger und Krankenschwestern wegen unzureichender Bezahlung ihren Dienst quittiert hätten - allein 25.000 im vergangenen Jahr. Der schwere Personalnotstand beeinträchtige die Patientenversorgung.
Premierminister Rishi Sunak erklärte unlängst in einem Fernsehinterview, er würde den Pflegekräften "liebend gern eine kräftige Lohnerhöhung geben". Die Regierung müsse aber schwere Entscheidungen treffen und finanziere den NHS in anderen Bereichen, wie bei der Bereitstellung von medizinischer Ausrüstung und Krankenwagen. Die Lage beim NHS ist dramatisch. Millionen Menschen stehen auf Wartelisten für Operationen, Tausende weitere bekommen jeden Monat keine angemessene Notfallbehandlung.
Ausstand vor allem in England
Der Großstreik an diesem Montag konzentriert sich vor allem auf England, nachdem Pflegekräfte und einige Sanitäter in Wales den Ausstand nach einem Lohnangebot der dortigen Regierung abgesagt haben. In England werden an diesem Montag nicht alle Notfallsanitäter zur selben Zeit streiken, Notrufe sollen entgegengenommen werden.
Infolge der Inflation – dem höchsten Stand seit vier Jahrzehnten – hat Großbritannien in den vergangenen Monaten bereits eine Welle von Streiks in verschiedenen Sektoren erlebt. Erst vergangene Woche kam es zu einem Massenstreik, bei dem Hunderttausende Staatsbedienstete für höhere Löhne auf die Straße gingen. Pflegekräfte und Sanitäter hatten zuvor schon getrennt die Arbeit niedergelegt.
Quelle: ntv.de, ghö/rts