Politik

"Kein Premier kann zustimmen" May schmettert EU-Entwurf zum Brexit ab

Werden wieder Grenzkontrollen eingeführt? "Keine harte Grenze", steht auf einem Schild der katholischen Sinn-Fein-Partei in Belfast.

Werden wieder Grenzkontrollen eingeführt? "Keine harte Grenze", steht auf einem Schild der katholischen Sinn-Fein-Partei in Belfast.

(Foto: picture alliance / Brian Lawless)

Die EU will mehr Tempo und legt einen Entwurf für den Brexit-Vertrag vor. Demnach könnte Nordirland Teil der Zollunion bleiben. Für die britische Premierministerin ist der Vorschlag jedoch unannehmbar - das wäre Betrug am Votum der Briten, sagt sie.

Die britische Premierministerin Theresa May hat den Entwurf der EU zum Brexit-Abkommen heftig kritisiert. Der Vorschlag aus Brüssel, wonach Nordirland de facto im EU-Binnenmarkt und der Zollunion verbleiben könnte, "untergräbt den gemeinsamen britischen Markt und bedroht die verfassungsmäßige Integrität des Vereinigten Königreichs", sagte May. Der Entwurfstext würde eine zollrechtliche und regulatorische Grenze in der Irischen See schaffen, so May. "Kein britischer Premierminister könnte dem je zustimmen". Das wäre Betrug am Brexit-Votum der Briten, erklärte sie.

Sie werde das EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und anderen "kristallklar machen", warnte May weiter. Die Irische See liegt zwischen Irland und Großbritannien.

Theresa May will keine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland.

Theresa May will keine harte Grenze zwischen Irland und Nordirland.

(Foto: REUTERS)

Die britische Premierministerin betonte, ihre Regierung wolle ein Abkommen mit der EU, das Großbritannien die Kontrolle über seine Gesetze, Grenzen und Finanzen zugestehe. Strenge Kontrollen an der Grenze zwischen dem im Königreich verbleibenden Nordirland und dem EU-Mitglied Irland solle es aber nicht geben.

Barnier: UK hat drei Optionen

EU-Chefunterhändler Michel Barnier hatte in Brüssel den ersten Entwurf für ein Austrittsabkommen mit Großbritannien vorgestellt. Darin wird als Notlösung vorgesehen, dass im britischen Nordirland wichtige Regeln der Zollunion und des EU-Binnenmarkts nach dem Brexit weiter gelten sollen, um Grenzkontrollen zum EU-Mitglied Irland zu verhindern.

"Wenn wir diese Verhandlungen zum Erfolg führen wollen, (...) müssen wir sie beschleunigen", sagte Barnier. Er bekräftigte, dass die Gespräche über die Brexit-Modalitäten bis zum Herbst abgeschlossen sein müssten. Denn vor dem EU-Austritt Ende März 2019 bräuchten die Parlamente auf beiden Seiten noch mehrere Monate für die Ratifizierung.

In der schwierigen Frage der Grenze zu Nordirland gebe es drei Optionen, sagte Barnier. Erstens könne die Nordirland-Frage in einer Vereinbarung über die künftigen Beziehungen geklärt werden. Dies werde aber bedeuten, dass es zum EU-Austritt Großbritanniens im März 2019 noch keine Lösung geben werde.

London könne zweitens wie angekündigt "spezifische Lösungen" für die Grenze zwischen Irland und Nordirland präsentieren. Als "Auffanglösung" könne es drittens auch bei einer "vollständigen Übereinstimmung" mit den Regeln in Irland bleiben, das als EU-Mitglied im Binnenmarkt und der Zollunion ist. Nordirland hätte damit de facto eine Grenze mit dem Rest des Vereinigten Königreichs.

Johnson würde Grenze zu Nordirland akzeptieren

Außenminister Boris Johnson hatte zuvor die Bedeutung von Grenzkontrollen zwischen Nordirland und Irland einem Bericht zufolge heruntergespielt. Das geht aus einem Journalisten zugespielten Brief Johnsons an May hervor, wie Sky News berichtete.

"Selbst wenn Grenzkontrollen wieder eingeführt werden, würden wir damit rechnen, dass 95 Prozent oder mehr der Waren die Grenze unkontrolliert passieren", zitierte Sky News aus dem als "sensibel" eingestuften Schreiben. Daher sei es falsch, "keine Grenze" als Ziel zu definieren. Stattdessen sollte sich die Regierung darauf konzentrieren, dass die Grenze nicht "signifikant härter" werde. Eine Regierungssprecherin sagte auf Anfrage, die Position der Regierung sei unverändert.

Die Frage der Grenzkontrollen auf der irischen Insel gilt als einer der größten Stolpersteine bei den Brexit-Gesprächen. Alle Seiten hatten sich in einer ersten Phase der Verhandlungen im Dezember darauf geeinigt, Grenzkontrollen unter allen Umständen zu vermeiden. Doch es wird immer deutlicher, dass dieses Ziel unvereinbar ist mit dem Wunsch Londons, die Zollunion mit der EU zu verlassen.

Befürchtet wird, dass eine Wiedereinführung von Grenzkontrollen den Friedensprozess in der ehemaligen Bürgerkriegsregion erheblich stören könnte.  Viele Bestimmungen des Karfreitagsabkommens, das den blutigen Nordirland-Konflikt beendete, basieren auf einer Grenze ohne Kontrollen zum EU-Mitglied Irland. Johnson hatte am Dienstag bereits heftige Kritik auf sich gezogen, als er die Grenze zwischen Nordirland und Irland mit der Grenze zwischen zwei Londoner Stadtteilen verglich.

Schottland und Wales kündigten unterdessen an, sie wollten nach dem Brexit per Gesetz die Kompetenzen Londons begrenzen. Dabei wollen sich die Regionen vor allem in den Bereichen Fischerei und Landwirtschaft vor den Entscheidungen der britischen Regierung schützen.

Quelle: ntv.de, hul/rts/dpa/AFP

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