Parteifest mit Sunak und Musk Meloni feiert, dass sie "kein Strohfeuer" ist


Am Samstag begrüßte Meloni den britischen Premier Sunak auf der Bühne.
(Foto: REUTERS)
Die postfaschistische Partei der Ministerpräsidentin Italiens feiert ihr jährliches Fest. Es ist Selbstvergewisserung und Öffnung zugleich: Als Gäste kommen Gesinnungsgenossen, aber auch der britische Premier Sunak.
Eins muss man der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni lassen: Sie weiß, wie man sich gleichzeitig siegesgewiss und demütig darstellt. Beim Fest ihrer Partei "Fratelli d'Italia", der Brüder Italiens, versprach sie, Italien zurück auf die höchsten Ränge zu bringen, und zwar "mit Demut, Fleiß und Liebe". Dabei modulierte sie ihre Stimme zwischen kämpferisch-aggressiv und sanft-melodisch. Immer wieder färbte sie ihre Sätze mit leichtem römischem Dialekt, ihr Publikum nannte sie kumpelhaft "ragazzi".
Meloni war 1998 eine der Gründerinnen des jährlichen Atréju-Festivals, ein in Italien längst etabliertes Treffen von Rechtsradikalen, benannt nach einer Figur aus dem Jugendroman "Die unendliche Geschichte" von Michael Ende. Das diesjährige Motto der Veranstaltung lautete "Willkommen zurück, italienischer Stolz", was wohl auch als Kampfansage zu verstehen war. Nur gegen wen? Gemeint war vor allem die EU. Man sei nicht EU-feindlich, hieß es in Rom immer wieder, aber man lasse sich von Brüssel nichts sagen. In Melonis Darstellung hat ihr diese Haltung Respekt eingebracht. Nach anfänglicher Skepsis habe ihr der eine oder andere in Brüssel gesagt: "Willkommen zurück, Italien."
Warum die Veranstaltung den Namen einer Romanfigur trägt, wird von den Organisatoren damit erklärt, dass Atréju einen jungen Menschen darstelle, der täglich gegen die Mächte des Nichts kämpfe - gegen einen Feind, der die Fantasie der Jugend verschleiße, ihre Energie aufbrauche und ihnen Werte und Ideale raube. Aus Sicht der "Brüder Italiens" ist Atréju damit ein Vorbild für die jungen Generationen.
Lob von Sunak, Auftritt von Musk
Es war Meloni, die 1998 die Veranstaltung ins Leben rief, damals als Vorsitzende einer rechtsradikalen Studentenorganisation im Umfeld der postfaschistischen Alleanza Nazionale, der Vorgängerpartei der Fratelli. Ziel der Veranstaltung sollte sein, den Austausch der Ideen zu fördern, nicht nur unter Gleichgesinnten wie dem ehemaligen Trump-Berater Steve Bannon, der 2018 zu Gast war, sondern auch mit Vertretern des anderen Lagers. In der Vergangenheit hatten auch die Politiker wie Matteo Renzi und Enrico Letta, ehemals Ministerpräsidenten und Vorsitzende der Demokratischen Partei (PD), Einladungen angenommen. Die heutige PD-Chefin Elly Schlein lehnte allerdings ab. Sie erklärte, sie könne sich nicht die Bühne teilen"mit Nostalgikern des [spanischen] Franco-Regimes und des [italienischen] Faschismus".
Die Veranstaltung bot Meloni die Gelegenheit, ihre erste Jahresbilanz zu ziehen und gleichzeitig die Weichen fürs nächste Jahr zu stellen. Das Publikum war allerdings vor allem auf die drei ausländischen Gäste gespannt: den albanischen Ministerpräsidenten Edi Rama, Großbritanniens Premier Rishi Sunak und US-Multimilliardär Elon Musk. Allein die Namen waren ein Erfolg für Meloni. Besonders schön für Meloni dürfte gewesen sein, dass Sunak sie mit der früheren britischen Premierministerin Margaret Thatcher verglich, "die nie zögerte, auch wenn der Kampf hart wurde".
Dreier-Abkommen zwischen Meloni, Sunak und Rama?
Alle drei hatten ihre Auftritte am Samstag. Musk präsentierte sich mit einem seiner zehn Kinder auf den Schultern und mahnte die Italiener, für Nachwuchs zu sorgen, da das Land ansonsten riskiere, wie der Westen insgesamt ohne Nachfolgegenerationen zu bleiben. Sunak lobte Melonis Abkommen mit Albanien, das vorsieht, illegale Migranten nach Albanien abzuschieben, was letztendlich ein Pendant zum britischen Ruanda-Plan ist.
Der Haken mit beiden Vorhaben ist, dass die rechtlichen Hürden hoch sind: In Großbritannien wurde das Vorhaben im November vom Supreme Court gestoppt, in Albanien will der Verfassungsgerichtshof das Abkommen mit Italien prüfen. Der albanische Regierungschef Rama versicherte, dies stelle kein Problem dar; er sei sicher, dass es den Vorschriften entspreche. Berichten zufolge ist inzwischen ein Dreier-Abkommen zwischen Meloni, Sunak und Rama im Gespräch, Details dazu gab es aber nicht.
Zum Abschluss des insgesamt viertägigen Treffens begrüßte Meloni Santiago Abascal, den Vorsitzenden der rechtsradikalen spanischen Partei Vox. Abascal und Meloni verbindet ein besonders herzliches Verhältnis, weswegen es umso erstaunlicher war, dass Abascals Rede äußerst zahm und moderat war. Er sprach von Familie, Wurzeln, Werten, von einem schwierigen Moment für Spanien, womit er möglicherweise eher die Situation seiner eigenen Partei meinte, die bei den jüngsten Parlamentswahlen im Juli Verluste hatte hinnehmen müssen und den angestrebten Regierungswechsel nicht erreichte. Dann beschuldigte er noch die Linken, allen Andersdenkenden die Worte im Mund zu verdrehen und war auch schon wieder weg.
Bei Migration "sind die Ergebnisse nicht die erwarteten"
Das Schlusswort war Meloni vorbehalten, der "Löwin Europas", wie sie Georg Simion, Chef der rumänischen Nationalistenpartei "Allianz für die Vereinigung der Rumänen", nannte. Zuerst zählte sie auf, was sie als ihre Erfolge ansieht: Trotz schwieriger Konjunktur habe man die Steuern für Geringverdienende gesenkt und für mehr Sicherheit gesorgt. Sie übte sich aber auch in Selbstkritik: "Ich weiß, was die Migranten betrifft, sind die Ergebnisse nicht die erwarteten", gab sie demütig zu, trumpfte dann gleich wieder auf: "Dafür haben wir aber einen Paradigmenwechsel durchzusetzen." Bisher sei es immer um Umverteilung gegangen. Italien habe durchgesetzt, dass es jetzt darum gehe, wie man die Außengrenzen sichern könne. Ausdrücklich bedankte Meloni sich bei EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, "die unser Abkommen mit Albanien als 'Thinking out of the Box' bezeichnet hat". Während die Linke immer das Recht zur Migration verteidigt habe, stehe ihre Regierung für das Recht, nicht migrieren zu müssen.
Besonders stolz ist Meloni offensichtlich darauf, dass ihre Regierung stabil ist. "Anders als viele vermutet haben, sind wir kein Strohfeuer." Sie sei zwar keine Politikerin, die an ihrem Stuhl klebe. Doch solange die Italiener hinter ihr stünden, werde sie bleiben. Auch wenn gutes Regieren harte Arbeit sei. "Ich bin aber keine, die kneift."
Aktuell sagen die Umfragen, dass sie bleiben soll. Ihre Partei Fratelli d'Italia liegt bei 29 Prozent, 3 Punkte mehr als bei den Wahlen im Herbst 2022. Meloni selbst ist die beliebteste Politikerin im Land, wenn auch mit einem Zustimmungswert von nur 43,8 Prozent. Das liegt allerdings nicht nur an ihrer Arbeit, sondern vor allem an der des Mitte-Links-Lagers in Italien: Dessen Orientierungslosigkeit ist weiterhin die sicherste Basis für Melonis Erfolg.
Quelle: ntv.de