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Rechte sind extrem gut drauf Salvini lädt zum Gipfel der EU-Feinde - Chrupalla ist dabei

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Matteo Slavini auf der Konferenz in Florenz

Matteo Slavini auf der Konferenz in Florenz

(Foto: picture alliance / ZUMAPRESS.com)

Vor der Europawahl versammelt Italiens Vize-Premier Matteo Salvini in Florenz alles, was rechtspopulistisch bis rechtsextrem ist. Auch die AfD ist durch ihren Vorsitzenden Chrupalla vertreten. Die Reden machen deutlich, wie extrem die Ansichten sind - und wie groß die Hürden für ein gemeinsames Bündnis.

Der Treffpunkt für Europas rechtspopulistische und rechtsradikale Parteienvertreter war gut gewählt. Fast 2000 von ihnen kamen am Sonntag ungestört in der Festungsanlage Fortezza da Basso zusammen, während draußen Gegendemonstranten durch Florenz' Straßen zogen. Gastgeber Matteo Salvini, Italiens stellvertretender Regierungschef und Vorsitzender der nationalpopulistischen Lega, hatte mit dem Veranstaltungsort freilich eine andere Symbolik im Sinn: "Florenz ist die Wiege der Renaissance", sagte Salvini über die Stadt am Fluss Arno, Europas Wegweiser aus der vermeintlichen Dunkelheit des Mittelalters. Eine ganz eigene Art der Renaissance ('Wiedergeburt') schwebt ihm zur Europawahl im kommenden Jahr vor: Salvini sprach davon, den Tempel in Brüssel von den jetzigen "unbefugten" Machthabern zu befreien.

Gelingen soll das den Parteien, die im EU-Parlament der Fraktion Identität und Demokratie angehören, sowie weiteren Verbündeten im Geiste, die bei Treffen unter dem Titel "Freies Europa - Arbeit, Sicherheit und gesunder Menschenverstand" anwesend waren: Dazu zählten Vertreter der rechtsnationalen und -extremen Parteien aus Belgien, Dänemark, Estland, Finnland, Tschechien, Polen, Rumänien, Österreich und natürlich Deutschland: Der Co-Vorsitzende der AfD, Tino Chrupalla, war für seine Partei nach Florenz gereist.

Chrupalla sieht Deutschland am Abgrund

Chrupalla sprach in seiner Rede unter anderem über die angeblich durch Migranten gefährdete Sicherheit und über die vom Green Deal bedrohten Arbeitsplätze. Das Europa, für das die AfD stehe, sei ein "Haus mit vielen Wohnungen, in denen jeder nach seinem Wunsch leben kann und tun und lassen darf, was er will." Es werde auch einen großen Garten für die Kinder geben sowie "eine Mauer, damit die Unerwünschten draußen bleiben", sagte Chrupalla.

Er forderte ein Ende der militärischen Unterstützung für die Ukraine. Kiew könne den Krieg gegen Russland "nicht gewinnen", während die Deutschen aber den Preis dieses Konflikts zahlten. Auch die Sanktionen gegen Russland hätten bis jetzt nur dazu geführt, dass die "russische Wirtschaft wächst", während die deutsche Wirtschaft den Bach runtergehe, immer mehr Insolvenzen angemeldet würden und die Unternehmen abwanderten. Chrupallas Zuhörer erfuhren von einem Deutschland am Rande des Abgrunds. Zum Ende seiner Rede entschuldigte sich Chrupalla für die deutsche EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die er als "die gefährlichste Politikerin in der EU" bezeichnete.

Eine ähnliche Rede hielt der Österreicher Harald Vilimsky von der FPÖ, der aufhorchen ließ, als er nicht nur die Unterstützung der Ukraine beanstandete, sondern auch die Solidarität mit Israel im jetzigen Krieg gegen die Hamas. "Ich halte das für falsch", sagte er. Auch Chrupalla hatte in den Tagen nach dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober mit einem einseitigen Friedensappell an Israel überrascht, sogar die eigene Partei.

Reichlich radikale Reden

So radikal sich diese Thesen anhören, im Vergleich zu anderen Auftritten auf Salvinis Rechtsaußen-Konferenz waren sie beinahe moderat. Manche Redner in der Renaissance-Stadt versetzen ihre Zuhörer zurück ins Mittelalter. Georg Simion, Vorsitzender der rumänischen Allianz zur Union der Rumänen (AUR), sagte, die Europäische Union sei "die Hölle. Die Hölle, wegen der Deindustrialisierung; die Hölle, weil die nationalen Identitäten zerstört werden; die Hölle, wegen des Zerfalls des Christentums. Uns wird verboten, Begriffe wie Mutter, Vater und Weihnachten zu gebrauchen." Kommissionspräsidentin von der Leyen und ihr ehemaliger Stellvertreter Frans Timmermans bezeichnete er als zwei "Verrückte, zwei Kranke, die einen europäischen Superstaat errichten wollen".

Roman Fritz, Vizevorsitzender der rechtsextremen Konföderation der Polnischen Krone, grüßte wiederum die Anwesenden mit einem "Laudetur Jesus Christus" und startete anschließend einen verbalen Kreuzzug gegen das Gendern, den Green Deal und mahnte wie Simonis zur Rückbesinnung auf die christlichen Werte.

Der EU-Abgeordnete Gerolf Annemans, von der belgischen Partei Vlaams Belang, prangerte wiederum den Liberalismus an, und bezeichnete ihn als "einen Drachen mit vielen Köpfen". Diesen Drachen könne man aber mit vereinten Kräften besiegen. Liberalismus und Globalisierung seien gescheitert, jetzt müsse man "gegen den neuen Liberalismus und Multilateralismus, die man uns aufzwingen will, kämpfen".

Anders als die linken Medien schreiben, sei man weder radikal noch antieuropäisch radikal, sondern "wir sind die Normalen", sagte Martin Helme, Vorsitzender der nationalistischen Eesti Konservatiivne Rahvaerakond (EKR). "Wir kämpfen gegen den Liberalismus, der so viel Elend mit sich gebracht hat; wir kämpfen gegen den Transgenderismus. Wir sind die Normalen, die der Rechten angehören."

Die Stars der Rechten bleiben fern

Eigentlich hatte Salvini auch Marine Le Pen, Gründerin und Abgeordnete des rechtsextremen Rassemblement National (RN), eingeladen sowie den Niederländer Geert Wilders, dessen Partei voor de Vrijheid (PVV) aus der Wahl vor knapp zwei Wochen als stärkste hervorgegangen ist. Sie hätten das Treffen deutlich aufgewertet. Beide sagten aber ab und schickten stattdessen eine kurze Videobotschaft. Bei Marine Le Pen hieß es, sie komme nicht, weil sie schon ganz auf den französischen Präsidentschaftswahlkampf konzentriert sei, obwohl dieser erst 2027 stattfindet; Wilders wiederum, weil in den Niederlanden Gespräche zur Regierungsbildung liefen.

Immerhin schickte Le Pen den jungen Vorsitzenden ihrer Partei, Jordan Bardella, nach Florenz. Dieser zeigte sich guter Dinge mit Blick auf den Ausgang der Europawahlen Anfang Juni: "Überall in Europa heben die Bürger wieder den Kopf, wie auch die Niederlande gezeigt haben. Die Bürger haben ihre Stimme wiedergefunden", sagte Bardella.

Salvinis Traum

Salvini versuchte am Ende das Gesagte auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Er sei sich der Eigenheiten bewusst, die jede Partei mit sich bringe, so der Lega-Chef. "Ich träume ja auch von einem Bündnis und nicht von einer Kaserne." Dass er aber über die eine oder andere Rede nicht wirklich entzückt war, stimmt sicher auch. Denn eigentlich träumt Salvini von einem Bündnis aller Parteien rechts von der Mitte, um so bei den EU-Wahlen "die Sozialisten und Linken" endlich vom aus seiner Sicht unrechtmäßig besetzten Thron in Brüssel zu verjagen.

Die Fraktion Identität und Demokratie, der Lega, RN und AfD angehören, könnte theoretisch mit den Europäischen Konservativen und Reformern, darunter Georgia Melonis Fratelli d'Italia, die polnische PiS und Spaniens Vox, und der Europäischen Volkspartei (EVP) eine Mehrheit im Europaparlament bilden. Zur EVP gehören CDU und CSU, die von solch einem Bündnis weit entfernt sind.

Salvini will den Traum eines übergreifenden Bündnisses nicht aufgeben. Salvini ist Vizepremier und Infrastrukturminister einer Koalition, die aus Melonis Fratelli d’Italia, Salvinis Lega und Forza Italia besteht. Die Partei des verstorbenen Silvio Berlusconi gehört zur EVP. Die Regierung in Rom bringt so alle drei Europafraktionen von Mitte-rechts bis rechtsextrem zusammen. Salvini sagt: "Dass so ein Bündnis funktionieren kann, beweist die Regierung in Rom."

Quelle: ntv.de

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