Politik

Lockdown bis 7. März verlängert Merkel: Mutation "wird die Oberhand gewinnen"

Der bis Mitte Februar befristete Lockdown zur Bekämpfung der Pandemie wird weitgehend bis zum 7. März verlängert. Das vereinbaren Kanzlerin Merkel und die Länderregierungschefs bei ihrem Krisengipfel. Grund dafür sei vor allem die zunehmende Ausbreitung der Corona-Mutationen, heißt es.

Kanzlerin Angela Merkel hat in der Corona-Krise vor einer dritten Welle gewarnt. Der Grund seien die verschiedenen Varianten des Virus, sagte Merkel nach Beratungen mit den Ministerpräsidenten. Deshalb müsse man weiter vorsichtig sein. Die Mutation sei eine "Realität". "Sie wird die Oberhand gewinnen. Das alte Virus wird verschwinden. Wir werden mit einem neuen Virus leben. Und dieses neue Virus und sein Verhalten können wir noch nicht einschätzen", sagte Merkel.

Merkel sagte, die verhängten Maßnahmen zeigten Wirkung. Die Zahl der Neuinfektionen sei gesunken. "Wir können auch sehr zufrieden sein", sagte die Kanzlerin. Es gebe aber die Virusvarianten. Es deute sich eine dritte Welle an, die bekämpft werden müsse. Dies könne um so besser geschehen, je mehr die Infektionszahlen weiter heruntergingen und Gesundheitsämter in der Lage seien, Kontakte von Infizierten nachzuverfolgen. Man müsse sich auf die neue Variante einstellen, sonst riskiere man erneut ein "exponentielles Wachstum", warnte sie.

Merkel warb für ein vorsichtiges Vorgehen bei anstehenden ersten Lockerungen der Corona-Beschränkungen. Es solle alles dafür getan werden, um nicht in eine "Wellenbewegung hoch und runter, auf und zu" zu kommen. Bund und Länder einigten sich bei der Videokonferenz darauf, den bestehenden Lockdown grundsätzlich bis zum 7. März zu verlängern. Das Thema werde bei der nächsten Beratungsrunde am 3. März wieder aufgegriffen. Sollte die sogenannte Sieben-Tage-Inzidenz der Neuinfektionen bis dahin stabil unter 35 gesunken sein, sollen die Beschränkungen von den Ländern schrittweise gelockert werden.

Schulöffnungen sind Ländersache

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller zeigte sich froh darüber, dass der Bund-Länder-Gipfel einen Zielwert für die Lockerung der Corona-Maßnahmen definiert habe. Die Inzidenzzahl von 35 sei wichtig für den Gesundheitsschutz, aber auch für eine Rückkehr zur Normalität, sagte der SPD-Politiker.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder kündigte an, seinen vorsichtigen Kurs im Kampf gegen die Corona-Pandemie weitergehen zu wollen. Das Motto in Bayern heiße: "Vorsicht mit Perspektive", sagte der CSU-Chef nach den Beratungen. Bayern werde einen vorsichtigeren Kurs als andere Bundesländer fahren, sagte er. "Zumachen erfordert Mut, öffnen erfordert Klugheit", so Söder. Es dürfe kein Stop-and-Go bei den Corona-Maßnahmen geben, weil dies die Akzeptanz für die Maßnahmen in der Bevölkerung untergrabe.

Der Wert von 35 sei durchaus in Sichtweite, so Söder. "Es ist kein Vertagen auf den Sankt-Nimmerleinstag." Söder verwies darauf, dass alle bisher getroffenen Maßnahmen im Lockdown gewirkt hätten. In Bayern sei die Zahl der Infektionen um 90 Prozent gedrückt worden. "Jeder, der bezweifelt hat, ob die Maßnahmen Sinn hatten, ist durch die Realität widerlegt", sagte Söder.

Eine Ausnahme bei den Lockerungen soll für Friseure gelten, die bei strikter Einhaltung von Hygieneauflagen bereits am 1. März wieder aufmachen dürfen. Söder verteidigte die Entscheidung: "Sie hat auch etwas mit - für die einen - Hygiene, aber auch mit Würde zu tun in diesen schwierigen Zeiten", sagte er. Für viele Menschen spielten Friseursalons in der Pandemie eine wichtige Rolle, um sich wiederzufinden. Das Friseurhandwerk reagierte mit großer Erleichterung. "Eine ganze Branche atmet auf, endlich haben wir eine Perspektive und Planungssicherheit", erklärte Harald Esser, Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Friseurhandwerks.

Das Öffnen von Schulen und Kitas wird demnach nicht bundesweit einheitlich geregelt, sondern in das Ermessen der einzelnen Länder gestellt. Merkel sagte, sie hätte mit diesen Öffnungen gerne erst ab dem 1. März begonnen. Die Länder, die für Bildung zuständig sind, hätten dies aber anders beurteilt. Berlin und andere Länder wollten ab dem 22. Februar die Schulen schrittweise öffnen, sagte Müller.

Kritik aus der Opposition

Die Opposition im Bundestag kritisierte die Beschlüsse. "Wer erwartet hat, dass heute das Versprechen eingelöst wird, den Menschen eine klare Perspektive zu geben, der wurde bitter enttäuscht", sagte FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki der "Rheinischen Post". "Eine wirkliche Strategie, die über die einfältige Schließung und Verbote hinausgeht, fehlt nach über einem Jahr Pandemie noch immer." Die Runde habe lediglich ein "Beschäftigungsprogramm für Anwälte vorgelegt", kritisierte Kubicki.

Die AfD ging mit den Beschlüssen scharf ins Gericht. Fraktionschefin Alice Weidel kritisierte die Verlängerung des Lockdowns bis zum 7. März als "fatal". Der dadurch angerichtete Schaden an Wirtschaft und Gesellschaft sei "unermesslich". AfD-Fraktionschef Alexander Gauland erklärte: "Erneut hat die Kanzlerin mit den Ministerpräsidenten hinter verschlossenen Türen am Bundestag vorbei die willkürliche Einschränkung von Grundrechten der Bürger verlängert."

Das Handwerk und die Reisebranche reagierten ebenfalls unzufrieden auf die jüngsten Bund-Länder-Beschlüsse zur Corona-Politik. Der Deutsche Lehrerverband kritisierte die Beschlüsse zur Öffnung der Schulen und warnte vor Alleingängen der Bundesländer. Auch der Textilhandel übte Kritik. "Per Ende Februar dürften sich die Verluste des Winter-Lockdowns in den Textil-, Schuh- und Lederwarengeschäften damit auf rund 15 Mrd. Euro aufsummiert haben", teilte der Hauptgeschäftsführer des BTE Handelsverbands Textil, Rolf Pangels, in einer gemeinsamen Pressemitteilung mit dem Handelsverband Schuhe (BDSE) und Lederwaren (BLE) mit. Das sei der "blanke Horror".

Der Wirtschaftsweise Lars Feld hingegen hält die Verlängerung des Lockdowns wirtschaftlich für verkraftbar. "Die Industrie und der Bau sind weiterhin relativ stark und bleiben das Rückgrat der konjunkturellen Erholung selbst bei einer Lockdown-Verlängerung bis in den März", sagte Feld den Funke-Zeitungen.

Quelle: ntv.de, hek/dpa/AFP/rts

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