Russland-Treffen ohne Annäherung NATO erteilt Sicherheitsgarantien klare Absage
12.01.2022, 16:26 Uhr
Russland habe in der NATO kein "Vetrorecht", so Stoltenberg.
(Foto: picture alliance/dpa/Sputnik)
Die erste Zusammenkunft des NATO-Russland-Rats nach zwei Jahren bestätigt vor allem eines: Die Fronten sind verhärtet. Zugeständnisse macht in den stundenlangen Verhandlungen keine der beiden Seiten. Enttäuscht ist NATO-Chef Stoltenberg trotzdem nicht.
Beim ersten Treffen des NATO-Russland-Rats seit mehr als zwei Jahren ist ein Durchbruch ausgeblieben: NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg sagte nach den fast fünfstündigen Beratungen in Brüssel, es bestünden nach wie vor "erhebliche Meinungsverschiedenheiten" mit Moskau im Ukraine-Konflikt. Das Bündnis sei für weitere Verhandlungen aber offen.
Nach Angaben Stoltenbergs wiesen die 30 NATO-Staaten die Forderungen Moskaus nach umfangreichen Sicherheitsgarantien zurück. "Wir werden keine Kompromisse bei unseren Grundprinzipien machen", sagte der Norweger. So habe Russland "kein Vetorecht in der Frage, ob die Ukraine NATO-Mitglied werden kann".
Stoltenberg zufolge gibt es allerdings auch von russischer Seite die grundsätzliche Bereitschaft, den Dialog fortzuführen und einen Zeitplan für weitere Treffen auszuloten. "Es ist ein positives Zeichen, dass alle NATO-Verbündete und Russland am gleichen Tisch saßen und sich substanziellen Themen gewidmet haben", sagte er. Die Diskussion sei nicht einfach gewesen, gerade deswegen sei das Treffen aber auch so wichtig gewesen.
USA bekräftigen internationale Ordnung
Auch US-Vize-Außenministerin Wendy Sherman hatte nach den Verhandlungen auf Twitter betont: "Jedes Land hat das hoheitliche Recht, seinen eigenen Weg zu wählen." Dieses Grundprinzip der internationalen Ordnung und der europäischen Sicherheit habe sie bei den Gesprächen mit dem russischen Vize-Außenminister Alexander Gruschko erneut deutlich gemacht. Für Deutschland nahm Außen-Staatssekretär Andreas Michaelis teil.
Mangels Annäherung bestehe weiter "ein echtes Risiko eines bewaffneten Konflikts in Europa", räumte Stoltenberg ein. Das Bündnis wirft Russland vor, an der Grenze zur Ukraine rund 100.000 Soldaten und schweres Gerät aufgezogen zu haben. "Russland ist der Aggressor", betonte der NATO-Generalsekretär.
Als erstes Zeichen des Entgegenkommens will die NATO nach Stoltenbergs Worten aber die russische Vertretung im Brüsseler Hauptquartier wieder öffnen sowie das Büro des Bündnisses in Moskau. Nach dem Auffliegen mutmaßlicher russischer Spione in der NATO-Zentrale im Herbst war beides geschlossen worden. Kreml-Sprecher Dmitri Peskow hatte Hoffnungen auf eine Annäherung zuvor gedämpft: Mit der Osterweiterung gehe die NATO einen Weg der "Konfrontation", sagte er in Moskau. Ob Russland weiteren Treffen des NATO-Russland-Rats zustimmt, blieb laut Stoltenberg offen.
Russland fordert von den USA und der NATO in dem Konflikt umfassende Sicherheitsgarantien. Der Kreml will damit die Errichtung von US-Armeestützpunkten in Staaten der ehemaligen sowjetischen Einflusssphäre verhindern sowie eine Osterweiterung des Militärbündnisses um die Ukraine oder Georgien. Nach Einschätzung westlicher Geheimdienste soll der russische Truppenaufmarsch in der Nähe der Ukraine Ängste vor einem Einmarsch in das Land schüren, um die NATO zu Zugeständnissen zu bewegen.
Der NATO-Russland-Rat war 2002 ins Leben gerufen worden. Er hatte 2019 letztmals getagt. Am Donnerstag soll es weitere Gespräche mit Russland im Rahmen der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa geben.
Quelle: ntv.de, mdi/AFP/dpa