"Belastung für die Partei" Palmer tritt bei den Grünen aus
01.05.2023, 19:38 UhrNach der Ankündigung seiner Auszeit wird bekannt, dass der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer auch aus der Grünen-Partei austreten will. Das bestätigt der Grünen-Landesverband Baden-Württemberg. In einer E-Mail an dessen Chefin begründet Palmer seinen Schritt.
Nach heftiger Kritik hat der Tübinger Oberbürgermeister Boris Palmer nach der Ankündigung einer Auszeit auch seinen Austritt aus der Partei Bündnis 90/Die Grünen erklärt. Das bestätigte der Grünen-Landesverband Baden-Württemberg. Der Austritt gelte mit sofortiger Wirkung.
Zuvor hatten verschiedene Medien unter Verweis auf eine E-Mail von Palmer an die Grünen-Chefin in Baden-Württemberg, Lena Schwelling, über den Austritt berichtet. In der E-Mail schreibt Palmer, er wolle vermeiden, "dass die aktuellen Diskussionen um mich eine weitere lang anhaltende Belastung für die Partei werden, für die ich seit 1996 mit viel Herzblut gekämpft habe", zitiert die "Bild"-Zeitung aus dem Schreiben.
Weiter schreibt Palmer, er sei sehr dankbar für alles, was er durch die Partei in dieser langen Zeit an Unterstützung und Verantwortung erhalten habe. "Für die Zukunft wünsche ich euch jeden nur denkbaren Erfolg für unsere ökologischen Gründungsanliegen und den Klimaschutz in Baden-Württemberg."
"Tut mir unsagbar leid"
Am Freitag bezog Palmer am Rande einer Migrationskonferenz in Frankfurt am Main Stellung zu Art und Weise seiner Verwendung des "N-Wortes". Als er mit "Nazis raus"-Rufen konfrontiert wurde, sagte Palmer zu der Menge: "Das ist nichts anderes als der Judenstern. Und zwar, weil ich ein Wort benutzt habe, an dem ihr alles andere festmacht. Wenn man ein falsches Wort sagt, ist man für euch ein Nazi. Denkt mal darüber nach."
Mit dem sogenannten N-Wort wird heute eine früher in Deutschland gebräuchliche rassistische Bezeichnung für Schwarze umschrieben. In seiner persönlichen Erklärung vom Montag entschuldigte sich Palmer bei den Menschen, "die ich enttäuscht habe", und betonte, er hätte als Oberbürgermeister "niemals so reden dürfen". Dass der Eindruck entstanden sei, er würde den Holocaust relativieren, "tut mir unsagbar leid". Es könne so nicht weiter gehen. "Die wiederkehrenden Stürme der Empörung kann ich meiner Familie, meinen Freunden und Unterstützern, den Mitarbeitern in der Stadtverwaltung, dem Gemeinderat und der Stadtgesellschaft insgesamt nicht mehr zumuten."
Im Mai 2021 hatten die Grünen in Baden-Württemberg ein Parteiausschlussverfahren gegen ihn beschlossen. Anlass war ein als rassistisch eingeschätzter Post über den früheren Fußballnationalspieler Dennis Aogo auf Facebook. Nach Palmers Angaben war sein Eintrag satirisch gemeint. Palmer und die Partei einigten sich schließlich auf einen Kompromiss: Palmer erklärte, er lasse seine Mitgliedschaft bei den Grünen bis Ende 2023 ruhen, womit der Parteiausschluss vom Tisch war. Er gewann dann im Oktober 2022 erneut die Oberbürgermeisterwahl in Tübingen und trat eine dritte Amtszeit an.
Quelle: ntv.de, kst/dpa