Schattenkabinett in Moskau Poroschenko: Putin will "ganz Europa"
03.08.2015, 15:31 Uhr
Putin bei einer Parade der Marine in der Ostsee Ende Juli.
(Foto: AP)
Was will Russlands Präsident Putin? Der ukrainische Präsident Poroschenko wirft ihm Expansionspläne vor, die sich auf ganz Europa erstrecken. In Moskau sammeln sich indes kremltreue ukrainische Ex-Politiker - und schmieden weitgehende Pläne.
Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko hat dem russischen Staatschef Wladimir Putin vorgeworfen, "ganz Europa" zu "wollen". Auch einen Angriff Russlands auf Finnland oder die baltischen Staaten schloss Poroschenko in einem Interview mit dem französischen Radiosender RFI und mehreren großen Zeitungen nicht aus.
"Putin will so weit gehen, wie man es ihm erlaubt. Er will ganz Europa", sagte Poroschenko. "Mit der Annexion der Krim und der Aggression im Osten der Ukraine hat Putin das internationale Sicherheitssystem zerschlagen." Im Osten der Ukraine gehe es nicht nur um einen Kampf für die Integrität und die Unabhängigkeit der Ukraine, sondern um den Kampf für die Demokratie, die Freiheit und die Sicherheit des ganzen europäischen Kontinents. Poroschenko warf Russland zudem vor, mit 9000 Soldaten im Osten der Ukraine aktiv zu sein.
Mit einem Schattenkabinett will indes der im russischen Exil lebende ukrainische Ex-Regierungschef Nikolai Asarow die prowestliche Führung in Kiew unter Druck setzen. "Wir brauchen vorgezogene Wahlen, Präsidenten-, Parlaments- und Kommunalwahlen", forderte Asarow bei der Präsentation seines "Komitees zur Rettung der Ukraine" in Moskau. "Die Ukraine braucht dringend eine Erneuerung", meinte er.
An der Spitze der alternativen Führungsmannschaft steht der frühere Rada-Abgeordnete Wladimir Olejnik, der als Präsidentenanwärter der Gruppe gehandelt wird. Viele weitere Namen nannte Asarow aber nicht. Zahlreiche Mitglieder des Komitees lebten und arbeiteten in der Ukraine, daher sei es gefährlich, sie zu nennen, sagte er zur Begründung.
Der 67-jährige Asarow war 2014 nach seiner Entlassung als Regierungschef vor den blutigen Maidan-Protesten in Kiew geflohen und lebt seither in Russland. Mit der Flucht verlor er seinen politischen Einfluss in der Ukraine. Asarow bezeichnet den damaligen Machtwechsel als einen vom Ausland gesteuerten Putsch. Er wirft der prowestlichen Führung in Kiew vor, mit dem Krieg gegen prorussische Separatisten im Donbass das Land an den Rand des Chaos zu führen.
Mindestens vier Soldaten gefallen
Unterdessen gehen die Kämpfe zwischen Regierungstruppen und prorussischen Separatisten in der Ostukraine weiter. Mindestens vier Soldaten wurden dabei getötet und 15 weitere verletzt. Die Aufständischen hätten mehrfach schwere Artillerie eingesetzt, teilte Präsidialamtssprecher Andrej Lyssenko in Kiew mit. Die Separatisten warfen ihrerseits der Armee den Beschuss der Stadt Horliwka vor.
Vertreter Kiews und der Aufständischen wollen an diesem Montag bei einem Treffen der Ukraine-Kontaktgruppe in der weißrussischen Hauptstadt Minsk über Friedensschritte beraten. Den Separatisten zufolge sind unter anderem die Wasserversorgung und die Wiederherstellung des Bankensystems der von Kiew abtrünnigen Gebiete Thema. Kiew sei zudem an der Lieferung von Kohle für Wärmekraftwerke interessiert. Poroschenko hatte zudem zuvor angekündigt, dass bis zum 3. August ein weiteres Abkommen über den Abzug von Kriegsgerät von der Front unterzeichnet werden solle.
Russland hatte im Frühjahr 2014 die ukrainische Halbinsel Krim besetzt und nach einem umstrittenen Referendum annektiert. Die Regierung in Kiew und der Westen werfen Russland vor, auch die prorussischen Rebellen im Osten der Ukraine mit Waffen und Kämpfern zu unterstützen. Moskau bestreitet, den Separatisten militärische Unterstützung zukommen zu lassen. Seit Mitte Februar gilt in der Region eine Waffenruhe, doch gibt es fast täglich Gefechte. Seit April 2014 wurden in dem Konflikt mehr als 6500 Menschen getötet.
Quelle: ntv.de, ghö/AFP/dpa