Sergey Lagodinsky im Frühstart "Rauswurf der AfD ist ein Stunt"
27.05.2024, 11:36 Uhr Artikel anhören
Der grüne Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky hält den Fraktionsausschluss der AfD im Europaparlament für ein reines PR-Manöver der anderen Parteien. Nach der Wahl würden die Karten neu gemischt.
Der Grünen-Europaabgeordnete Sergey Lagodinsky wertet den Ausschluss der AfD aus der ID-Fraktion im Europaparlament als Wahlkampfmanöver. Man müsse abwarten, ob es mehr sei. Er nannte den Ausschluss einen "Stunt": "Also ein Manöver, um jetzt vor der Wahl etwas zentristischer zu wirken, was ja absolut absoluter Wahnsinn und Unsinn ist, wenn wir wissen, wofür diese anderen europäischen Parteien stehen", sagte Lagodinsky im Frühstart von ntv.
Nach der Europawahl am 9. Juni würden neue Spielregeln gelten, dann würden neue Fraktionen gebildet, "und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dann die Offenheit wieder da ist". Nachdem sich die anderen rechtsextremen Parteien im Wahlkampf "zentristisch" positioniert hätten, könnten sie anschließend im Parlament "neu verhandeln" und sich wieder offen für die AfD zeigen. "Ich denke, dass die AfD dann durchaus Chancen hat, auch in eine Fraktion zu kommen, für die sie angeblich für die Rechtsextremen zu extrem ist", so Lagodinsky.
Für den Grünen-Europaabgeordneten hat das drohende Erstarken populistischer und extremistischer Parteien im EU-Parlament handfeste Folgen. Auf diese müsse die prodemokratische und progressive Politik reagieren. Es gehe etwas verloren, "was wir fünf Jahre lang hatten, nämlich eine Art Reservemehrheit in diesem Parlament", sagte Lagodinsky. "Es gab eine Art zentristisch-linke Reservemehrheit, womit wir eben auch von der Leyen unter Druck setzen konnten und dadurch vieles erreicht haben, auch gemeinsam mit Konservativen, was jetzt von diesen Konservativen in Frage gestellt wird." Das bereite ihm Sorge und er frage sich: "Inwiefern lassen sich die Leute, also die Leute, die von der Leyen tragen, eben beeindrucken von diesem Druck von rechts?" Es müsse verhindert werden, dass sie selbst nach rechts rutschen - das sei die Aufgabe aller demokratischen Parteien, insbesondere der Grünen.
Mit Blick auf den Besuch des französischen Präsidenten Emmanuel Macron in Deutschland kritisierte Lagodinsky die Europapolitik von Bundeskanzler Olaf Scholz. "Mehr Präsenz als proeuropäische Führungskraft, das ist etwas, was aus unserer Sicht fehlt." Als größte europäische Wirtschaft habe Deutschland immer die Rolle gehabt, Europa zusammenzuhalten. Das benötige klare Führung. Lagodinsky nannte als drängende Probleme die Unterstützung der Ukraine und eine Neuregelung von Mehrheitsentscheidungen in der EU. Da sei die Rolle Deutschlands und des Kanzlers essenziell. Daher wünschte sich der EU-Parlamentarier vom Kanzler: "Mehr Präsenz und mehr Gefühl, dass Deutschland proeuropäisch führt."
Quelle: ntv.de, ako